Logo Brennecke & FASP Group

Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 05 - Zwecke III


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.3 Mildtätige Zwecke § 53 AO

Die mildtätigen Zwecke, als dritte Tatbestandsvoraussetzung der Gemeinnützigkeit, sind in § 53 AO geregelt.

3.3.1 Allgemeines

Die steuerliche Förderung mildtätiger Zwecke im Rahmen der Steuervergünstigungen des Gemeinnützigkeitsrechts regelt der Gesetzgeber in § 53 AO hinsichtlich der materiell-rechtlichen Grundlagen.

Bei Vorliegen einer Steuerbegünstigung wegen der Förderung mildtätiger Zwecke sind die Zuwendungen insgesamt steuerbegünstigt beim Leistenden abzugsfähig.

Zuwendungen sind Spenden und Mitgliedsbeiträge zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke.

In der Regel sind lediglich Spenden, nicht jedoch die Mitgliedsbeiträge abzugsfähig, § 10 b Abs. 1 EStG.

Mildtätiges Handeln zielt darauf ab, Personen, die sich in einer Notlage befinden, mit der Intention zu helfen oder zu unterstützen, die eingetretene Notlage zu beseitigen oder zu lindern.

Die selbstlose Unterstützung Bedürftiger betrachtet der Gesetzgeber als grundsätzliche Voraussetzung zur Förderung mildtätiger Zwecke.

Selbstlosigkeit richtet sich insoweit nach § 55 AO und umfasst nicht nur eigenwirtschaftliches Handeln, sondern geht darüber hinaus, indem die Rechtsprechung Selbstlosigkeit als opferwilliges Handeln unter Verzicht auf eigenen Nutzen definiert.

Dabei differenziert der Gesetzgeber bei vorliegender Selbstlosigkeit dem Grunde nach zweierlei Arten mildtätigen Handelns:

  • Die Unterstützung von Menschen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Maßgebendes Kriterium für die Unterstützung sind folglich die tatsächlichen Verhältnisse (Handicap, Alter, Jugend etc.) der zu unterstützenden Personen (§ 53 Nr. 1 AO).
  • Die Unterstützung von Menschen aufgrund wirtschaftlicher Notsituationen (§ 53 Nr. 2 AO).

Beispiel
Das Altenwohnheim A in Karlsruhe bietet seinen Bewohnern einen ausgewogenen Nachmittags-, Erholungs- und im Anschluss einen Mahlzeitendienst an.

  • Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege dienen mit ihren Einrichtungen regelmäßig mildtätigen Zwecken, sodass die angebotenen Dienste unter diesen Zweck fallen (BFH BStBl. II 2011, 398).

3.3.2 Körperliche Hilfsbedürftigkeit

Zum Personenkreis der körperlichen Hilfsbedürftigkeit gehören Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a Abs. 1 SGB XII sind.

§ 61a Abs. 1 SGB XII definiert die Pflegebedürftigkeit wie folgt:

"Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Pflegebedürftige Personen im Sinne des Satzes 1 können körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen."

Personen, die infolge von Krankheit oder Behinderung so hilflos sind, dass sie nicht ohne Pflege bleiben können, gehören hierzu.

Hilflos in diesem Sinne ist eine Person, wenn sie die Verrichtungen des täglichen Lebens nicht oder nur unter großen Anstrengungen ausführen kann, die mit großen, nicht zumutbaren Beschwerden verbunden sind. Ist die Person zur Ausführung zwar körperlich in der Lage, hindern sie jedoch geistige oder seelische Regelschwierigkeiten, so dass sie die täglichen Verrichtungen aufgrund der Antriebsschwäche nur unter Anleitung durchführen kann, liegt ebenfalls Hilflosigkeit vor.

Dauerhafte oder für längere Zeit bestehende Hilfsbedürftigkeit ist nicht notwendig.

Leistungen wie

  • Essen auf Rädern,
  • Gestellung von Pflegekräften bei vorübergehender Krankheit,
  • Fahrdienste für Kranke und Behinderte,
  • Begleitung hilfsbedürftiger Personen bei Einkäufen oder Behördengängen

sind mildtätiges Wirken im Sinne des § 53 AO.

Hierzu gehört ebenfalls die Unterstützung Hilfsbedürftiger wegen seelischer Probleme durch Telefonseelsorge beziehungsweise andere Formen seelsorgerischer Betreuung sowie der Opferschutz des Weißen Rings e.V.

Praktische Bedeutung hat die Hilflosigkeit insbesondere bei Gebrechlichkeit aufgrund hohen Alters oder aufgrund der Jugend (insbesondere bei Kleinkindern).

Ohne weitere Nachprüfung kann bei Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, Hilfsbedürftigkeit angenommen werden.

Jedoch stellt allein die Organisation der Freizeitgestaltung alleinstehender Menschen noch keinen gemeinnützigen Zweck dar. Denn lediglich wenn ein besonders schutzwürdiger Personenkreis angesprochen wird (Kranke, Behinderte, Jugendliche), kommt die Begünstigung in Betracht.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Das Referat wird bei Brennecke Rechtsanwälte betreut von:

Normen: § 53 AO

Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosSteuerrecht