Gewerbesteuer - Teil 08 - Entstehung sowie Grundzüge

6 Die Entstehung sowie Grundzüge der Gewerbesteuer

Hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht ist zwischen sachlicher Steuerpflicht (der Frage, ob ein Tatbestand gegeben ist, der zur Gewerbebesteuerung führt) und persönlicher Steuerpflicht (der Frage, wer die Gewerbesteuer zu zahlen hat) zu unterscheiden. Zudem sind die Steuerbefreiungstatbestände von besonderem Interesse.

6.1 Sachliche Steuerpflicht - Der Gewerbebetrieb als Steuergegenstand

Steuergegenstand der Gewerbesteuer ist der Gewerbebetrieb als solcher. Das Gewerbesteuergesetz kennt zwei Arten des Gewerbebetriebs. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG ist Besteuerungsobjekt einerseits jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Nach § 35a GewStG ist Besteuerungsobjekt andererseits der Reisegewerbebetrieb.

6.1.1 Stehender Gewerbetrieb

Stehender Gewerbebetrieb ist nach § 1 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) jeder inländische Gewerbebetrieb, der kein Reisegewerbebetrieb iSd § 35a Abs. 2 GewStG ist. Dieser stellt den Normalfall des Gewerbebetriebs im Gewerbesteuerrecht dar. Dies zeigt § 35a Abs. 2 S. 2 GewStG, nach dem im Fall eines einheitlichen Gewerbebetriebs, bei dem sowohl ein stehendes Gewerbe als auch ein Reisegewerbe betrieben wird, dieser Betrieb in vollen Umfang als stehender Gewerbebetrieb anzusehen ist.

6.1.1.1 Gewerbebetrieb

Gewerbetrieb nach § 2 GewStG ist ein gewerbliches Unternehmen iSd § 15 Abs. 2 EStG. Dieses liegt dann vor, wenn eine selbständige, nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit ausgeübt wird, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs darstellt (Scheffler, Besteuerung von Unternehmen I, S. 272). Die Gewinnerzielung muss nicht der Hauptzweck sein, sondern kann auch bloßer Nebenzweck sein. Maßgeblich für das Vorliegen eines Gewerbetriebes ist, dass Einkünfte erzielt werden, die nach dem EStG als Einkünfte mit Gewinnerzielungsabsicht anzusehen sind. Liebhabereien fallen damit nicht unter den Begriff des Gewerbebetriebes, gleiches gilt für den Verkauf von privaten Gegenständen. Abzugrenzen ist der Gewerbebetrieb von der Ausübung der Land- und Forstwirtschaft iSd § 13 EStG sowie der Ausübung selbstständiger Tätigkeiten iSd § 18 EStG. Unter die selbstständigen Tätigkeiten fallen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG freiberufliche Tätigkeiten (insbesondere Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patenanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater), nach Nr. 2 Einnehmer einer staatlichen Lotterie, nach Nr. 3 sonstige selbstständige Tätigkeiten (zB Vollstreckung von Testamenten, Vermögensverwaltung, Aufsichtsratsmandate) sowie nach Nr. 4 Beteiligungen an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft.

6.1.1.2 Inlandsbegriff

Der Gewerbebetrieb muss im Inland betrieben werden. Daher gilt der Grundsatz, dass die Betriebsstätten inländischer Unternehmen, die im Ausland belegen sind, nicht der Gewerbesteuer unterliegen und ausländische Unternehmen lediglich für ihre inländischen Betriebsstätten Gewerbesteuer zu entrichten haben. Der Inlandsbegriff entspricht weitestgehend dem des EStG (vgl. § 2 Abs. 7 Nr. 1 GewStG sowie Abschnitt 21 GewStR) und ist aus dem Grund anzulegen, dass es sich bei der Gewerbesteuer um eine Gemeindesteuer handelt und nur deutsche Gemeinden diese erheben können und dürfen. Zum Inland zählt das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sowie außerdem nach § 2 Abs. 7 Nr. 2 GewStG der „zustehende Anteil am Festlandsockel, soweit dort dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden (a) oder künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden (b).“ Mit Nr. 2 a und b sind vor allem künstlich angelegte Bohrinseln sowie die Offshore-Windparks in der Nordsee gemeint. Der Inlandsbegriff wird außerdem durch § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG dahingehend erweitert, dass auch nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teile von grenzüberschreitenden Betrieben erfasst werden, soweit diese in einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit einem anderen Staat als inländische Betriebe bestimmt werden.

Beispiel
A ist Meeresforscher und untersucht die Beschaffenheit der Böden in der Nordsee. Dabei ist er hauptsächlich vor den Küsten der Niederlande, Großbritanniens und Dänemark unterwegs. Seine Untersuchungsergebnisse verkauft er europaweit an interessierte Firmen. Dabei erzielt er einen Gewinn von 50.000 €. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Niederlande, Großbritannien und Dänemark existiert ein Doppelbesteuerungsabkommen, das vorsieht, dass sämtliche Gewinne, die aufgrund von der Erforschung des Nordseebodens erzielt werden, in der Bundesrepublik Deutschland zu versteuern sind.

  • A müsste grundsätzlich seine Gewinne jeweils dort versteuern, wo er die Beschaffenheit der Böden untersucht hat. Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens wird allerdings der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht für die gesamte Nordsee zugesprochen. A hat seinen gesamten Gewinn iHv 50.000 € somit allein in der Bundesrepublik Deutschland zu versteuern.
6.1.1.3 Betriebsstätte

Der Gewerbebetrieb muss – wie sein Name schon zum Ausdruck bringt – betrieben werden, also eine Betriebsstätte darstellen. Nach § 12 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Dazu zählen insbesondere auch Stätten der Geschäftsleitung, Zweigniederlassungen/Geschäftsstellen, Fabrikations- oder Werkstätten, Warenlager sowie Ein- und Verkaufsstellen (Dinkelbach, Ertragsteuern, S. 452 sowie Abschnitt 22 GewStR). Umfasst ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebsstätten, ist immer der Gewerbebetrieb mit allen inländischen Betriebsstätten Gegenstand der Besteuerung.

Beispiel
Der Unternehmer A betreibt in Hannover einen Getränkehandel mit weiteren Verkaufsstellen in Hamburg, Paris und Madrid.

  • Gegenstand der Gewerbesteuer ist nur der inländische Teil des Gewerbebetriebs. Dieser besteht aus dem Getränkehandel in Hannover sowie der Verkaufsstelle in Hamburg. Die Verkaufsstellen in Paris und Madrid unterliegen den französischen bzw. spanischen Steuern, soweit es dort eine zur Gewerbesteuer vergleichbare Steuer gibt.

Es liegt kein Betreiben einer Betriebsstätte (mehr) vor, wenn die Betriebsstätte ihr Geschäft eingestellt hat, also von dort keinerlei Tätigkeit mehr ausgeht.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
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Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
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Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG, § 35a GewStG

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