Gesellschaftsrecht in der Insolvenz – Teil 50 – Strafbarkeit nach §283 Abs. 2 StGB


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


1.6. Sorgfaltspflichten und Beratungspflichten

1.6.1. Grundsatz: Keine Sorgfalts- und Beratungspflichten

Grundsätzlich sind Banken nicht dazu verpflichtet, den Darlehensnehmer auf die Risiken der Darlehensverwendung hinzuweisen oder dahingehend zu beraten.

Die Überprüfung der Bonität des Kunden übernimmt die Bank nur im eigenen Interesse. Das Investitionsrisiko hat sie nicht zu tragen und nicht zu prüfen. Die Bank ist nur für eine ordnungsgemäße Kreditvergabe zuständig.

Genauso wenig ist die Bank verpflichtet, den Darlehensnehmer über Zinsschwankungen aufzuklären.

Die Banken haben die Pflicht, jede Anlageberatung bei Privatanlegern zu protokollieren und den Kunden eine Ausfertigung des Protokolls auszuhändigen (§ 34 Abs. 2a und 2b WpHG). Dies soll die Beweisbarkeit des Beratungsgesprächs verstärken. Wird der Kunde telefonisch beraten so hat der Kunde gem. § 34 Abs. 2 S. 4 WpHG im Falle der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des zugesandten Protokolls ein einwöchiges Rücktrittsrecht.

Wird das Protokoll allerdings falsch, unvollständig oder gar nicht ausgefüllt, erwächst daraus noch kein Schadensersatzanspruch des Kunden. Der Kunde hat keinen Anspruch auf Anfertigung eines Beratungsprotokolls. Die Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes sind allein öffentlich rechtlicher Natur. Sie sollen keine Rechte und Pflichten zwischen den Parteien des Zivilrechts - dem Kunde und der Bank - begründen, sondern nur dem Aufsichtsrecht dienen.


1.6.2. Ausnahmefall: Beratungsvertrag oder Beratung nach Treu und Glauben

Aufklärungspflichten können dann bestehen, wenn ausdrücklichen oder stillschweigend ein Beratungsvertrag (z. B. im Rahmen eines Finanzierungsvertrages) abgeschlossenen wurde.
Ein Beratungsvertrag liegt dann vor, wenn die Bank über die bloße Stellung als Darlehensgeber hinausgeht und den Bankkunden über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten berät.

Die Praxis zeigt, dass Banken immer häufiger unabhängig von einem Beratungs- oder Auskunftsvertrag Aufklärungspflichten treffen.

Entscheidend für das Bestehen einer Aufklärungspflicht ist, ob der potenzielle Darlehensnehmer nach Treu und Glauben unter der Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicher Weise eine Aufklärung erwarten durfte. Wie weit die Aufklärungspflichten gehen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Eine Aufklärungspflicht wird von der Rechtsprechung dann angenommen, wenn

  • die Bank einen Wissensvorsprung hinsichtlich des mit dem Geschäft verbundenen Risikos hat (z.B. drohende Insolvenz des Geschäftspartners)
  • die Bank selbst an der Schaffung des Risikos mitgewirkt hat
  • die dem Kunden angeratenen Maßnahmen (z.B. Risikoverlagerung auf den Kunden) auch dem Eigeninteresse der Bank dienen und die Bank sich dadurch in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet oder
  • die Bank die Rolle als Kreditgeber überschreitet.

Eine Beratungs- bzw. eine Aufklärungspflicht ist dann zu bejahen, wenn die Bank sich in die Planung und Durchführung eines Vorhabens einschaltet und ihre Rolle als Kreditgeber dermaßen überschreitet, dass sie nach außen hin als eine Partei des zu finanzierenden Vorhabens wirkt. Nicht ausreichend für eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten ist eine langjährige Zusammenarbeit der Bank mit einer Anlagegesellschaft oder einem Vertriebsunternehmen.

Beispiel

Der Unternehmer A will ein Projekt finanzieren und nimmt dazu bei der B-Bank ein Darlehen in Höhe von 100.000 € auf. Dabei agiert die Bank nicht nur als Kreditgeber, sie übernimmt auch die Rolle und Funktionen anderer Projektbeteiligter, in dem sie A beim Einsatz und der einzelnen Schritten der Projektfinanzierung berät.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8


 

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Autor(-en):
Carola Ritterbach
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Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Ritterbach ist seit vielen Jahren im Insolvenzrecht tätig. Als Bankrechtlerin berät und verhandelt sie mit Darlehensgebern vorwiegend im Bereich der Umschuldung und Sanierung. Sie prüft Sicherheiten und Darlehensverträge von Banken und anderen Kapitalgebern auf deren Wirksamkeit und Reichweite, erstellt Sicherheitenspiegel zur Ermittlung freier Sicherheiten und begleitet Verhandlungen mit Banken für Vergleiche, Kreditverlängerungen oder Herabsetzungen von Darlehensraten. Sie prüft Darlehenskündigungen auf ihrer Wirksamkeit, Darlehensverträge auf Übersicherung sowie Ehegattendarlehen und Ehegattenbürgschaften auf Sittenwidrigkeit. Sie begutachtet Insolvenzanfechtungstatbestände und gestaltet Sicherungsverträge und Ratenzahlungsvereinbarungen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Anfechtungssicherheit.

Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat zu diesen Themen veröffentlicht:

  • „Kreditvertragsrecht“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-35-9
  • „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-45-8
  • „Bankvertragsrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-32-8
  • „Kreditsicherheiten“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-27

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Insolvenzrecht und Bankrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Sicherheiten in Bankverträgen – Gestaltung und Grenzen
  • Umschuldung als Sanierungsinstrument
  • Bankstrategien für Mittelständler – welche Bank passt und wie man ihr begegnet
  • Absicherung von Familienangehörigen gegen Unternehmerrisiken
  • Leasing in der Insolvenz


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