Gewerbemietvertrag – Teil 14 – Besonderer Vertragsinhalt bei Gewerbemiete - Betriebspflicht, Konkurrenzschutz, Werbegemeinschaft

5 Besonderer Vertragsinhalt bei Gewerbemiete: Betriebspflicht, Konkurrenzschutz, Werbegemeinschaft

Je nach Vertragszweck, Laufzeit und den Vorstellungen der Mietvertragsparteien, kann es erforderlich und gewünscht sein, besondere Vertragspflichten zu regeln, die über das eigentliche Mietverhältnis hinausgehen
Typische Beispiele sind

  • die Regelung einer Betriebspflicht (vgl. dazu Punkt 5.1)
  • eine Vereinbarung zum Konkurrenzschutz (vgl. dazu Punkt 5.2)
  • die Verpflichtung zu einer Werbegemeinschaft (vgl. dazu Punkt 5.3)

5.1 Betriebspflicht des Mieters

Bei der Vereinbarung einer Betriebspflicht wird der Mieter verpflichtet, die Gewerberäume entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag zu nutzen und während festgelegter Öffnungszeiten geöffnet zu halten (Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 420). Darüber hinaus kann er auch verpflichtet werden, ein nach dem Vertragszweck angemessenes Waren- und Leistungsangebot zu präsentieren; dies bezeichnet man als die sogenannte Sortimentspflicht (OLG Dresden, Urteil vom 24. Juli 2007 – 5 U 489/07).

5.1.1 Vereinbarung der Betriebspflicht

Die Betriebspflicht des Mieters kann grundsätzlich in jedem Gewerbemietvertrag vereinbart werden, selbst in Formularverträgen bzw. AGB wird diese Vereinbarung als angemessen betrachtet (Sternel in: Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Pflichten des Mieters, Rn. 241). Dies gilt selbst dann, wenn die Einhaltung der Betriebspflicht mit einer Vertragsstrafe bewehrt ist, die eine Höhe des 1,5-fachen der entsprechenden Miete beträgt (Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 422d). Entscheidend ist, dass die Klausel zur Betriebspflicht nicht versteckt ist, sondern als gesonderter Punkt behandelt wird und der Umfang genau bestimmt ist, da die Auswirkungen dieser Klausel sehr einschneidend sind und daher unschwer erkennbar sein muss, was geregelt ist. Anderenfalls könnte ein Verstoß gegen das Transparenzgebot bei AGB angenommen und die Klausel als unwirksam betrachtet werden (Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 420a).

Beispiel
Die Vermieterin V vermietet dem Mieter M Gewerbeflächen des Einkaufszentrums „B.“ in J. Der Gewerbemietvertrag vom 07.04.2010 über eine Ladenfläche von 2.263,70 m² und eine Nebenfläche von 605,64 m² ist auf die Dauer von 15 Jahren befristet. Der Mieter betreibt einen Einzelhandelsmarkt mit Schwerpunkt Textilien, Bekleidung und Randsortiment
§ 8 d des Mietvertrages lautet:
„Der Mieter wird das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen mindestens so lange offenhalten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihre Geschäfte offenhält. Der Mieter hat das Recht, die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten voll auszuschöpfen. Aus seiner bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (z.B. aus Anlass von Mittagspausen, Ruhetagen, Betriebsferien, Inventuren u.a.) sind nicht zulässig.“
In den Verträgen mit den übrigen Mietern (sogenannte Kleinmieter) ist zur Betriebspflicht fast dieselbe Klausel (§ 7 e) enthalten wie bei der Vereinbarung mit M, nur ein Satz weicht ab:
„…Dem Vermieter bleibt die abschließende Festlegung der Ladenöffnungszeiten vorbehalten…“
Ein Jahr nach Abschluss des Gewerbemietvertrages mit M änderte sich das Ladenschlussgesetz. Die Öffnungszeiten wurden von Montag bis Freitag auf 20:00 Uhr und an Samstagen auf 20:00 Uhr ausgeweitet. Die Mehrheit der Mieter im Einkaufszentrum - mit Ausnahme des Mieters M - verlangten daraufhin von der Vermieterin V eine einheitliche Öffnung aller Ladenlokale an Samstagen bis 20:00 Uhr. Daraufhin legte die V die Öffnungszeiten an Samstagen bis 20:00 Uhr fest. Die Mehrheit der Mieter öffnet daraufhin samstags bis 20:00 Uhr. Der Mieter M schließt sein Geschäft grundsätzlich weiterhin an Samstagen um 18:00 Uhr. Die Vermieterin verlangt von M auch samstags bis 20:00 Uhr zu öffnen.

  • Die Vermieterin kann keine Ladenöffnung bis 20:00 Uhr verlangen, da die Klausel im Gewerbemietvertrag mit M gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) verstößt und dadurch unwirksam ist. Eine Verpflichtung zur Öffnung ihrer Geschäfte aus dieser Klausel kann daher nicht hergeleitet werden. Nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Urteil vom 16. Mai 2007 – XII ZR 13/05). Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH, Urteil vom 16. Mai 2007 – XII ZR 13/05). Die Klausel zur Betriebspflicht erfüllt die Voraussetzungen der Transparenz nicht, denn nach dem Wortlaut der Klausel kommt es für den Umfang der Betriebspflicht des Mieters darauf an, wie lange „die überwiegende Mehrzahl aller Mieter ihre Geschäfte offen hält“. Durch diese Regelung wird der Anschein erweckt, eine Ausweitung der Betriebspflicht hänge nicht vom Willen des Vermieters, sondern allein von der Mehrheit der übrigen Mieter des Einkaufszentrums ab. Dem ist aber nicht so. Tatsächlich können die meisten Mieter nicht frei entscheiden, wie lange sie ihr Geschäft offenhalten wollen. Die Vermieterin V hat nämlich die überwiegende Mehrzahl der Mieter (sogenannte Kleinmieter) des Einkaufszentrums bei der Festlegung der Öffnungszeiten ihren Vorgaben unterworfen. Nach der Betriebspflichtklausel mit den „Kleinmietern“ „bleibt dem Vermieter die abschließende Festlegung der Ladenöffnungszeiten vorbehalten“. Sie kann damit die Öffnungszeiten der Mehrzahl aller von ihr vermieteten Ladenflächen einseitig bestimmen und damit die Voraussetzungen für eine Ausweitung der Betriebspflicht für M herbeiführen. Mit einem solchen Weisungsrecht des Vermieters gegenüber anderen Mietern rechnet der durchschnittliche Adressat bei der Lektüre der Klausel im Vertrag des M aber nicht. Er wird aufgrund der Formulierung der Klausel vielmehr davon ausgehen, dass die Betriebspflicht bei den anderen Mietern wie in seinem eigenen Vertrag geregelt ist. Das Ausmaß seiner Verpflichtung wird durch die gewählte Formulierung verschleiert (BGH, Urteil vom 16. Mai 2007 – XII ZR 13/05).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gewerbemietvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht - Mediator, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-75-5.


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Stand: Januar 2017


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