Gewerbemietvertrag – Teil 21 – Vertragliche Beschränkungen der Gewährleistung

6.4 Vertragliche Beschränkungen der Gewährleistung

Neben den gesetzlichen Beschränkungen gibt es beim Gewerbemietvertrag vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten um die Gewährleistung zu beschränken.

6.4.1 Haftungsbeschränkungen

Anstatt die Art der Gewährleistungsrechte des Gewerbemieters zu ändern, besteht zum Beispiel die Möglichkeit den Haftungsumfang des Gewerbevermieters zu begrenzen.

6.4.1.1 Ausschluss der Garantiehaftung des Vermieters (§ 536a BGB)

So kann beispielsweise die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel der Mietsache ausgeschlossen werden (Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 431).

6.4.1.2 Haftungsbegrenzung für nach Vertragsabschluss entstandene Mängel

Eine weitere Möglichkeit liegt in der Begrenzung der Haftung des Vermieters für Mängel auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. In der Rechtsprechung gelten solche Klauseln in Formularverträgen allerdings als unwirksam (BGH, Urteil vom 12. März 2008 – XII ZR 147/05; vgl. auch Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 431).

Beispiel
Die Mieterin M mietet von der Vermieterin Büroräume. Der Mietvertrag enthält bezüglich der u.a. folgende Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin:
„§ 7 Mietminderung und Mängel: Der Mieter kann gegenüber den Ansprüchen der Vermieterin auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten kein Minderungsrecht wegen Mängeln der Mietsache geltend machen, es sei denn, die Vermieterin hat die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten. Dies gilt auch für Störungen des Mietgebrauchs durch Einwirkungen von außen.“

  • Die Klausel ist unwirksam, da hier ein absoluter Ausschluss der Mietminderung inklusive etwaiger Rückerstattungsansprüche an den Mieter vereinbart werden soll. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter allerdings unangemessen im Sinne von § 307 BGB und ist deswegen unwirksam (BGH, Urteil vom 12. März 2008 – XII ZR 147/05).

6.4.2 Beschränkung der Mietminderung

Für die Beschränkung der Gewährleistungsansprüche gibt es in Gewerbemietverträgen die Möglichkeit, den Minderungsanspruch des Mieters vertraglich zu begrenzen. Unveränderbar ist der Mietminderungsanspruch nämlich nur bei Wohnraummietverhältnissen, § 536 Abs. 4 BGB. Vermieter von Gewerberäumen können solche Beschränkungen der Mietminderung sogar einseitig in Formularverträgen bestimmen.
In Betracht kommen zum Beispiel ein vollständiger Ausschluss der Mietminderung oder ein
Ausschluss der Minderung der auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Ansprüche bzw. Mängel beschränkt ist.

6.4.2.1 Vollständiger Ausschluss der Mietminderung

Ein vollständiger Ausschluss in Formularklauseln verstößt gegen § 307 BGB und ist eine unangemessene Benachteiligung des Gewerbemieters (BGH, Urteil vom 23. April 2008 – XII ZR 62/06)

Beispiel
Die Mieterin M mietet mit Vertrag vom 21.01.2016 von der Vermieterin V Gewerberäume zum Betrieb eines physikalischen Therapiezentrums. Sie zahlt ab Januar 2017 eine geminderte Miete. Ab diesem Zeitpunkt begannen nämlich auf dem Nachbargrundstück Bauarbeiten. Zunächst wurde das Nachbargebäude abgerissen. Dann wurde ein Einkaufszentrum errichtet. Die Abriss- und Neubauarbeiten waren mit erheblichen Lärm- und Erschütterungsbelastungen für das Mietobjekt verbunden.
Die Vermieterin beruft sich auf den vertraglichen Minderungsausschluss gemäß § 16 des Mietvertrages. Dieser lautet wie folgt: „Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der Nachbarschaft usw.), die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatz- und Geschäftsrückgang).“

  • Die Mieterin M hat zu Recht die Miete gemindert. Der Ausschluss der Minderung ist unwirksam. Diese formularmäßige Klausel, wonach eine Minderung der Miete ausgeschlossen ist, wenn die Nutzung der Räume durch Umstände beeinträchtigt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist nämlich dahingehend auszulegen, dass sie die Minderung vollständig ausschließt und dem Mieter nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 BGB belässt. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deswegen unwirksam (BGH, Urteil vom 23. April 2008 – XII ZR 62/06).

Etwas Anderes gilt nach dem BGH allerdings bei Klauseln, die zwar nach dem Wortlaut die Minderung ausschließen, deren Auslegung aber ergibt, dass sie nicht das Minderungsrecht schlechthin, sondern nur dessen Verwirklichung durch Abzug vom geschuldeten Mietzins ausschließen und den Mieter insoweit auf Bereicherungsansprüche verweisen (BGH Urteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 141/91; BGH, Urteil vom 23. April 2008 – XII ZR 62/06).

Beispiel
Mit Mietvertrag vom 28.06.2017 vermietet die Vermieterin V dem Mieter M Gewerberäume zur Nutzung als Restaurant. Das Mietverhältnis ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. In § 8 Abs. 3 des formularmäßigen Gewerbemietvertrages heißt es: „Das Minderungsrecht des Mieters aus § 536 BGB wird ausgeschlossen. Der Mieter kann keine Einwendung der Mietminderung erheben. Ein eventueller Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters bleibt hiervon unberührt.“

  • Der formularvertragliche Ausschluss des Minderungsrechts ist hier zulässig, da er sich auf dessen Verwirklichung durch Abzug vom geschuldeten Mietzins beschränkt und dem Mieter die Durchsetzung des Minderungsrechtes im Bereicherungswege nach § 812 BGB belässt. Die Klausel ist dahingehend auszulegen, dass die Minderung der Miete gerade nicht insgesamt, sondern allein das Minderungsrecht nach § 536 BGB und die darin enthaltene „Einwendung“ ausgeschlossen werden sollte und das Rückforderungsrecht des Mieters nach § 812 BGB nicht berührt ist. Dieses Verständnis wird durch den 3. Satz der Klausel gestützt, wonach auch ein Mängelbeseitigungsanspruch unberührt bleibt. Die Klausel ist wirksam.

6.4.2.2 Minderung nur bei unbestrittenem oder rechtskräftig festgestelltem Anspruch bzw. Mangel

Die Minderung der Miete kann davon abhängig gemacht werden, dass entweder der zugrundeliegende Mangel oder aber der Mietminderungsanspruch unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (vgl. Beispiel zu Punkt 7.1.1). Entsprechende Klauseln müssen nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 12. März 2008 – XII ZR 147/05) jedoch hinreichend verdeutlichen, dass auf Grund der bestehenden Minderung überzahlte Beträge trotzdem nach dem allgemeinen Bereicherungsrecht zurückverlangt werden können (vgl. zweites Beispiel unter Punkt 6.4.1.).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gewerbemietvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht - Mediator, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-75-5.


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Stand: Januar 2017


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