Gewerbemietvertrag – Teil 04 – Vertreter ohne Vertretungsmacht, Aktiengesellschaft Vertretung durch Vorstand

3.3.3 Vertreter ohne Vertretungsmacht

Handelt bei dem Abschluss des Gewerbemietvertrages ein Dritter für eine Person oder Personenmehrheit, der eigentlich keine Vollmacht hat, als sogenannter Vertreter ohne Vertretungsmacht, reicht es für die Einhaltung der Schriftform aus, wenn der Vertretene nachträglich den Vertragsschluss genehmigt (Fußnote).

Beispiel
Die Vermieterin V schließt mit der „Schreib- und Telefonbüro GmbH“ als alleinige Mieterin einen schriftlichen Gewerbemietvertrag über zwei Büroeinheiten. Der Vertrag sieht eine Festlaufzeit von 5 Jahren vor. Als Mieter ist in der Vertragsurkunde die „Schreib- und Telefonbüro GmbH“ bezeichnet und es ist angegeben, dass diese durch die Geschäftsführer Herr X und Dr. Y vertreten wird. Bei der Unterzeichnung des Mietvertrages ist allerdings nur Herr P anwesend der gegenüber der V erklärt die GmbH zu vertreten. Er unterschreibt den Mietvertrag auf der Unterschriftzeile des Mieters mit „i.V. von P.“. Herr X und Dr. Y hatten P tatsächlich weder bevollmächtigt noch sonst beauftragt die GmbH zu vertreten. Da ihnen die Büroräume allerdings gefielen, bezogen Sie die Mieträume und zahlten die Miete gemäß dem Gewerbemietvertrag mit V

  • Hier ist trotz des Handelns eines Vertreters ohne Vertretungsmacht ein Mietvertrag zu Stande gekommen, der das Schriftformerfordernis wahrt. Durch die Genehmigung des Vertrages wurde der Vertrag wirksam und die Unterschrift des P „i.V.“ reicht für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses. Die Folge ist, dass zwischen V und der GmbH ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von 5 Jahren besteht. Der Einhaltung der Schriftform steht es nämlich nicht entgegen, wenn ein Mietvertrag auf Seiten einer GmbH als Mieterin (Fußnote) ohne nähere Kennzeichnung des Vertretungsverhältnisses mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet ist, und zwar gleichgültig, ob der Unterzeichnende der Geschäftsführer und damit gesetzlicher Vertreter, ein in anderer Weise Bevollmächtigter oder lediglich vollmachtloser Vertreter war (Fußnote). Hier war offensichtlich, dass P nicht im eigenen Namen handelte, da er nicht selbst zu den im Vertrag aufgeführten Mietparteien gehörte. Selbst ohne den Zusatz „i.V.“ wäre offensichtlich gewesen, dass er für die GmbH auftreten wollte.

3.3.4 Sonderfall: Aktiengesellschaft Vertretung durch Vorstand

Wird ein Gewerbemietvertrag mit einer Aktiengesellschaft geschlossen, ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn alle Vorstandsmitglieder unterzeichnen oder eine Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Vorstandsmitglied auch die Vorstandsmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben (Fußnote).

Beispiel
In dem Gewerbemietvertrag zwischen der Aktiengesellschaft „XY AG“ und dem Vermieter V wird die Anmietung von Gewerberäumen für zehn Jahre vereinbart. Laut der Vertragsurkunde wird die AG durch die Vorstandsmitglieder S. G. und E. K. vertreten; unterzeichnet wird der Gewerbemietvertrag nur von E. K. und ohne weitere Anmerkung. Die „XY AG“ bezieht die Gewerberäume.

  • Hier wurde anstelle eines Gewerbemietvertrags mit 10 Jahren fester Laufzeit ein unbefristeter Gewerbemietvertrag geschlossen. Die nach § 550 BGB erforderliche Schriftform wurde nicht gewahrt, da nicht alle Vertragsparteien unterzeichnet haben. Die Vertretung war bei der alleinigen Unterschrift durch E.K. nicht ausreichend gekennzeichnet. Bei einer Aktiengesellschaft sind nach der gesetzlichen Regelung des § 78 Abs. 2 Satz 1 AktG die Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht. Deshalb ist es in diesem Fall unerlässlich, durch einen Vertreterzusatz deutlich zu machen, dass ein Vorstandsmitglied durch seine Unterschrift auch für ein weiteres Vorstandsmitglied handeln will. Da das unterzeichnende Vorstandsmitglied E.K. hier aber nicht klargestellt hat, dass es auch für das andere Vorstandsmitglied handeln will, ist die Schriftform nicht gewahrt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gewerbemietvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht - Mediator, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-75-5.


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Das Referat Mietrecht wird bei Brennecke & Partner Rechtsanwälte betreut von:

Portrait Harald-Brennecke Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Harald Brennecke berät und vertritt seit vielen Jahren bei Rechtsfragen rund um das Gewerbemietrecht. Er prüft Mietverträge, begleitet Mietverhandlungen und vertritt bei Streitigkeiten um Kündigungen von Gewerbemietverhältnissen.

 

Rechtsanwalt Harald Brennecke bearbeitet im Gewerbemietrecht folgende Themen:

 

    Erstellung und Prüfung von Gewerbemietverträgen, insbesondere in Bezug auf die Themen

    Parteispezifische Bedürfnisse

    Verlängerungsoptionen und Kündigungsmöglichkeiten

    Untermietklausel und Nachmietersuche

    Mietpreisindex

    Wirtschaftlichkeitsfaktoren (z.B. Publikumsverkehr, Kaufkraft, Branchenmix, Gemeinschaftswerbung, Konkurrenzschutz)

    Sicherheiten (Bürgschaft, Kaution, Vermieterpfandrecht)

    Wettbewerbsklauseln und vertragsimmanenter Konkurrenzschutz

    Fertigstellungsverpflichtungen, Umbaupflichten und Rückbauverpflichtungen,

    (Vorzeitige) Beendigung von Gewerbemietverhältnissen, z.B.  aufgrund von Schriftformverstößen durch mündliche Nachtragsvereinbarungen

    Aufhebungsverträge

    Mietminderung aufgrund von Mängeln der Mietsache

    Schönheitsreparaturen

    Schadensersatz bei Verletzung von Wettbewerbsschutz oder Konkurrenzverbot

    behördliche Genehmigungen, Konzessionen und Zulassungserfordernisse

 

Da Gewerbemietverträge häufig sehr langfristig ausgelegt sind, ist ihr wirtschaftlicher Umfang immens. Ein 10-jähriger Gewerbemietvertrag mit einer Monatsmiete von 2000 € hat eine Gesamtvolumen von 240.000.- €. Bei derartigen Vertragsvolumen ist die Prüfung des Vertragsentwurfs und eine rechtssichere und zukunftssichere Gestaltung des Gewerbemietvertrages für beide Seiten von existenzieller Bedeutung. Rechtsanwalt Harald Brennecke prüft und gestaltet Gewerbemietverträge auf Zeithonorarbasis, was in Anbetracht der Mietvolumina meist deutlich günstiger ist als eine Abrechnung nach RVG.

 

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:

Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de

Telefon: 0721-20396-28


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosMietrecht