Gewerbesteuer - Teil 19 - Freibeträge

6.5.3 Freibeträge

Für die in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG genannten Unternehmen (bestimmte juristische Personen des privaten Rechts (z.B. Vereine) und nichtrechtsfähige Verein, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (ausgenommen Land und Fortwirtschaft) betreiben) wird ein Freibetrag i.H.v. 5.000 € gewährt. Dieser Freibetrag fällt vergleichsweise klein aus, sodass der Freibetrag i.H.v. 24.500 €, der natürlichen Personen und Personengesellschaften zusteht (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG), weitaus bedeutsamer und praxisrelevanter ist.

Kapitalgesellschaften kommen allerdings nicht in den Genuss dieses Freibetrags, denn dieser wird primär gewährt, um Nachteile auszugleichen, die dadurch entstehen, dass das Entgelt für die Tätigkeit eines Unternehmers oder Mitunternehmers den gewerblichen Gewinn nicht mindert. Der Einzelgewerbetreibende ist insoweit schon durch das Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB daran gehindert, einen Geschäftsführervertrag mit dem Betrieb zu schließen.

Diesen Nachteil erleiden Kapitalgesellschaften dagegen nicht, da die Entgelte, die an den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft für die Geschäftsführung fließen, den gewerblichen Gewinn mindern. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt daher keine gewerblichen Einkünfte, sodass diese auch nicht der Gewerbesteuer unterliegen.

Obschon die Freibeträge die Belastung mindern, führen sie de facto zumeist nicht zu einer vollständigen Entlastung, sondern schwächen die Höhe der Gewerbesteuer nur ab.

6.5.4 Gewerbesteuerlicher Verlustabzug (§ 10 a GewStG)

Erleidet der Gewerbebetrieb in einem schwierigen Geschäftsjahr Verluste, so kann der Gewerbeertrag negativ sein. Zum selben Ergebnis können auch Hinzurechnungen und Kürzungen führen. § 10a GewStG sieht hierfür vor, dass diese Verluste für zukünftige Veranlagungszeiträume vorgetragen werden können. Ergibt sich dann in der Zukunft ein Gewerbeertrag, so wird dieser um die vorgetragenen Fehlbeträge gekürzt. Ein Verlustrücktrag ist dagegen nicht vorgesehen.

Beispiel

Die A & B GmbH & Co. KG erleidet in den Veranlagungsjahren 2014 – 2016 nach Berücksichtigung sämtlicher Hinzurechnungen und Kürzungen jeweils einen Verlust von 100.000 €. Im Veranlagungsjahr 2017 wird dagegen (nach Berücksichtigung von Hinzurechnungen und Kürzungen) ein Gewinn von 300.000 € erwirtschaftet.

  • Die Verluste der A & B GmbH & Co. KG aus den Veranlagungsjahren 2014 – 2016 können in das Jahr 2017 vorgetragen werden, sodass sich nach Saldierung des Gewinns von 300.000 € in 2017 mit den Verlusten von je 100.000 € in den Jahren 2014 – 2016 ein Gewerbeertrag von 0 € ergibt. Damit muss die A & B GmbH & Co. KG für das Veranlagungsjahr 2017 trotz erheblicher wirtschaftlicher Erfolge keine Gewerbesteuer zahlen.

Von Vorteil beim Verlustvortrag ist, dass dieser nicht zeitlich befristet ist. Der Höchstbetrag beträgt wie auch im Einkommensteuerrecht 1 Mio. € (Sockelbetrag) zzgl. 60 % des 1 Mio. € übersteigenden Teils des Gewerbeertrags. Dieser Sockelbetrag wurde eingeführt, um bei kleineren oder mittleren Unternehmen den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag nicht einzuschränken („Mittelstandskomponente“). Die Höhe des Verlustvortrags wird durch einen Feststellungsbescheid gesondert festgesetzt.

