Gewerbemietvertrag – Teil 06 – Mietzweck, Mietzeit

4.2 Mietzweck

Die genaue Bestimmung des Vertragszwecks ist bei dem Gewerbemietvertrag aus zwei Gründen wichtig: Der Mietzweck legt den Rahmen für eventuelle spätere Gewährleistungsansprüche des Mieters wegen Sach- und Rechtsmängeln fest (vgl. hierzu unter Punkt 6 Gewährleistungsrechte) und begrenzt die vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit des Mieters.
Bezogen auf die vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit empfiehlt es sich in den Vertrag eine Regelung aufzunehmen, unter welchen Voraussetzungen eine Zustimmung zur abweichenden Nutzung erteilt oder verweigert werden kann (Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 288c). Verletzt der Mieter durch eine zweckwidrige Nutzung die Rechte des Vermieters nämlich erheblich, kann dies den Vermieter zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB berechtigen, wenn eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist (Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., XII Rn. 44 f.). Abzustellen ist dabei, darauf inwieweit die vertragswidrige Nutzung die Interessen des Vermieters beeinträchtigt, weil die Nutzung zum Beispiel als Wertminderung des Grundstücks anzusehen ist oder sonstige Nachteile nicht auszuschließen sind (BGH, Urteil vom 11. Januar 1984, Az. VIII ZR 237/82).

Beispiel
Die Mieterin M und die Vermieterin V leben in der katholischen Kleinstadt Friedland. Inmitten des Zentrums der Kleinstadt zwischen der Kirche und einer Bäckerei will M einen kleinen Verkaufsraum als Kiosk anmieten, um Zeitungen, Konzerttickets und Ausflugsbeschreibungen für die bayerische Region anzubieten. In dem Gewerbemietvertrag unter § 2 vereinbaren die Parteien als Mietzweck den Betrieb eines „Infocenter - Ticketcenter - Kiosk“. Noch bevor die Mieterin M das Geschäft eröffnet entschließt sie sich ihr Geschäftsmodell in einen Sexshop umzuändern, da sie sich davon mehr Gewinne verspricht

  • Die Mieterin M und die Vermieterin V haben hier den vertragsgemäßen Mietzweck als Kiosk bestimmt. Der Betrieb eines Sexshops ist dabei nicht umfasst und wäre vertragswidrig. Die Mieterin M hat hierzu die Zustimmung der Vermieterin V einzuholen, da sie anderenfalls erheblich gegen die Interessen der Vermieterin verstößt. Gerade in einer katholischen Kleinstadt kann der Betrieb eines Sexshops neben der Kirche zu erheblichen Nachteilen für das Ansehen der Vermieterin und den Wert des Ladengeschäfts führen. Dieser könnte für die Zukunft „verbrannt“ sein. Mit der Nutzung als Sexshop liegt eine vertragswidrige Nutzung vor, die die Vermieterin zur Forderung der sofortigen Unterlassung und der fristlosen Kündigung berechtigt.

4.3 Mietzeit

Bei der Vereinbarung der Mietzeit sind der Mietbeginn und die Mietdauer zu bestimmen. Dabei bieten sich zwei Möglichkeiten an:

  • Unbefristetes Mietverhältnis (vgl. Punkt 4.3.2)
  • Befristetes Mietverhältnis (vgl. Punkt 4.3.3) mit oder ohne Verlängerungsklausel (vgl. Punkt 4.3.4)

4.3.1 Mietbeginn: Übergabe

Für den Mietbeginn kann sowohl ein bestimmter Kalendertag, als auch der Zeitpunkt der Übergabe der Räume festgelegt werden (BGH, Urteil vom 24. Juli 2013 – XII ZR 104).

Beispiel
In einem Mietvertrag ist in § 2 zur Mietzeit vereinbart: „Das Mietverhältnis und damit die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses gemäß § 6 beginnt mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache gemäß § 3“. Und in § 7: „Die Vertragslaufzeit beträgt 15 Jahre ab Mietbeginn“.

  • Diese Mietzeitvereinbarung ist wirksam. Der Mietbeginn ist eindeutig bestimmt. Eine entsprechende Regelung stößt nach der Rechtsprechung auf keine Bedenken, da der Mietbeginn und die anschließende Vertragsdauer bestimmbar sind (BGH, Urteil vom 24. Juli 2013 – XII ZR 104/12).

4.3.2 Unbefristetes Mietverhältnis

Soll der Gewerbemietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, muss dies nicht ausdrücklich ausgeführt werden. Solange nämlich keine Befristungsregelung getroffen ist, gilt der Mietvertrag immer als unbefristet und damit als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Rechtsfolgen hat dies in erster Linie für die Anwendung bestimmter Kündigungsfristen (vgl. Punkt 8.1.2)

4.3.3 Befristetes Mietverhältnis und Verlängerungsoption

Soll bei dem Gewerbemietvertrag eine bestimmte Laufzeit vereinbart werden, ist die Mietzeit ausdrücklich zu benennen. Beabsichtigen die Parteien eine Vertragsdauer von über einem Jahr ist das Schriftformerfordernis nach § 550 BGB zu beachten (vgl. Punkt 3.2).
Regelmäßig bietet sich neben der Befristung eine sogenannte Verlängerungsklausel an. Das ist eine Vereinbarung, nach der sich das Gewerberaummietverhältnis unter gewissen Voraussetzungen um eine festgelegte Zeitspanne verlängern kann. Insoweit ist allerdings ebenfalls die Schriftform nach § 550 BGB zu beachten, denn grundsätzlich müssen alle Änderungen, Ergänzungen oder sonstige Nebenabreden zu einem Vertrag, der in Schriftform zu schließen ist, ebenfalls der Schriftform genügen (Weidenkaff in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 550 Rn. 16). Will der Mieter verlängern, muss er dies in Schriftform tun. Etwas Anderes, gilt nur bei der gesetzlichen „stillschweigenden Verlängerung nach § 545 BGB (vgl. dazu Punkt 4.3.4).
Wichtig ist außerdem, dass jeder Befristung oder Verlängerung eine Obergrenze von 30 Jahren Vertragslaufzeit gesetzt ist. Eine Vertragsdauer von über 30 Jahre ist unwirksam, mit der Rechtsfolge, dass jede Vertragspartei bei Erreichen der Höchstlaufzeit sofort außerordentlich kündigen kann nach § 544 BGB.

Beispiel
Die Mieterin M, die eine Tanzschule betreibt, hatte mit Vertrag vom 20.9.2007 von der Vermieterin V Gewerberäume in L. angemietet. Der Mietvertrag sieht eine Laufzeit bis zum 31.12.2017 vor und enthielt eine Verlängerungsoption über weitere 10 Jahre zu Gunsten der Klägerin, die bis zum 31.3.2017 auszuüben war. Die Mieterin M schickte der Vermieterin V am 31.3.2017, dem letzten Tag der Frist, ein Faxschreiben, in dem sie die Ausübung der Verlängerungsoption erklärte. Die Vermieterin V erhielt nie ein entsprechendes Fax und lehnt auf Nachfrage der M eine Vertragsverlängerung ab.

  • Der Mietvertrag wurde nicht verlängert und ist zum 31.12.2017 beendet. Die Verlängerungsmöglichkeit wurde nicht genutzt. Das Übersenden des Fax ist nicht ausreichend gewesen, da die Erklärung des Verlängerungswunschs bei einem Laufzeitvertrag mit 10 Jahren und einer möglichen Verlängerung von weiteren 10 Jahren der Schriftform bedarf. Durch die Übermittlung der Erklärung per Fax ist die Schriftform nach § 126 BGB allerdings von vornherein nicht gewahrt.

4.3.4 Stillschweigende Verlängerung des Mietvertrags nach Befristung

Nach § 545 BGB verlängert sich ein befristeter Mietvertrag automatisch und wandelt sich in einen unbefristeten Vertrag um, wenn er ohne Widerspruch einer Vertragspartei über das Befristungsende hinaus fortgesetzt wird. Die Vertragsparteien haben nach dem Gesetz bis zu zwei Wochen nach dem Befristungsende Zeit, der Vertragsfortsetzung zu widersprechen.

Beispiel
Der Mieter M betreibt in den Gewerberäumen des Vermieters X eine Bäckerei. Der Mietvertrag wurde am 26.03.2009 geschlossen und war bis zum 01.03.2016 befristet. Am 01.03.2017 hält V den Mietvertrag in der Hand und bemerkt, dass der Gewerbemietvertrag ja eigentlich schon seit einem Jahr „abgelaufen“ ist. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Mietverhältnis aber sowohl von M als auch von V einfach weitergeführt und das soll auch zukünftig so bleiben.

  • Der Gewerbemietvertrag ist nicht „abgelaufen“, sondern wurde stillschweigend nach § 544 BGB verlängert. Aus dem befristeten Mietverhältnis ist daher lediglich ein unbefristetes Mietverhältnis geworden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gewerbemietvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht - Mediator, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-75-5.


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Stand: Januar 2017


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Da Gewerbemietverträge häufig sehr langfristig ausgelegt sind, ist ihr wirtschaftlicher Umfang immens. Ein 10-jähriger Gewerbemietvertrag mit einer Monatsmiete von 2000 € hat eine Gesamtvolumen von 240.000.- €. Bei derartigen Vertragsvolumen ist die Prüfung des Vertragsentwurfs und eine rechtssichere und zukunftssichere Gestaltung des Gewerbemietvertrages für beide Seiten von existenzieller Bedeutung. Rechtsanwalt Harald Brennecke prüft und gestaltet Gewerbemietverträge auf Zeithonorarbasis, was in Anbetracht der Mietvolumina meist deutlich günstiger ist als eine Abrechnung nach RVG.

 

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