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Haftbefehl! – was tun?


Wenn es geschieht, dann meist völlig überraschend. Die Polizei steht vor der Tür und hält einen Haftbefehl in der Hand. Nur die wenigsten Betroffenen können mit diesem Überraschungsmoment angemessen umgehen, da diese Situation in der Regel nicht zum Alltag gehört. Das richtige Verhalten in dieser Situation kann jedoch für eine spätere Verteidigung von entscheidender Bedeutung sein.

1. Voraussetzungen des Haftbefehls / Abgrenzung zur vorläufigen Festnahme
Der Haftbefehl darf nur durch einen Richter erlassen werden. Voraussetzung ist dafür, dass dringender Tatverdacht besteht und ein Haftgrund gegeben ist. Haftgründe sind nach dem Gesetz Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr. Schließlich muss die Verhaftung wegen der zu erwartenden Strafe verhältnismäßig sein.

Anders liegt dies bei der vorläufigen Festnahme. Zur vorläufigen Festnahme ist bereits Jedermann berechtigt, wenn der Täter auf frischer Tat betroffen wurde und flüchtig ist. Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen auch dann selbstständig tätig werden, wenn sie in einem Fall davon ausgehen, dass die Voraussetzungen eines Haftbefehls gegeben sind. Die vorläufige Festnahme ist ihrer Bezeichnung entsprechend streng zeitlich begrenzt.

2. Reaktion auf die Verhaftung
In der Situation der Verhaftung ist der Betroffene nicht rechtlos gestellt. Wichtig ist dennoch von Anfang an, dass er von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch macht und ohne seinen Verteidiger keinerlei Angaben zur Sache macht. Das spielt vor allem vor dem Hintergrund eine wichtige Rolle, dass Polizei und Staatsanwaltschaft oftmals versuchen, den Festgenommenen unmittelbar nach der Festnahme zu verhören. Er sollte seinen Verteidiger so früh wie möglich kontaktieren und sich mit diesem beraten. Die Polizei muss dem Verhafteten auch erlauben, einen Rechtsanwalt anzurufen. Die dann oft noch unter dem Schock der Verhaftung stehenden Beschuldigten sind meist nicht in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Gefahr besteht darin Angaben zu machen, die sich später nicht mehr korrigieren lassen und somit die Strategie der Verteidigung erheblich erschweren.

In diesem Zusammenhang hat sich auch eine wesentliche Neuerung ergeben. Denn ab dem 01.01.2010 hat jeder Untersuchungsgefangene schon ab Beginn der Vollstreckung Anspruch auf einen Pflichtverteidiger. Dessen sollte sich jeder Beschuldigte bewusst sein.

Die enorme Relevanz eines rechtlichen Beistandes spiegelt sich bereits in den ersten Tagen nach der Verhaftung wieder. Schon in diesem Zeitraum gibt es zwei Termine, an denen bereits wichtige Vorentscheidungen für den späteren Verfahrensausgang getroffen werden. Denn beim ersten Vorführtermin, der spätestens am Tag nach der Verhaftung stattfindet, wird geprüft, ob der Beschuldigte überhaupt in Untersuchungshaft kommt oder ob er nicht Haftverschonung bekommt. Gute Argumente für eine solche Haftverschonung sind insbesondere ein fester Wohnsitz, ein fester Job und intakte Familienverhältnisse. Auch die Zahlung einer Sicherheitsleistung in Form der sog. Kaution kann zur Haftverschonung führen. Zwei Wochen nach der Verhaftung hat der Verhaftete das Recht auf eine erste Haftprüfung. Hier wird von einem anderen als dem Haftrichter geprüft, ob die Untersuchungshaft fortdauert. Statt eines Antrages auf Haftprüfung kann der Festgenommene eine sogenannte Haftbeschwerde einlegen. Der Haftbefehl wird dann von einem übergeordneten Gericht geprüft. Allerdings muss dem Inhaftierten hier klar sein, dass diese keine aufschiebende Wirkung entfaltet, also der Beschuldigte trotz der Beschwerde zunächst in Haft genommen wird.

Im Haftverfahren steht den Verfahrensbeteiligten grundsätzlich kein Beweisantragsrecht zu. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn die Beweiserhebung die Freilassung des Beschuldigten begründen kann, § 166 abs. 1 StPO. Dies gilt nicht nur für den ersten Hafttermin, sondern auch im Haftprüfungstermin gemäß § 118a StPO. Der Beschuldigte sollte hier jede Möglichkeit zu seiner Entlastung in anspruch nehmen und notfalls die Unterlassung der Beweiserhebung im Rahmen der Haftbeschwerde rügen und nachholen.

Sollte sich herausgestellt haben, dass es sich bei der Festnahme des Beschuldigten um eine unvertretbare Inhaftierung gehandelt hat, so stehen dem Beschuldigten sowohl nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (StrEG) als auch aus Amtshaftung Schadensersatzansprüche zu.

Welches die richtige Strategie ist, sollte daher im Einzelfall unbedingt mit einem Strafverteidiger besprochen werden.


Kontakt: kontakt@fasp.de

Stand: Dezember 2025


Normen: § 114 StPO; § 115 StPO; § 116 StPO

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