Freistellung im Arbeitsrecht – Teil 08 – Beschäftigungsverbote

4.1.4 Arten von Beschäftigungsverboten

Bei den Beschäftigungsverboten nach dem MuSchG wird zwischen sogenannten individuellen und generellen Beschäftigungsverboten unterschieden.

Ein individuelles Beschäftigungsverbot bezieht sich vor allem auf den Einzelfall nach § 3 MuSchG. Wann es ausgesprochen wird, entscheidet der Arzt. Das Beschäftigungsverbot kann individuell ausgestellt werden, wenn der Arzt ein Risiko sowohl für die werdende Mutter als auch für das Kind vermutet. Ist die Arbeitnehmerin Köchin und besteht aktuell kein explizites Risiko im Küchenbereich, kann als Vorsichtsmaßnahme ein individuelles Beschäftigungsverbot vom Arzt erlassen werden, da bei der werdenden Mutter Übelkeit, bei alleinigem Betreten der Küche, hervorgerufen wird. Liegt solch ein Fall vor, sollte über eine andere Arbeitsplatzzuweisung nachgedacht werden, da ein individuelles Beschäftigungsverbot, innerhalb der Küche besteht. Durch ein individuelles Beschäftigungsverbot muss die werdende Mutter von ihrer Tätigkeit bis zur Geburt oder zumindest für einen festgelegten Zeitraum freigestellt werden. Das Beschäftigungsverbot kann auch nur für eine bestimmte Stundenzahl oder bestimmte Tätigkeiten gelten.

Bei dem generellen Beschäftigungsverbot handelt es sich nicht um gesundheitliche Probleme, durch die eine Schwangere die Tätigkeit nicht ausüben kann, sondern um Bestimmungen, die in § 11 Mutterschutzgesetz (MuSchG) verankert sind. Besteht ein generelles Beschäftigungsverbot, muss die werdende Mutter dieses auch einhalten. Während dieses Beschäftigungsverbotes ist nicht möglich, der Arbeit nachzugehen.

Hinweis:

    • Seit dem 01. Januar 2018 sieht § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG vor, dass auch der Arbeitgeber die Möglichkeit bzw. Pflicht hat, ein betriebliches Beschäftigungsverbot auszusprechen. Dies sollte als ultima ratio, also als letztes Mittel gewählt werden, sofern die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz nicht in Betracht kommen kann.

4.1.5 Anspruch auf Erholungsurlaub

Nach § 24 Satz 1 MuSchG führen die Ausfallzeiten während des Mutterschutzes als Beschäftigungszeiten, weshalb sich hieraus weiterhin Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub ergeben (Fußnote). Das bedeutet, dass währen der Mutterschutzfrist in diesen Monaten keine anteilige Kürzung des Jahresurlaubsanspruches erfolgen kann. Auch, wenn die anschließende Elternzeit nicht vom 1. eines Monats an zu laufen beginnt, erfolgt ebenso keine Kürzung des Urlaubsanspruchs für den entsprechenden ersten und letzten Monat der Elternzeit.

4.2 Betreuung erkrankter Kinder, § 45 SGB V

Eine spontane Erkrankung des eigenen Kindes führt oft zur Erforderlichkeit, dass der Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben muss, da nur selten eine kurzfristige Betreuung zu organisieren ist. Dieser Umstand stellt die vorrübergehende Arbeitsverhinderung nach § 616 BGB dar. Aber gerade in dem Fall, wenn laut Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung § 616 BGB ausgeschlossen ist, gibt es durch § 45 SGB V die Möglichkeit, diesen Anspruch dennoch wahrnehmen zu können. Voraussetzungen hierfür sind:

    • Keine Vollendung des 12. Lebensjahres
    • Bescheinigung des behandelnden Arztes über die Notwendigkeit der Betreuung.

Nach § 45 Abs. 2, 5 SGB V kann sich der Arbeitnehmer im Rahmen seiner gesetzlichen Krankenversicherung bis zu 10 Kalendertage freistellen lassen. Die Vergütungspflicht des Arbeitgebers entfällt in diesem Falle. Es tritt stattdessen die gesetzliche Krankenkasse durch Zahlung des Kinderkrankengeldes ein. Allerdings gibt es hierfür folgende Voraussetzungen:

    • Kind ist bei den Eltern gesetzlich mitversichert,
    • Kind lebt im Haushalt der Eltern/des Elternteils, und

Nichtvollendung des 12. Lebensjahres oder Vorliegen einer Behinderung.

4.3 Pflege naher Angehöriger, §§ 2,3 PflZG

4.3.1 § 2 Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Wenn ein naher Angehöriger akut pflegebedürftig wird, ist es dem Arbeitnehmer nach den §2 PflZG gestattet, kurzfristig bis zu zehn Tag der Arbeit fern zu bleiben, um die benötigte Pflege zu organisieren oder sicher stellen zu können. Hierbei müssen die 10 Tage nicht am Stück, sondern können auch über mehrere Wochen anteilig wahrgenommen werden. Ebenso ist es möglich, dass sich nahe Verwandte untereinander diese 10 Tage aufteilen können. Akut in diesem Zusammenhang bedeutet, dass die Pflegesituation plötzlich, also unerwartet und unvermittelt aufgetreten sein muss (Fußnote). Nur dann besteht ein Anspruch der Berufstätigen, ihre Tätigkeit sofort – ohne Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber – fernzubleiben.

Neben der Dringlichkeit der kurzfristigen Pflege, muss der Arbeitnehmer auch seiner Anzeige-, ggf. auch Nachweispflicht über die Pflegebedürftigkeit nachkommen.

Anspruch auf bezahlte Freistellung durch den Arbeitgeber hat der Arbeitnehmer aber nur dann, wenn diese ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist. Wenn dies nicht vorliegt, kann der Arbeitnehmer seit dem 01.01.2015 unterstützendes Pflegegeld (ca. 90% des Nettoentgelts) bei der zuständigen Pflegekasse beantragen.

4.3.2 § 3 PflegeZG

Des Weiteren kann der Arbeitnehmer auch eine vollständige oder teilweise Freistellung für die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung für maximal 6 Monate beanspruchen. Auch die Pflege von schwerkranken Angehörigen/Sterbebegleitung, mit einer Maximaldauer von 3 Monaten, ist in diesem Rahmen möglich. Für den Anspruch nach § 3 PflegeZG müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

    • im Unternehmen müssen regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten angestellt sein,
    • Anzeige der Pflegezeit mindestens 10 Arbeitstage vorab, und
    • Schriftliche Ankündigung und Erklärung, hinsichtlich Umfang und Zeitraum der Freistellung.

Der Lohnausfall kann durch ein Darlehen vom Staat während der Pflegezeit abgefedert werden. Nach Inanspruchnahme der Pflegezeit hat der Arbeitnehmer wieder den Anspruch seiner Vollzeittätigkeit nachzugehen.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Die gesetzlichen Freistellungsansprüche im Arbeitsrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-019-9.


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

  • Aufhebungsverträge
  • Abwicklungsverträge
  • Kündigungen
  • Kündigungsschutzansprüche
  • Abfindungen
  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Tantiemenvereinbarungen

und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
  • Arbeitszeitmodelle: Arbeitszeitkonten, Gleitzeit, (Alters-)Teilzeit, Schichtmodelle, Jobsharing
  • Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
  • Minijobs rechtssicher gestalten

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