Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG – Teil 01 - Einführung
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
A. Einleitung/Einführung in die Problematik
Das Gesetz geht von dem als typisch angesehenen Normalfall aus, dass Personengesellschaften eine Vereinigung einer kleineren Zahl von Gesellschaftern sind, die sich persönlich kennen. Auch bei der KG wird in Anlehnung an die OHG eine Gesellschaft mit zumindest noch überschaubarer Mitgliederzahl zugrunde gelegt, bei der persönliche Kontakte auch noch mit entfernter stehenden Kapitalgebern bestehen, die ihrerseits ein erhebliches Maß von Vertrauen gegenüber den aktiv Tätigen aufbringen.1 Diese personalistische Grundverfassung der Kommanditgesellschaft basiert auf dem wechselseitigen Vertrauen der Gesellschafter zueinander, auf dem personellen Zusammenwirken im Innenverhältnis und dem gemeinsamen Handeln im Wirtschaftsleben nach außen.2
Die inhaltliche Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber den Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft in § 163 HGB eingeräumt hat, macht es jedoch in Verbindung mit dem begrenzten Haftungsrisiko des Kommanditisten möglich, diese Rechtsform für Aufgaben nutzbar zu machen, die ihr der Gesetzgeber nicht zugedacht hat.3 Eine verbreitete Erscheinungsform solcher gesetzesatypischer Gestaltungen ist die sog. Publikumsgesellschaft. Wirtschaftlich handelt es sich bei der Publikumsgesellschaft um eine Kapitalgesellschaft im Kleid einer Personengesellschaft.4 Die kapitalistische Verfassung der Kommanditgesellschaft bedeutet, dass das personelle Element der gegenseitigen Beziehungen und Bindungen der Gesellschafter untereinander und ihr gemeinsames Betreiben des Handelsgewerbes mehr und mehr in den Hintergrund treten zugunsten der Vorherrschaft des reinen Kapitals, das man gewissermaßen als Investition ansieht und verselbständigt arbeiten lässt.5
Gesellschaftsrechtlich sind solche Gebilde bedenklich, da der im Aktien – und Kapitalmarktrecht entwickelte Anlegerschutz im Personengesellschaftsrecht fehlt, dessen Funktionsprinzipien nicht auf eine Vielzahl von Gesellschaftern zugeschnitten sind.
Wegen dieser Zwitterstellung und erheblicher Missstände hat die Rechtsprechung in rascher Folge ein Sonderrecht der Publikumsgesellschaft herausgebildet.6
Geschlossene Fonds, seien es Immobilien, Windkraft- oder Medienfonds, sind vielfach als sog. Publikums-Personen-Gesellschaften ausgestaltet. Das bedeutet, dassdie Anleger anders als bei einer „normalen“ Geldanlage nicht nur als Geldgeber vertraglich in Erscheinung treten, sondern echter Gesellschafter werden, also eine Stellung als Beteiligter an einer BGB-Gesellschaft, einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Kommanditgesellschaft (KG) erhalten. Meistens sind geschlossene Fonds als KG oder BGB-Gesellschaft aufgelegt, sehr häufig noch unter Einschaltung eines Treuhänders, der dann die formellen Handelsregister- oder Grundbucheinträge auf sich nimmt. Das heißt aber auch, dass in einem solchen Fall die einzelnen Gesellschafter nicht im Handelsregister genannt sind. Die Stellung als Gesellschafter ist nötig, um die Steuervorteile aus den Anfangsverlusten der Fonds zu realisieren.
Eine Vielzahl dieser Gesellschaften schließen den einzelnen Gesellschafter zwar von der Geschäftsführung aus (in der KG ist dies der gesetzliche Normalfall), so dass die Anleger zwar das Verlustrisiko haben (vielfach steuerlich ja gerade erwünscht), aber in die aktuelle Geschäftspolitik nicht eingreifen können. Dies ist unbedenklich, da jedes Wirtschaftsunternehmen Führung braucht und die Gesellschafter für die Führung der Tagesgeschäfte vielfach nicht qualifiziert sind.
Um die Gesellschafter nun in die Lage zu versetzen, bei „ihrer“ Gesellschaft mitbestimmen zu können, sollen die Anleger auf Gesellschafterversammlungen Beschlüsse über das vergangene Geschäftsjahr und weitere elementare Dinge fassen können, beispielsweise über die Stilllegung des Betriebes oder die Neuwahl der Geschäftsführung etc.
Zugleich erstattet die Geschäftsführung Bericht über vergangene Tätigkeit. Die Geschäftsführung beruft diese Versammlungen ein, sofern nicht ein schriftliches Verfahren vorgesehen ist.
Dennoch kommt es vor, dass eine Geschäftsführung schon seit Jahren keine Versammlung einberufen hat oder sonstige Probleme auftreten, die von der Geschäftsführung nach Ansicht der Anleger nicht entschieden genug angegangen werden. Dann steht der einzelne Anleger zunächst vor dem Problem, dass er alleine nichts bewirken kann, aber auch keine Gesellschafterversammlung einberufen kann oder anderweitig die Interessen der Anleger koordiniert werden können. Denn es fehlt bei anonymen Publikumsgesellschaften vor allem an einem: den Adressen der Mitgesellschafter. Die Gesellschaft selbst wird diese mit Bedacht nicht herausgeben.
Dieses Buch widmet sich der Frage, welche Möglichkeiten den Anlegern und Gesellschaftern einer Publikumskommanditgesellschaft in diesen Fällen zustehen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“ von Harald Brennecke Fachanwalt für Insolvenzrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-28-1
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Stand: April 2014
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