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Haftung für Steuerverbindlichkeiten – Teil 05 – Pflichtverletzung

5.2.2 Erlöschen der Vertretungs- bzw. Verfügungsmacht

Die Vertretungs- bzw. Verfügungsmacht erlischt,

    • wenn der Geschäftsführer abberufen wird,
    • wenn er die Geschäftsführung wirksam niederlegt,
    • im Insolvenzfall,
    • wenn er die Verfügungsmacht verliert
    • spätestens mit seinem Tod.

Jedoch bleiben, wie bereits erwähnt nach § 36 AO seine sich aus den §§ 34 und 35 AO ergebenden Pflichten weiterhin hinsichtlich des Zeitraums bestehen, in dem die Vertretungs- oder Verfügungsmacht bestanden hatte. Er muss allerdings nach dem Erlöschen seiner Vertretungs- oder Verfügungsmacht auch in der Lage sein, diese Pflichten rechtlich oder tatsächlich zu erfüllen.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich ein Geschäftsführer durch Niederlegung seines Amtes und Verzicht auf seine Vollmachten für die Abgabe von Steuererklärungen oder Zahlungen an das Finanzamt für die Zeit, in der er Geschäftsführer war, drücken kann. Die Pflichten entfallen lediglich für Steuern, die erst nach seinem Ausscheiden zu erklären bzw. anzumelden sind oder die noch nicht fällig sind. Der Geschäftsführer kann daher auch nach seinem Ausscheiden aus der GmbH für die Zeit, in der er Geschäftsführer war, in Haftung genommen werden.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der Geschäftsführer auch dann haftet, wenn er krank ist, ja selbst dann, wenn er im Koma liegt. Denn er hat die Pflicht, für einen solchen Fall vorzusorgen und Aufgaben ggf. zu delegieren oder einen oder mehrere Vertreter zu bestimmen.

5.3 Pflichtverletzung

Voraussetzung für die Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers ist die Verletzung von steuerlichen Pflichten. Welche steuerlichen Pflichten den Geschäftsführer treffen, ergibt sich aus der Abgabenordnung (§ 34 AO) und ist in den Einzelsteuergesetzen geregelt.

Im Wesentlichen hat der Geschäftsführer folgende Pflichten:

    • Steuererklärungs- und Berichtigungspflicht
    • Zahlungspflicht
    • Abführungs- und Einbehaltungspflicht
    • Pflicht zur vorsorglichen Mittelverwaltung
    • Sonstige steuerliche Pflichten

Für die steuerliche Haftung ist wichtig zu wissen, dass es sich um eine durch das Gesetz oder Steuergesetz auferlegte Pflicht handeln muss, damit der Geschäftsführer vom Finanzamt haftbar gemacht werden kann. Die Verletzung vertraglicher Pflichten fällt nicht unter die gesetzliche Haftung für Steuern.

5.3.1 Steuererklärungs- und Berichtigungspflicht

Den Erklärungs- und Berichtigungspflichten kommt eine große Bedeutung zu. Aus § 149 AO in Verbindung mit den jeweiligen Einzelsteuergesetzten folgt die Pflicht, sämtliche Steuererklärungen und Steueranmeldungen form- und fristgerecht beim Finanzamt einzureichen und diese zudem eigenhändig zu unterschreiben.

Folgende Jahressteuererklärungen sind regelmäßig für die GmbH einzureichen:

    • Körperschaftssteuer-Jahreserklärung (§ 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 25 EStG, § 56 EStDV)
    • Gewerbesteuer-Jahreserklärung (§ 25 GewStDV)
    • Bei mehreren Betriebsstätten zusätzlich: Erklärung zur Festsetzung des einheitlichen Steuermessbetrags und zur Zerlegung (§ 14a GewStG)
    • Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG)

Zusätzlich müssen gegebenenfalls folgende Steueranmeldungen eingereicht werden:

    • Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG)
    • Lohnsteueranmeldungen (§ 41a Abs. 1 EStG)

Neben der Steuererklärungspflicht trifft den GmbH-Geschäftsführer auch eine Berichtigungspflicht nach § 153 AO. Stellt er also fest, dass in einer Steuererklärung falsche Angaben gemacht wurden, hat er dies umgehend dem Finanzamt zu melden. Diese Pflicht gilt auch für Steueranmeldungen, so dass fehlerhafte Anmeldungen auch zu korrigieren sind.

Beispiel

Aufgrund eines Versehens erklärt der Geschäftsführer G der X-GmbH in der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2017 steuerpflichtige Umsätze von lediglich 30.000 EUR statt der tatsächlichen Umsätze von 300.000 EUR. Dieses Versehen bemerkt er Anfang Mai. Dennoch unternimmt er nichts.

    • Aus § 153 AO folgt für G die Verpflichtung, die eingereichte Umsatzsteuervoranmeldung für März 2017 unverzüglich zu korrigieren. Dieser ist er nicht nachgekommen, so dass eine Pflichtverletzung gegeben ist.

Die Erfüllung dieser Pflichten kann der GmbH-Geschäftsführer selbst vornehmen oder sich der Hilfe eines Dritten (z.B. Mitarbeiters oder Steuerberaters) bedienen. Bedient sich der Geschäftsführer Dritter, ist dennoch eine von diesem Dritten begangenen Pflichtverletzung grundsätzlich dem GmbH-Geschäftsführer zuzurechnen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wenn sich der GmbH Geschäftsführer exkulpieren kann (Fußnote), d.h. wenn er einen Entschuldigungsgrund vorlegen kann. In der Regel kann sich der Geschäftsführer exkulpieren, wenn er nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat und der Fehler ohne sein Zutun entstanden ist. Dies gilt insbesondere, wenn er sich von einem Fachmann beraten lässt und diesen dabei in vollem Umfang über den Sachverhalt informiert.

Beispiel

Als Geschäftsführer der G-GmbH hat G die Erfüllung der steuerlichen Pflichten dem Steuerberater S übertragen. Infolge eines Grundstückskaufs hat G den Steuerberater vollumfänglich und zutreffend über die geplante Nutzung des Gebäudes informiert. Aufgrund dieser Informationen erstellt S ein Gutachten über die optimale umsatzsteuerliche Gestaltung. Auf Grundlage dieses Gutachtens wird die Umsatzsteuervoranmeldung durch S für den betreffenden Zeitraum erstellt und dem Finanzamt elektronisch übermittelt. Es kommt im Ergebnis zu einer zu hohen Umsatzsteuererstattung, da sich der Rat des Steuerberaters im Nachhinein als falsch herausstellt. Dass der Fehler in rechtlicher Hinsicht durch S verursacht wurde, kann dem Gutachten entnommen werden. Die GmbH ist mittlerweile insolvent.

    • R kann sich exkulpieren. Ihn trifft an der fehlerhaften Erklärung insofern kein Verschulden, als er dem S den korrekten Sachverhalt dargelegt hat und ihm dabei alle entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt hat. Die fehlerhafte Rechtsauskunft des S muss sich R nicht anrechnen lassen.

Gibt der Geschäftsführer vor Fälligkeit einer Steuer vorsätzlich die jeweilige Steuererklärung nicht ab, um mögliche aussichtsreiche Vollstreckungs- oder Aufrechnungsmöglichkeiten des Finanzamts zu vereiteln, so liegt darin ebenfalls eine Pflichtverletzung.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Haftung des Geschäftsführers für Steuerverbindlichkeiten“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-018-2.


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