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Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 08 - Selbstlosigkeit II


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.5.4 Mittelverwendung

§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO schreibt vor, dass Mittel, die der Körperschaft zur Verfügung stehen, ausschließlich für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu verwenden sind.

Durch die Mittelverwendung wird vonseiten des Gesetzgebers sichergestellt, dass eine ausschließliche Verwendung zu satzungsmäßigen Zwecken zu erfolgen hat (BFH vom 1.7.2009, BFH/NV 2009, 1837).

Wird gegen das Gebot der Mittelverwendung von einer steuerbegünstigten Zwecke dienenden Körperschaft verstoßen, führt diese Tatsache zur Aberkennung der Steuerbegünstigung.

Danach sind sämtliche Steuervorteile, die einer steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft gewährt werden können, nicht mehr in Betracht zu ziehen. Diesem Gebot der Vorschrift ist daher größte Aufmerksamkeit zu widmen.

Zu beachten sind die weiteren Regelungen der Vorschrift:

  • In § 55 Abs.1 Nr. 1 und 3 AO ist festgelegt, welche Form der Mittelverwendung durch die steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft unzulässig ist und
  • in § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AO werden die Grundsätze der Vermögensbindung (Fälle der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft, den Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke, des Ausscheidens von Mitgliedern) geregelt.

Darüber hinaus ist die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO ausdrücklich vorgeschrieben.

Mittel im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO sind sämtliche Vermögenswerte, die sich im Eigentum und in der Verfügungsmacht der steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft befinden und der Erfüllung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke dienen (BFH vom 23.10.1991, BStBl. 1992 II, S. 62).

Beispiel
Der Vorstand eines gemeinnützigen Sportvereins erstattet den Vereinsmitgliedern nach einem Beschluss Aufwendungen für Fahrten mit dem eigenen Pkw mit 0,30 EUR pro Kilometer. Zum Nachweis legen die Mitglieder dem Verein Aufstellungen vor, in denen die einzelnen Fahrten nach Datum, Anlass, Ziel und Fahrtstrecke aufgeschlüsselt sind.
Da dem Verein nachweislich die erforderlichen Mittel zum Aufwendungsersatz fehlen, zahlen die betroffenen Mitglieder jeweils Beträge, die den von ihnen errechneten Aufwendungen entsprechen, bei der Stadt als Spenden zugunsten des Vereins ein. Unmittelbar nach Eingang dieser Beträge beim Verein zahlt dieser entsprechende Beträge als Erstattungen von Fahrtkosten an die Mitglieder aus.

  • Ein Verein darf aus seinen Mitteln im angemessenen Umfang Aufwendungen ersetzen, die einem Mitglied bei Fahrten mit dem eigenen Pkw zur Erfüllung des Satzungszwecks entstanden sind.
  • Voraussetzung ist, dass der Aufwand nachgewiesen ist, dem Mitglied ein Ersatzanspruch gegen den Verein zusteht und der Ersatz der Höhe nach angemessen ist.
  • Der Verein hat somit nicht gegen das Mittelverwendungsgebot verstoßen (vgl. BFH vom 3.12.1996 I R 67/95, BStBl. II 1997, 474).

3.5.5 Schädliche Mittelverwendung

Weiterhin fordert § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO unter anderem, dass die Mittel möglichst effektiv und nachhaltig für die Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt werden (BFH vom 23.2.1999, DStRE 1999, S. 623).

Dieser Grundsatz der Selbstlosigkeit ist von den steuerbegünstigten Körperschaften in allen Tätigkeitsbereichen zu beachten (BFH vom 28.10.2004, BFH/NV 2005, S. 160).

Nach einer Entscheidung des BFH (vom 18.12.2002, BFH/NV 2003, S. 1025) darf eine steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft jedoch ebenfalls mittelbare Verwaltungsausgaben tätigen (z.B. Mittelverwendung zur Einwerbung von Zuwendungen/Spenden, Zuschüssen).

Allerdings sind Ausgaben, die von steuerbegünstigten Körperschaften getätigt werden, auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Dies gilt beispielsweise bei Gehaltszahlungen an Geschäftsführer oder bei Aufwendungen, die für die Mitglieder- oder für die Zuwendungs-/Spenden-Werbung getätigt werden.

Beispiel
Die steuerbegünstige Körperschaft A wirbt in Strande (nahe Kiel) auf Plakaten mit der Werbung, dass sie mittellosen Menschen gerne in die Zukunft verhilft. Dabei ist jedoch eine zwingende Mitgliedschaft erforderlich. Die Kosten dieser Werbung sind angemessen und bedürfen keiner weiteren Prüfung.

  • Nach dem BFH sind solche mittelbaren Verwaltungsausgaben in der Regel grundsätzlich zulässig.
  • Diese Kosten kann die steuerbegünstigte Körperschaft tätigen, ohne ihren gemeinnützigen Status zu verlieren.

3.5.6 Verluste in steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben

Darüber hinaus verbietet § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, dass Mittel für satzungsfremde Zwecke eingesetzt werden.

Überdies dürfen Mittel, die den steuerbegünstigten Körperschaften zur Verfügung stehen ebenso wie das entsprechende Vermögen grundsätzlich nicht zum Ausgleich von Verlusten in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit partieller (teilweiser) Steuerpflicht verwendet werden (BFH vom 1.7.2009; BFH/NV 2009, S. 1837).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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