Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 02 – Wesen der Personengesellschaft


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


2.2 Wesen der Personengesellschaft

Eine privatrechtliche Gesellschaft im Sinne des Gesellschaftsrechts kann im Wesentlichen als Zusammenschluss Mehrerer zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks definiert werden. Darüber hinaus wird bei einer Gesellschaft neben dem Vertrag und der vertraglichen Festlegungen eines gemeinsamen Zwecks eine Förderpflicht der Gesellschafter voraussetzt, da eine Gesellschaft gem. § 705 BGB lediglich vorliegt, wenn die Vertragschließenden sich gegenseitig verpflichten, zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zusammenzuwirken[1], z.B. durch das Zusammenlegen von Ressourcen wie Kapital oder Kundenstamm. Als klassisches Beispiel wäre denkbar, dass ein Arzt und ein Apotheker sich zusammenschließen um gemeinsam zu behandeln.

2.2.1 Vertraglicher Zusammenschluss

Eine Gesellschaft setzt den vertraglichen, d. h. einen rechtsgeschäftlichen, Zusammenschluss mehrerer Personen voraus. Ein schriftlicher Vertrag ist nicht erforderlich, aber empfehlenswert. Aus dem Erfordernis des vertraglichen Zusammenschlusses folgt, dass beispielsweise eine Erbengemeinschaft, die kraft Gesetzes entsteht, keine Gesellschaft in diesem Sinn ist. Es fehlt der erforderliche vertragliche Zusammenschluss.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ggf. aus einer Erbengemeinschaft keine Gesellschaft entstehen kann.

Beispiel
Erblasser A hat als einzige Verwandte zwei Söhne, den B und den C. A hat kein Testament erstellt. Das Vermögen besteht ausschließlich aus der vom A bisher betriebenen Kfz-Reparaturwerkstatt. Da die Kfz-Reparaturwerkstatt wirtschaftlich solide aufgestellt ist, entscheiden sich die Erben B und C, den Betrieb gemeinsam fortzuführen.

  • Da die Erbengemeinschaft nicht als BGB-Gesellschaft anzusehen ist, müssen neben der reinen Fortführung des Betriebes weitere Anhaltspunkte dafür, z.B. Erweiterung oder Neuaufstellung des Betriebs, vorliegen, dass die Erben außerhalb der erbrechtlichen Zwangsgemeinschaft im Rahmen eines gemeinsamen Willens die Werkstatt fortführen wollen. Nicht erforderlich ist, dass die Erben einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag abschließen, da - zumindest Personengesellschaften - formfrei gegründet werden können.

Eine Stiftung kann keine Gesellschaft im Sinne des Gesellschaftsrechts sein. Sie beruht zwar auf einem Rechtsgeschäft des Stifters, es handelt sich jedoch nicht um einen Zusammenschluss mehrerer Personen zur Zweckerreichung, sondern um ein Sondervermögen, das mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist.

2.2.2 Gemeinsame Zweckverfolgung

Der vertragliche Zusammenschluss Mehrerer muss zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks erfolgen.

Zweck einer Gesellschaft kann dabei alles sein, was weder verboten noch sittenwidrig ist. Entscheidend ist, dass der Zweck durch die beteiligten Personen zu einem „gemeinsamen“ Zweck gemacht wird. Die Gemeinsamkeit ist dabei Ausfluss des Verhaltens der Beteiligten. Ob ein gemeinsamer Zweck vorliegt, kann daher nur daraus abgeleitet werden, wie die Vertragschließenden ihren Zweck verfolgen wollen. Ist der Zweck nur dadurch zu erreichen, dass die Beteiligten „mit vereinten Kräften“ zusammenwirken, um ihre Ziele zu erreichen, so handelt es sich um einen gemeinsamen Zweck im Sinne des Gesellschaftsrechts.

Beispiel
A und B besitzen eine Taxilizenz. Bisher fuhren sie für verschiedene Taxiunternehmer im Angestelltenverhältnis. A und B sind zu der Überzeugung gekommen, dass die Anschaffung eines eigenen Taxis sowohl ihren Verdienst als auch ihre übrigen Lebensverhältnisse nur positiv beeinflussen kann. Sie planen daher, ein Taxi gemeinschaftlich zu erwerben, jeder soll den hälftigen Kaufpreis bezahlen. Durch den Einsatz dieses Kapitals wollen sie in erster Linie ihr Geld dadurch verdienen, dass sie das Taxi gegen Miete anderen Taxifahrern zur Verfügung stellen. Gelegentlich wollen sie auch selbst als Taxifahrer mit dem eigenen Taxi tätig werden.

  • Im vorliegenden Fall legen A und B ihre finanziellen Ressourcen zusammen mit dem Ziel, als eigene Unternehmer eine gewisse (zeitliche) Unabhängigkeit zu erreichen. Zu dieser Zielerreichung ist es notwendig, dass sie ihr Kapital zusammenlegen und dass sie beide gelegentlich selbst als Taxifahrer tätig werden. Sie verfolgen mithin einen gemeinsamen Zweck im Sinne des Gesellschaftsrechts.

2.2.3 Förderpflicht der Gesellschafter

Jeder Gesellschafter verpflichtet sich gegenüber den anderen Gesellschaftern zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks mitzuwirken. Darin ist eine Förderpflicht der Gesellschafter zu sehen.

Die Förderpflicht darf jedoch nicht zu eng gesehen werden. Sie ist beispielsweise dann gegeben, wenn ein Gesellschafter statt einer Geldeinlage seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Die Förderpflicht des Gesellschafters ist folglich nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen erforderlich ist. Es ist vielmehr ausreichend, dass jeder Gesellschafter sich in irgendeiner Weise zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks einsetzt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschafticher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
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Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
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  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

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