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Haftung für Steuerverbindlichkeiten – Teil 02 – Risiken bei Gründung

2.3 Haftung im Steuerrecht

Die Rechtsgrundlage für die Inanspruchnahme des Geschäftsführers finden die Finanzbehörden

  • in der eigens für die Finanzverwaltung entworfenen Abgabenordnung (= AO) in den für die Haftung wichtigsten §§ 69, 71 AO,
  • im Zivilrecht sowie
  • unter Umständen in privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Finanzbehörde und dem GmbH-Geschäftsführer (z.B. Bürgschaften etc.).

Nach § 69 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO genannten Personen für eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der ihnen auferlegten steuerlichen Pflichten. Der GmbH-Geschäftsführer gilt nach § 35 Abs. 1 GmbHG als gesetzlicher Vertreter der GmbH. Als solcher ist er nach den §§ 34 und 35 AO vom haftenden Personenkreis umfasst.

Bei Hinterziehung von Steuern der GmbH gilt noch zusätzlich § 71 AO, der den haftenden Personenkreis erweitert. Danach haftet ein Geschäftsführer, wenn er an einer Steuerhinterziehung beteiligt ist, zur Steuerhinterziehung anstiftet oder Beihilfe leistet, ohne selbst Steuerschuldner zu sein. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu wissen, dass für eine Inanspruchnahme des Geschäftsführers keine rechtskräftige Verurteilung vorliegen muss, das Finanzamt also bereits vorher einen Haftungsbescheid erlassen kann.

Haften bedeutet im Steuerrecht allgemein das "Einstehenmüssen für eine fremde Steuerschuld". Die Schuld ist für den Geschäftsführer insofern "fremd", als sie von der GmbH geschuldet wird. Die GmbH ist also gegenüber dem Finanzamt die Steuerschuldnerin. Kommt es zu einer Haftungssituation, so erhält der Geschäftsführer in aller Regel sehr schnell Post vom Finanzamt. Das Finanzamt erlässt einen Haftungsbescheid und weist ihn im Bescheid darauf hin, warum, für welche Steuerschulden der GmbH und wieviel er zu zahlen hat. Durch den Haftungsbescheid wird der GmbH-Geschäftsführer zum Haftungsschuldner.
Die GmbH als Steuerschuldnerin und der GmbH-Geschäftsführer werden nach § 44 Abs. 1 AO als Gesamtschuldner angesehen. Trotzdem bestehen das Steuerverhältnis und das Haftungsverhältnis unabhängig voneinander (§ 44 Abs. 2 AO). Beide schulden jeweils die volle Leistung. Der GmbH-Geschäftsführer hat dabei mit seinem gesamten privaten Vermögen einzustehen.

2.4 Verhältnis zwischen Steuerschuld und Haftungsschuld

Es mag sich schon fast von selbst erklären, dass eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Steuerschulden der GmbH nur dann möglich ist, wenn überhaupt eine Steuerschuld der GmbH vorliegt. Ohne Steuerschulden gibt es keine Haftung gegenüber dem Finanzamt.

Die Abhängigkeit des Haftungsanspruchs vom Bestand des Steueranspruchs bezeichnet man als Akzessorietät der Haftung. Im Normalfall ist vor der Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers ein Steuerbescheid für die GmbH ergangen. Nach diesem Bescheid richtet sich sodann die Haftung des Geschäftsführers. Bei bereits offenen Steuerschulden der GmbH kann der Geschäftsführer daher stets wissen, welche Haftung auf ihn zukommt, wenn diese Steuerschulden von der GmbH bei Fälligkeit nicht bezahlt werden.

Allerdings setzt die Haftung nicht voraus, dass bereits ein Steuerbescheid vorliegt. Es genügt vielmehr, dass die Steuer entstanden ist. Denn das Finanzamt kann im Zweifel die Steuerschuld und die Haftungsschuld schätzen.

