Gewerbesteuer - Teil 15 - Steuerobjekt
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
6.5 Steuerobjekt
Bis zum 31.12.1979 wurde gewinnunabhängig die Lohnsumme eines Unternehmens besteuert, sodass die Gewerbesteuer auch als sogenannte Lohnsummensteuer bezeichnet wurde. In der Zeit vom 1.1.1980 bis zum 31.12.1997 wurde die Besteuerung des Gewerbekapitals als Gewerbekapitalsteuer vorgenommen. Beiden Erhebungsformen lag der Gedanke zugrunde, dass man dadurch die individuelle Leistungsfähigkeit des Unternehmens am besten abbilden könne.
Seit dem 1.1.1998 erfolgt die Erhebung hingegen als Gewerbeertragssteuer, die auch bis heute Bestand hat. Die Gewerbesteuer bemisst sich deshalb nach dem Gewerbeertrag (§ 6 GewStG). Der Gewerbeertrag ist der nach Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht ermittelte Gewinn (§ 7 Satz 1 GewStG), sodass insbesondere Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gem. § 18 EStG (freiberufliche Tätigkeit, Einnehmer einer staatlichen Lotterie, sonstige selbstständige Tätigkeit wie Aufsichtsratsmandate sowie Einkünfte aus der Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft) nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
Der Gewerbeertrag ist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG auf volle 100 € zu runden. Aus Vereinfachungsgründen werden für den Gewerbeertrag nach Abschnitt 38 Abs. 1 Satz 8 – 11 GewStR regelmäßig angesetzt:
- Bei Einzelgewerbetreibenden: die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
- Bei einer Mitunternehmerschaft: der steuerliche Gewinn der Mitunternehmerschaft iSd § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, also Gewinnanteile zuzüglich Sondervergütungen (vgl. auch Abschnitt 39 Abs. 2 GewStR). Soweit natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personalgesellschaften beteiligt sind (§ 7 Abs. 4 GewStG), sind die Grundsätze des Teileinkünfteverfahrens zu beachten, Das Teileinkünfteverfahren besagt, dass 40 % der Einkünfte aus Beteiligungen steuerfrei sind, dafür aber auch nur 60 % der in Zusammenhang mit den Einkünften stehenden Werbungskosten und Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
- Bei einer Kapitalgesellschaft: das körperschaftsteuerliche Einkommen vor Verlustabzug (vgl. auch Abschnitt 40 GewStR). Dabei gelten die Grundsätze des § 8b KStG. Dieser sieht vor, dass Dividenden bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben (§ 8b Abs. 1 KStG) und Anteilsveräußerungsgewinne generell steuerfrei sind (§ 8b Abs. 2 KStG), sodass der Gewerbeertrag um Dividenden und Anteilsveräußerungsgewinne zu mindern ist.
Nicht zum Gewerbeertrag gehört der Gewinn aus Veräußerungs- und Aufgabevorgängen (vgl. auch Abschnitt 38 Abs. 3 GewStR), allerdings nur dann, wenn die entsprechenden Ergebnisse auf natürliche Personen entfallen (§ 7 Satz 2 GewStG). Bei unmittelbar beteiligten Personen- oder Kapitalgesellschaften besteht bei der Veräußerung bzw. Aufgabe eines (Teil-)Betriebs einer Mitunternehmerschaft, eines Mitunternehmeranteils und eines Anteils als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA nach § 7 Satz 2 Nr. 1 – 3 GewStG hingegen stets Gewerbesteuerpflicht. Ohne diese Vorschrift könnten Kapitalgesellschaften, die an einer Personengesellschaft beteiligt sind, Wirtschaftsgüter zum Buchwert auf diese Gesellschaft übertragen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG). Dies hätte zur Folge, dass durch die Übertragung kein gewerblicher Gewinn entstünde, und die Kapitalgesellschaft danach den Anteil an der Personengesellschaft frei von Gewerbesteuer veräußern könnte. Ein solches Ergebnis ist vom deutschen Steuermodell nicht gewünscht.
6.5.1 Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)
Nach § 8 GewStG wird der gemäß § 7 GewStG ermittelte Gewerbeertrag durch Hinzurechnungen modifiziert.
Hinzurechnungen sind erforderlich, weil bei der Gewinnermittlung das einkommensteuerliche Nettoprinzip beachtet und der Gewinn durch bestimmte unternehmenspolitische Entscheidungen häufig „verzerrt“ wird. Insoweit dienen Hinzurechnungen in erster Linie dem Ziel, das Nettoprinzip aufzuheben, soweit es nach der Vorstellung des Gewerbesteuergesetzes dem Ziel widerspricht, eine überpersönliche Ertragskraft des inländischen Betriebes zu ermitteln. Dem liegt insgesamt die Vorstellung des historischen Gesetzgebers zugrunde, dass ein angenommener fiktiver Standardbetrieb mit eigenem Kapital, mit eigenen Maschinen, jedoch in fremden (angemieteten) Räumlichkeiten arbeitet. Ausgehend von diesem Leitbild zählen zu den Hinzurechnungen etwa
- Finanzierungsaufwendungen für Entgelte, Schulden, Renten und dauernde Lasten (Nr. 1),
- steuerfreie Dividenden aus Streubesitz (Nr. 5) und
- Verlustanteile aus Mitunternehmerschaften (Nr. 8).
Zudem sind einige Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften zu beachten (§ 8 Nr. 9 GewStG). Die Einzelbeträge werden dabei aufaddiert und anschließend zu 25 % dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (vgl. § 7 GewStG) hinzugerechnet.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2019