Gewerbemietvertrag – Teil 02 – Formerfordernis beim Gewerbemietvertrag

3 Formerfordernis beim Gewerbemietvertrag

Grundsätzlich gilt für den Abschluss eines Gewerbemietvertrages kein besonderes Formerfordernis. Nur wenn ein Gewerberaummietverhältnis mit einer bestimmten Laufzeit geschlossen werden soll, schreibt das Gesetz für den Vertragsabschluss die Schriftform vor. Dennoch sollten Gewerbemietverträge immer schriftlich verfasst werden und die wesentlichen Vertragsbestandteile, wie den Mietgegenstand und die Mietvertragsparteien, eindeutig erkennen lassen.

3.1 Allgemeines zur Schriftform

Gewerbemietverträge unterliegen grundsätzlich keiner bestimmten Form und können daher mündlich geschlossen werden. Etwas anderes gilt nur in den Fällen, in denen eine Vertragslaufzeit über mehr als ein Jahr vereinbart werden soll oder in dem Vertrag formbedürftige Erklärungen abgegeben werden sollen. Daraus kann sich sowohl ein gesetzliches Schriftformerfordernis als auch das Erfordernis der notariellen Form ergeben.

3.2 Gesetzliche Schriftform (§ 550 BGB)

Nach §§ 578, 550 S. 1 BGB ist ein Gewerbemietvertrag, der für eine Vertragslaufzeit von mehr als einem Jahr befristet wird, schriftlich abzuschließen. Wird er das nicht, gilt der Gewerbemietvertrag als unbefristet und läuft damit für eine unbestimmte Zeit.

3.2.1 Sinn und Zweck

Der eigentliche Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses ist dabei nicht nur die Warn- und Beweisfunktion für die Parteien des Gewerbemietvertrages, sondern auch der Schutz eines späteren Immobilienerwerbers. Durch einen schriftlichen Vertrag hat dieser nämlich die Möglichkeit, sich mit den Bedingungen des Mietvertrages und den auf ihn übergehenden Verpflichtungen zu befassen, bevor er gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf Seiten des Vermieters in einen längerfristigen Gewerbemietvertrag eintritt (Weidenkaff in: Palandt. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 550 Rn. 1; Leo in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, II. Gewerberaummietverträge, Rn. 249a).

3.2.2 Umfang der Schriftform

Schriftform heißt, es muss ein schriftlicher Vertrag verfasst werden (§ 126 BGB). Nach § § 126 Abs. 2 BGB genügt ein Vertrag der gesetzlichen Schriftform, wenn eine einheitliche Vertragsurkunde von allen Vertragsparteien unterzeichnet worden ist (BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 – XII ZR 65/02).
Es ist insoweit ist nicht vorausgesetzt, dass beide Vertragsparteien gleichzeitig anwesend sein müssen. Ein Gewerbemietvertrag kann genauso zwischen Abwesenden unter Einhaltung der Schriftform rechtswirksam zustande kommen. Voraussetzung ist, dass sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§ 145 ff. BGB) in der Schriftform des § 126 BGB erklärt werden und dem anderen Vertragspartner in dieser Form zugehen nach § 130 BGB (BGH Urteile vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 324/06; vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96; vom 24. Februar 2010 – XII ZR 120/06). Solange die Vertragsbedingungen in einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde verkörpert sind, können die Vereinbarungen in ausreichender Weise bewiesen werden (BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 – XII ZR 120/06). Ob der Vertrag nämlich unter Einhaltung der gesetzlichen Schriftform wirksam zustande gekommen ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln über den Abschluss von Verträgen (§§ 145 ff., 130 BGB).
Zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB ist es allerdings grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben (zit. BGH, Urteil vom 24. Juli 2013 – XII ZR 104/12).

3.2.3 Sonderfall: Schriftliche Vertragsurkunde nach mündlichem Vertrag

Wird eine schriftliche Vertragsurkunde nachgeholt, kann das allerdings für die Erfüllung des Schriftformerfordernisses nach § 550 BGB ausreichen. Nach dem Bundesgerichtshof genügt es nämlich für die Einhaltung der Schriftform, wenn ein zunächst mündlicher oder konkludent geschlossener Mietvertrag später in einer entsprechenden schriftlichen Vertragsurkunde festgehalten wird (BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 – XII ZR 120/06). Das gleiche soll auch in dem umgekehrten Fall gelten, wenn der Mietvertrag verspätet angenommen wird. Nimmt also eine Vertragsseite das Vertragsangebot zur Gewerbemiete verspätet an und die Parteien führen den Vertrag wie vereinbart durch, genügt das dem Schriftformerfordernis. Die Vertragsbedingungen sind nämlich in der unterzeichneten Urkunde verkörpert und können damit in ausreichender Weise bewiesen werden (BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 – XII ZR 120/06).

