Haftung für Steuerverbindlichkeiten – Teil 03 – Gründungsphase
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
3.2 Haftung in der Gründungsphase einer GmbH
Die Haftung des künftigen GmbH-Geschäftsführers bestimmt sich nach seiner Stellung beim Gründungsvorgang. Er kann entweder Gesellschafter sein, der am Gründungsvorgang beteiligt ist und als Geschäftsführer der GmbH in Gründung bestellt werden oder erst später nach der Eintragung der GmbH ins Handelsregister sein Amt erhalten.
Die einzige Konstellation ohne Haftungsrisiko bei Gründung ist diejenige, in der der Geschäftsführer erst nach Eintragung der GmbH hinzukommt und bestellt wird. Ist der Geschäftsführer hingegen Gründungsmitglied oder zur Geschäftsführung der Vorgründungsgesellschaft oder Vor-GmbH bestellt, so ist eine steuerliche Haftung bereits im Gründungsstadium möglich.
3.2.1 Haftung bei der Vorgründungsgesellschaft
Bei der Vorgründungsgesellschaft ist darauf abzustellen, welcher Rechtsnatur diese ist. Eine Haftung kommt entweder nach den Grundsätzen der Haftung für die Offene Handelsgesellschaft oder denen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Frage.
Liegt aufgrund der gewerblichen Tätigkeit eine OHG vor, dann haften alle Gesellschafter nach § 128 HGB verschuldensunabhängig und unbeschränkt für Steuerschulden. Von der Haftung umfasst sind alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.v. § 37 AO, die von der Gesellschaft geschuldet werden. Hierzu zählen die Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbssteuer, Lohnsteuer sowie die Investitionszulage.
In zeitlicher Hinsicht haftet der OHG-Gesellschafter für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die in der Zeit seiner Zugehörigkeit zu der OHG entstanden sind. Allerdings haftet er auch für die vor seinem Eintritt in die OHG entstandenen Steuerschulden der Gesellschaft (§ 130 HGB). Ist der Gesellschafter ausgeschieden, so haftet er auch für Altschulden (§ 160 HGB).
Die Haftung ist persönlich und unbeschränkt. Vertragliche Haftungsbeschränkungen im Innenverhältnis sind gemäß §§ 128 Satz 2 und 130 Abs. 2 HGB Dritten gegenüber unbeachtlich.
Scheidet ein Gesellschafter aus, haftet er für die danach entstehenden Verbindlichkeiten der OHG nicht mehr. Daran ändert nichts, dass sein Ausscheiden beim Entstehen der Steuerschuld noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist. Für die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens entstandenen Verbindlichkeiten haftet der Gesellschafter gemäß § 160 HGB.
Liegt hingegen eine GbR vor, so findet § 128 HGB analog Anwendung (vgl. AEAO zu § 191, Nr. 1), d.h., es gelten die gleichen Haftungsgrundsätze wie bei der OHG.
3.2.2 Haftung bei der „echten Vorgesellschaft“
Liegt eine echte Vorgesellschaft vor, so haften die Gründungsmitglieder nur gegenüber der Vor-GmbH persönlich und unbeschränkt auf Ausgleich der Verbindlichkeiten der Vor-GmbH. Deshalb muss durch das Finanzamt zunächst die Vor-GmbH in Anspruch genommen werden. Ist dies nicht möglich, so können die Gründungsmitglieder nur insoweit in Anspruch genommen werden, als dass der Ausgleichsanspruch gegenüber der Vor-GmbH gepfändet wird.
Beispiel
A, B und C haben sich für die Gründung der ABC-GmbH entschieden und einen externen Geschäftsführer beauftragt. Bereits vor Abschluss des notariellen Gründungsvertrags haben die Gesellschafter Handel betrieben. Mittlerweile ist der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet. Aufgrund eines Arbeitsrückstaus beim zuständigen Registergericht erfolgte noch keine Eintragung der GmbH im Handelsregister. Die Vor-GmbH hat dennoch erhebliche Steuerschulden angesammelt. Aufgrund von Liquiditätsengpässen ist eine Vollstreckung in das Vermögen der Vor-GmbH erfolglos geblieben.
- Eine Haftung von A, B und C kommt unmittelbar nicht in Frage. Das Finanzamt kann allerdings den, der Vor-GmbH gegenüber den Gesellschaftern zustehenden, Ausgleichsanspruch pfänden.
Eine Außenhaftung von Gesellschaftern bei der Vor-GmbH kommt lediglich in folgenden Ausnahmefällen in Betracht:
- Die Vor-GmbH ist vermögenslos.
- Es handelt sich um eine Ein-Mann-Vor-GmbH, d.h. es gibt nur einen Gesellschafter der zu 100 % beteiligt und zeitgleich auch Geschäftsführer ist.
- Neben dem Fiskus sind keine weiteren Gläubiger vorhanden (Fußnote)
Ist der künftige GmbH-Geschäftsführer bereits Geschäftsführer der Vorgesellschaft, so kommt eine Haftung nach § 69 AO unabhängig von einer etwaigen Beteiligung in Betracht (Fußnote). Dann haftet ein Fremd-Geschäftsführer genauso wie ein Gesellschafter-Geschäftsführer.
Beispiel
A, B und C haben sich für die Gründung der ABC-GmbH entschieden und einen externen Geschäftsführer G beauftragt. Bereits vor Abschluss des notariellen Gründungsvertrags haben die Gesellschafter Handel betrieben. Mittlerweile ist der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet. Aufgrund eines Arbeitsrückstaus beim zuständigen Registergericht erfolgte noch keine Eintragung der GmbH im Handelsregister. Die Vor-GmbH hat dennoch erhebliche Steuerschulden angesammelt. Aufgrund von Liquiditätsengpässen ist eine Vollstreckung in das Vermögen der Vor-GmbH erfolglos geblieben.
o G ist als Geschäftsführer der Vor-ABC-GmbH für den Steuerausfall verantwortlich im Sinne von § 69 AO. Eine Inanspruchnahme des G ist gemäß § 69 AO für Steuerschulden der Vor-GmbH des Gründungsvorhabens von A, B und C möglich.
3.2.3 Haftung bei der „unechten Vorgesellschaft“
Durch die Beteiligung an der unechten Vorgesellschaft haften alle Gesellschafter unmittelbar und unbeschränkt. Die Grundsätze, die für die Vor-GmbH gelten finden keine Anwendung. Denn die Vorgesellschaft ist normalerweise nur ein Durchgangsstadium bei der Gründung einer GmbH. Die Vorgesellschaft soll darauf gerichtet sein, die rechtliche Stellung, die die GmbH mit sich bringt, zu erreichen. Fehlt es daran, so liegt keine Vorgesellschaft vor. Deshalb richtet sich die Haftung nach den Grundsätzen der GbR oder OHG Haftung. Rechtsgrundlage ist somit § 128 HGB. Von der Haftung sind alle Steuerschulden erfasst, die während des Bestehens der unechten Vorgesellschaft entstanden sind.
Ein bestellter Geschäftsführer haftet nach § 69 AO auch hier unabhängig von einer eventuellen Beteiligung an der Vorgesellschaft.
3.3 Haftung nach Eintragung der GmbH in das Handelsregister
Sobald die GmbH im Handelsregister eingetragen ist, kann die GmbH selbst für Steuerschulden der Vor-GmbH in Anspruch genommen werden. Ab der Eintragung haften die Gesellschafter nur noch in Höhe ihrer Stammeinlage. Die Haftung des bestellten GmbH-Geschäftsführers bestimmt sich danach nur noch nach § 69 AO oder § 71 AO. Allerdings und umfasst die Haftung auch alle Steuerschulden der Vor-GmbH.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Haftung des Geschäftsführers für Steuerverbindlichkeiten“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-018-2.
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