Der gewerbesteuerliche Verlustabzug wird allerdings nicht pauschal und ohne Prüfung des Einzelfalls gewährt, sondern es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst setzt der Abzug des Gewerbeverlustes voraus, dass der Unternehmer, der die Kürzung in Anspruch nimmt, derselbe ist, der den Verlust erlitten hat (Unternehmeridentität). Dies wird vor allem für Betriebsübergänge relevant, denn der übernehmende (andere) Unternehmer kann nach § 10a Satz 8 GewStG i.V.m. § 2 Abs. 5 GewStG den Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben.

Neben der Unternehmeridentität ist die Unternehmensidentität zu beachten. Demnach setzt der Verlustvortrag voraus, dass der Gewerbebetrieb, bei dem der Verlustabzug stattfindet, mit dem Gewerbebetrieb identisch ist, der den Verlust erlitten hat. Dies lässt sich nicht generell bestimmen, sondern ist nach dem Gesamtbild im konkreten Einzelfall zu beurteilen (Schäfer, Besteuerung der Unternehmen, S. 104). Wesentliche Merkmale sind dabei die Art der Betätigung, Kunden und Lieferanten, Arbeitnehmer, Geschäftsleitung und Zusammensetzung des Vermögens. Zu beachten ist ferner, dass eine Saldierung von Gewerbeerträgen und Gewerbeverlusten, die in getrennten Betrieben entstanden sind, nicht möglich ist. Der Ausschluss des betriebsübergreifenden Verlustausgleichs beruht auf dem Objektcharakter der Gewerbesteuer, nach dem der Gewerbebetrieb ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihrer persönlichen Beziehung zum Besteuerungsgegenstand erfasst werden soll.

Relevant für den Verlustvortrag ist vor allem die gewerbesteuerliche Organschaft, denn eine zweifache Besteuerung der Gewinne von Organgesellschaft und Organträger wird durch Steuerbefreiungen bei Einkommen- und Körperschaftsteuer und durch die entsprechenden Kürzungsvorschriften der Gewerbesteuer vermieden. Liegt eine Organschaft vor, so können Fehlbeträge (Gewerbeverluste) mit Gewerbeerträgen verrechnet werden, sodass eine Saldierung zwischen Organgesellschaft und Organträger möglich ist. Die Organschaft erweist sich hierfür mithin als äußerst nützlich. Ausgeschlossen von dieser Möglichkeit sind allerdings Gewerbeverluste der Organgesellschaft, die aus der Zeit vor der Begründung der Organschaft herrühren (§ 10a Satz 3 GewStG). Insofern folgt das Gewerbesteuerrecht einer streng zeitraumbezogenen Betrachtung. Zudem sind Hinzurechnungen und Kürzungen so zu bemessen, dass eine Doppelerfassung vermieden wird.

Ist ein Feststellungsbescheid ergangen, der den Verlust ausweist, so ist dieser noch vor etwaigen Freibeträgen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG vom Gewerbeertrag abzuziehen. Der Verlustabzug ist dabei auf volle 100 € nach unten abzurunden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 GewStG).

Beispiel

Die A & B GmbH & Co. KG hat im Veranlagungsjahr 2014 schlecht gewirtschaftet und nach sämtlichen Hinzurechnungen und Kürzungen trotzdem noch einen gewerbesteuerlichen Verlust i.H.v. 100.000 € erlitten, den das Betriebsfinanzamt feststellt. Im Veranlagungsjahr 2015 läuft es hingegen deutlich besser, sodass der Gewinn nach Freibeträgen bei 50.000 € liegt. Für das Veranlagungsjahr 2016 beträgt der Gewinn nach Freibeträgen sogar 100.00 €.

  • Für das Veranlagungsjahr 2014 ist aufgrund des erlittenen Verlustes keine Gewerbesteuer zu zahlen. Für das Veranlagungsjahr 2015 sind von den 50.000 € Gewinn die 100.000 € Verlust aus 2014 abzuziehen, sodass auch 2015 keine Gewerbesteuer zu zahlen ist, sondern vielmehr ein Verlust von 50.000 € verbleibt, der für 2016 vorgetragen werden kann. Für 2016 vermindert sich dann der gewerbesteuerpflichtige Gewinn von 100.000 € um 50.000 € auf 50.000 €. Von den 50.000 € sind dann noch Freibeträge etc. abzuziehen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

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