Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 03 - Zwecke I
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.2 Kirchliche Zwecke § 54 AO
Die kirchlichen Zwecke sind weitestgehend in § 54 AO geregelt.
3.2.1 Allgemeines
Die selbstlose Förderung einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Religionsgemeinschaft ist als Förderung kirchlicher Zwecke nach § 54 AO steuerbegünstigt.
Unter dem weitläufigen Begriff der kirchlichen Zwecke versteht der Gesetzgeber die Unterhaltung der Gottes- und sonstigen Gemeindehäuser über die Ausbildung bis zur Verwaltung des Kirchenvermögens.
Bei Vorliegen einer Steuerbegünstigung wegen der Förderung kirchlicher Zwecke sind die Zuwendungen insgesamt steuerbegünstigt und beim Leistenden abzugsfähig.
Zuwendungen sind Spenden und Mitgliedsbeiträge zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke, § 10 b Abs. 1 Satz 8 EStG.
3.2.2 Kirchliche Zwecke
Wesentliche Bedeutung hat die Befreiungsnorm des § 54 AO folglich für Körperschaften, die mit ihrer Tätigkeit eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft im In- oder Ausland fördern.
Dies kann durch
- Stiftungen,
- Dombauvereine,
- von kirchlichen Behörden verwaltete Stiftungen,
- Priesterseminare,
- Konvikte oder
- die in der letzten Zeit aufgrund der Finanzknappheit der Kirchen vielfach gegründeten Fördervereine der örtlichen Pfarreien
erfolgen.
Kirchliche Orden, Genossenschaften, Kongregationen und andere Gemeinschaften verfolgen religiöse, kirchliche, mildtätige oder gemeinnützige Zwecke und damit in der Regel mehrere begünstigte Zwecke zugleich.
Neben der
- Errichtung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern,
- der Abhaltung von Gottesdiensten,
- der Ausbildung von Geistlichen,
- der Erteilung von Religionsunterricht,
- der Beerdigung und
- Pflege des Andenkens der Toten
gehört nach § 54 Abs. 2 AO die Verwaltung des Kirchenvermögens ebenfalls zu den begünstigten kirchlichen Zwecken.
Nach Auffassung des BFH (Fußnote) muss die Verwaltung des Kirchenvermögens als solches nicht nach gemeinnützigen oder mildtätigen Kriterien erfolgen. Allerdings liegt Kirchenvermögen nur dann vor, wenn es im rechtlichen Eigentum einer Kirche steht oder ihr steuerrechtlich zuzurechnen ist.
Eine Kapitalgesellschaft, deren Zweck darin besteht, das im Eigentum der Kirche stehende Vermögen zu verwalten, verfolgt demnach kirchliche Zwecke. Die Übertragung des Vermögens auf die Kapitalgesellschaft führt jedoch zum Verlust des Status als Kirchenvermögen.
Kirchliche Zwecke im Sinne des § 54 AO liegen ebenfalls in der Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, der Alters- und Behindertenversorgung für diesen Personenkreis und der Versorgung ihrer Witwen und Waisen.
Beispiel
Der Kölner Dombauverein schickt seine Priester auf ein dreitägiges Seminar, um die Ausbildung der Geistlichen zu fördern.
- Die Ausbildung von Geistlichen in Priesterseminaren ist bereits seit dem Reichsfinanzhof als kirchlicher Zwecke anerkannt (Fußnote). Daher ist die Förderung der Geistlichen durch ein Seminar als gemeinnütziger Zweck anzusehen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2019