Beispiel
Die Mieterin M und die Vermieterin V verhandeln über den Abschluss eines Mietvertrages über Gewerberäume. V unterzeichnet am 16. Januar 2017 eine Vertragsurkunde, die die Bedingungen des abzuschließenden Mietvertrages enthält und sendet sie der M zu. Nach § 4 des Vertrages soll die Mietzeit mit der Übernahme des schlüsselfertigen Mietobjekts beginnen und 15 Jahre betragen. In § 14 des Vertrages heißt es unter anderem: „Die Vertragspartei, die den Vertrag zuerst unterzeichnet, hält sich an das Vertragsangebot einen Monat ab Zugang bei der Gegenseite gebunden.“ M übersieht diesen § 14 und lässt sich mit der Gegenzeichnung des Vertrages fast zwei Monate Zeit. V stört das aber nicht und so übergibt V die Gewerberäume an M zum 01.05.2017. In dem von beiden unterzeichneten Abnahmeprotokoll ist unter anderem festgehalten, dass an diesem Tag auf der Grundlage des Mietvertrages vom 16. Januar 2017 die Übergabe der Mietsache im dort vereinbarten Zustand stattgefunden und die Mieterin ab diesem Tag die im Mietvertrag vereinbarte Miete zu zahlen hat. Bereits im Juli kündigt die V der M zum Ablauf des ersten Mietjahres. Sie erklärt, dass der Vertrag nicht rechtzeitig unterschrieben wurde und deshalb die Schriftform nicht eingehalten wurde. Der Vertrag sei daher nicht an die Laufzeit gebunden, sondern ordentlich kündbar.

  • Der Mietvertrag wurde unter Einhaltung der Schriftform geschlossen und ist daher wirksam für die Dauer von fünfzehn Jahren gültig. Beginn und Ende der Mietzeit waren im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in hinreichend bestimmbarer Weise festgelegt und ergeben sich aus der Vertragsurkunde vom 16. Januar 2017. Die Tatsache, dass die V und M jeweils bei der Unterzeichnung des Vertrages nicht beide anwesend waren, schadet ebenfalls nicht, denn sowohl der Antrag als auch die Annahme sind in der Form des § 126 BGB erklärt worden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugegangen. Zwar hat M das Angebot der V nicht formgerecht angenommen, allerdings existiert ein von beiden unterzeichneter Gewerbemietvertrag der inhaltsgleich ab der Übergabe am 01.05.2017 tatsächlich begann und durchgeführt wurde. Die Schriftform des § 550 BGB ist daher gewahrt und die V ist an die Laufzeit gebunden. Die ordentliche Kündigung ist nicht möglich.

3.2.4 Rechtsfolge bei Verstoß gegen Schriftformerfordernis

Wird das Schriftformerfordernis nicht eingehalten, hat das zwar nicht die Unwirksamkeit des Gewerbemietvertrags zur Folge, aber die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Vertrages nach § 580 a Abs. 2 BGB. Ohne Einhaltung der Schriftform gilt der Gewerbemietvertrag nämlich als unbefristet, § 550 S.1 BGB. Die Rechtsfolge ist somit, dass ein Vertrag, der eigentlich eine Laufzeit haben sollte, nun keine bestimmte Dauer hat und die ordentlichen Kündigungsvorschriften anzuwenden sind. Der Mietvertrag ist dann nach Ablauf des ersten Mietjahres mit den gesetzlichen Fristen kündbar §§ 550 S. 2, 580 a Abs. 2 BGB). Die Konsequenzen können für den gewerblichen Mieter besonders gravierend sein, da ihm dann möglicherweise nicht die Zeit bleibt, getätigte Investitionen durch den Geschäftsbetrieb wieder einzuspielen. Er wäre gezwungen, den Betrieb vorzeitig einzustellen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gewerbemietvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht - Mediator, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-75-5.


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Stand: Januar 2017


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Harald Brennecke berät und vertritt seit vielen Jahren bei Rechtsfragen rund um das Gewerbemietrecht. Er prüft Mietverträge, begleitet Mietverhandlungen und vertritt bei Streitigkeiten um Kündigungen von Gewerbemietverhältnissen.

 

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    Aufhebungsverträge

    Mietminderung aufgrund von Mängeln der Mietsache

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Da Gewerbemietverträge häufig sehr langfristig ausgelegt sind, ist ihr wirtschaftlicher Umfang immens. Ein 10-jähriger Gewerbemietvertrag mit einer Monatsmiete von 2000 € hat eine Gesamtvolumen von 240.000.- €. Bei derartigen Vertragsvolumen ist die Prüfung des Vertragsentwurfs und eine rechtssichere und zukunftssichere Gestaltung des Gewerbemietvertrages für beide Seiten von existenzieller Bedeutung. Rechtsanwalt Harald Brennecke prüft und gestaltet Gewerbemietverträge auf Zeithonorarbasis, was in Anbetracht der Mietvolumina meist deutlich günstiger ist als eine Abrechnung nach RVG.

 

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