In der Beziehung zwischen Geschäftsführer, Finanzamt und GmbH ist die GmbH als Steuerschuldner anzusehen, da sie die Steuern dem Fiskus schuldet. Steuern sollen grundsätzlich von demjenigen beglichen werden, der sie verursacht hat und Steuerschuldner ist. Deshalb kann ein Geschäftsführer nur dann als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden, wenn das Finanzamt vorher versucht hat, die offenen Steuern bei der GmbH einzutreiben. Diesen Gedanken nennt man die Subsidiarität der Haftung. Die Haftung des Geschäftsführers ist insoweit als eine Art "Ausfallhaftung" konzipiert.

3. Haftungsrisiken bei Gründung der GmbH

Gerade bei der Gründung einer GmbH gibt es versteckte steuerliche Haftungsrisiken, die jeder angehende Geschäftsführer kennen sollte.

3.1 Allgemeines

Die Gründung der GmbH ist gesetzlich geregelt und unterteilt sich in mehrere Zwischenakte.

Ausgangspunkt der GmbH-Gründung ist nach der gesetzlichen Vorgabe der Abschluss eines notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags.

Sehr oft werden jedoch bereits schon vor Abschluss des gesetzlich vorgeschriebenen Gesellschaftsvertrags von den Gründungsmitgliedern Vereinbarung betreffend die Errichtung der GmbH getroffen. Der Abschluss von Vereinbarungen führt bereits dazu, dass die Gründungsmitglieder zu einer Vorgründungsgesellschaft zusammengeschlossen werden. Zweck der Vorgründungsgesellschaft ist die Vorbereitung der GmbH-Gründung. Die rechtliche Einordnung der Vorgründungsgesellschaft richtet sich nach ihrem Zweck. Übt die Gesellschaft ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB (= Handelsgesetzbuch) aus, wird die Gesellschaft gemäß § 105 HGB als OHG (= Offene Handelsgesellschaft) angesehen. Betreibt die GmbH hingegen kein Handelsgewerbe, liegt eine GbR (= Gesellschaft bürgerlichen Rechts) vor. (Fußnote)

Sobald der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und notariell beurkundet wurde, ist die GmbH Gründung jedoch noch nicht endgültig abgeschlossen. Regelmäßig vergeht zwischen Abschluss des Gründungsvertrags und Eintragung ins Handelsregister noch Zeit. Die GmbH wird ab Abschluss des Gesellschaftsvertrags bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister als Vorgesellschaft oder auch Vor-GmbH angesehen. (Fußnote)

Haben die Gesellschafter der Vor-GmbH ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen und beabsichtigen sie eine Eintragung in das Handelsregister, liegt eine echte Vorgesellschaft vor.
Erfolgte der Zusammenschluss hingegen in der Absicht, niemals eine Eintragung der GmbH ins Handelsregister zu erreichen oder wird der Eintragungsantrag nicht ausreichend verfolgt, so liegt eine unechte Vorgesellschaft vor. Die unechte Vorgesellschaft wird steuerlich je nach Umfang ihrer Tätigkeit wie die Vorgründungsgesellschaft entweder als OHG oder GbR behandelt.

Beispiel
A, B und C haben den Gesellschaftsvertrag der ABC-GmbH notariell beurkunden lassen. A, B und C betreiben im Rahmen ihres Zusammenschlusses ein Handelsgewerbe. Die Eintragung in das Handelsregister ist jedoch nicht erfolgt, da notwendige Eintragungsunterlagen durch die Gesellschafter nicht eingereicht wurden. Nach erneuter Antragsstellung ohne die erforderlichen Unterlagen wurde der Eintragungsantrag abgelehnt.

  • Der Zusammenschluss von A, B und C führt zu einer unechten Vorgesellschaft. Da ein Handelsgewerbe betrieben wird, ist der Zusammenschluss als OHG zu klassifizieren.

Ab dem Zeitpunkt, in dem die GmbH in das Handelsregister eingetragen ist, liegt rechtlich eine vollwertige GmbH vor. (Fußnote)


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Haftung des Geschäftsführers für Steuerverbindlichkeiten“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-018-2.


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