Gewerbemietvertrag – Teil 15 – Umfang der Betriebspflicht trotz Verlusten und Rechtsfolge

5.1.2 Umfang der Betriebspflicht (trotz Verlusten) und Rechtsfolge

Ist eine Betriebspflicht vertraglich vereinbart, endet diese erst mit Ablauf oder Beendigung des Gewerbemietvertrages. Ausnahmsweise kann die Betriebspflicht bereits eine gewisse Zeit vor Vertragsende ihre Bindungskraft verlieren, wenn von dem Mieter noch Rückbau- oder Renovierungsverpflichtungen vor dem Auszug zu erfüllen sind.
Persönliche oder wirtschaftliche Gründe beenden die Betriebspflicht hingegen grundsätzlich nicht. Erweist sich der Betrieb zum Beispiel als unrentabel, macht der Miete nur Verluste oder wird er arbeitsunfähig krank, ändert das nichts an seiner Verpflichtung zur Öffnung des Betriebes zu den vorgegebenen Zeiten. Das Risiko einer wirtschaftlich gewinnbringenden Verwendung der gewerblich genutzten Mietsache trägt allein der Mieter (BGH, Urteil vom 03. März 2010 – XII ZR 131/08). Kann der Gewerbemieter den Betrieb aus gesundheitlichem Gründen nicht führen, so ist er verpflichtet einen Dritten zu beauftragen (Sternel in: Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Pflichten des Mieters, Rn. 243). Selbst wenn sich ein Geschäft in einem immer leerer werdenden Einkaufszentrum befindet, gibt das dem Mieter kein Recht die Betriebspflicht zu missachten. Ein Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Betriebspflicht beinhaltet eine positive Vertragsverletzung, die den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages aus wichtigem Grund berechtigt. (BGH, Urteil vom 29. April 1992 – XII ZR 221/90). Daneben treten zudem die Zahlungsansprüche aus einer Vertragsstrafe, wenn eine solche vereinbart ist.

Beispiel
Die Mieterin M mietete 2015 von der Vermieterin in deren - damals baubehördlich genehmigten, aber noch nicht errichteten - Einkaufszentrum N. in H. eine Ladenfläche von über 720 m² für die Dauer von 15 Jahren ab Übergabe (Januar 2016). In § 11/II des Formular-Mietvertrags wird eine „Betreibungs-/ Offenhaltungspflicht“ des Mieters wie folgt geregelt:
„1. Der Mieter ist verpflichtet, den Mietgegenstand während der gesamten Mietzeit seiner Zweckbestimmung entsprechend ununterbrochen zu nutzen. Er wird die Mieträume weder ganz noch teilweise unbenutzt oder leer stehen lassen.
2. Das Geschäftslokal ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offenzuhalten. Aus der bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (wie Mittagspause, Ruhetage, Betriebsferien) sind nicht zulässig, ausgenommen sind Inventuren oder Betriebsversammlungen.“ Im Laufe des Mietverhältnisses ist der Leerstand in dem Einkaufszentrum von anfänglich 20 % auf inzwischen 40 % gestiegen. Die Mieterin meint, die in § 11/II Nr. 1 und Nr. 2 des Mietvertrags bestimmte Betriebspflicht sei unwirksam und sie sei berechtigt, ihr Ladengeschäft nach eigenem Belieben zu öffnen oder zu schließen.

  • Die Vereinbarung zur Betriebs- und Offenhaltungspflicht ist wirksam. Die Erhöhung des Leerstands im Einkaufszentrum ändert daran nichts. Es fällt allein in den Verantwortungsbereich des Mieters von Gewerberaum, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der von ihm gewählten Lage abzuschätzen (BGH, Urteil vom 03. März 2010 – XII ZR 131/08. Das umfasst bei der Anmietung eines Ladenlokals in einem erst noch zu errichtenden Einkaufszentrum neben der Chance, in einem später florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtobjekts mit entsprechenden negativen Folgen für das gemietete Einzelgeschäft (BGH Urteile vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 und vom 19. Juli 2000 - XII ZR 252/98). Diese gesetzliche Lastenverteilung wird durch die Vereinbarung einer Betriebspflicht nicht auf den Vermieter übertragen. Eine ausdrückliche Änderung der Risikoverteilung ist nicht vereinbart worden. Die Mieterin M muss das Risiko der wirtschaftlichen Einbuße durch den Leerstand allein tragen und kann sich nicht aus der Vereinbarung der Betriebspflicht lösen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gewerbemietvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht - Mediator, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-75-5.


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Das Referat Mietrecht wird bei Brennecke & Partner Rechtsanwälte betreut von:

Portrait Harald-Brennecke Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Harald Brennecke berät und vertritt seit vielen Jahren bei Rechtsfragen rund um das Gewerbemietrecht. Er prüft Mietverträge, begleitet Mietverhandlungen und vertritt bei Streitigkeiten um Kündigungen von Gewerbemietverhältnissen.

 

Rechtsanwalt Harald Brennecke bearbeitet im Gewerbemietrecht folgende Themen:

 

    Erstellung und Prüfung von Gewerbemietverträgen, insbesondere in Bezug auf die Themen

    Parteispezifische Bedürfnisse

    Verlängerungsoptionen und Kündigungsmöglichkeiten

    Untermietklausel und Nachmietersuche

    Mietpreisindex

    Wirtschaftlichkeitsfaktoren (z.B. Publikumsverkehr, Kaufkraft, Branchenmix, Gemeinschaftswerbung, Konkurrenzschutz)

    Sicherheiten (Bürgschaft, Kaution, Vermieterpfandrecht)

    Wettbewerbsklauseln und vertragsimmanenter Konkurrenzschutz

    Fertigstellungsverpflichtungen, Umbaupflichten und Rückbauverpflichtungen,

    (Vorzeitige) Beendigung von Gewerbemietverhältnissen, z.B.  aufgrund von Schriftformverstößen durch mündliche Nachtragsvereinbarungen

    Aufhebungsverträge

    Mietminderung aufgrund von Mängeln der Mietsache

    Schönheitsreparaturen

    Schadensersatz bei Verletzung von Wettbewerbsschutz oder Konkurrenzverbot

    behördliche Genehmigungen, Konzessionen und Zulassungserfordernisse

 

Da Gewerbemietverträge häufig sehr langfristig ausgelegt sind, ist ihr wirtschaftlicher Umfang immens. Ein 10-jähriger Gewerbemietvertrag mit einer Monatsmiete von 2000 € hat eine Gesamtvolumen von 240.000.- €. Bei derartigen Vertragsvolumen ist die Prüfung des Vertragsentwurfs und eine rechtssichere und zukunftssichere Gestaltung des Gewerbemietvertrages für beide Seiten von existenzieller Bedeutung. Rechtsanwalt Harald Brennecke prüft und gestaltet Gewerbemietverträge auf Zeithonorarbasis, was in Anbetracht der Mietvolumina meist deutlich günstiger ist als eine Abrechnung nach RVG.

 

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:

Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de

Telefon: 0721-20396-28


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosMietrecht