Freigabe des Geschäftsbetriebs in der Insolvenz: Teil 1 Möglichkeit der Freigabe
Die selbständige Tätigkeit von Insolvenzschuldnern im laufenden Insolvenzverfahren und in der nachfolgenden Wohlverhaltensphase bildet für den Insolvenzverwalter regelmäßig ein Problem, das nur in enger Zusammenarbeit mit dem Schuldner gelöst werden kann.
Das (Regel)Insolvenzverfahren für Selbständige zerfällt genauso wie das Verbraucherinsolvenzverfahren in die beiden Teile: Insolvenzverfahren und nachfolgende Wohlverhaltensphase. Im Insolvenzverfahren geht die Verfügungsbefugnis über sämtliche zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögensgegenstände auf den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder über. Vermögensgegenstände werden normalerweise entweder frei verkauft oder im Rahmen einer Auktion veräußert. Nachdem das vollständige Vermögen verwertet wurde, wird der Erlös auf die Gläubiger verteilt und der Schuldner in die sogenannte Wohlverhaltensphase entlassen. Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters und kehrt zum Insolvenzschuldner zurück.
Ein Problem kann entstehen, wenn der Geschäftsbetrieb des Selbständigen zu diesen Vermögensgegenständen gehört. Handelt es sich um einen sanierbaren Betrieb, wird der Insolvenzverwalter ihn unter eigener Direktion – möglicherweise mit dem Insolvenzschuldner als Geschäftsführer – fortführen oder veräußern sofern dies sich als unmöglich erweist, wird der Geschäftsbetrieb eingestellt, die Mitarbeiter entlassen und das Firmenvermögen veräußert.
Schwierig wird es, wenn es sich bei dem Geschäft des Schuldners um einen Kleinstbetrieb handelt, mit dem dieser seinen Lebensunterhalt bestreitet, etwa als selbständiger Handwerker, Fotograf oder als Taxifahrer. In diesem Fall steht der Insolvenzverwalter vor dem Problem, dass er bei Einstellung des Geschäftsbetriebs dem Schuldner – der aufgrund der Selbständigkeit auch kein Arbeitslosengeld I erhalten wird – die Lebensgrundlage entzieht.
Bei Fortführung des Geschäftsbetriebs ergeben sich jedoch für den Verwalter selbst entweder eine Arbeitsaufwand, der in keinem Verhältnis zu seiner Vergütung steht oder – bei „Geschäftsführung“ durch den Schuldner Haftungsrisiken für Neuverbindlichkeiten aus der Geschäftstätigkeit, die der Verwalter nicht überwachen kann. Der Insolvenzverwalter müsste eigentlich bei jedem einzelnen Einkauf des Insolvenzschuldners zunächst um Zustimmung gefragt werden und hernach die Zahlung von seinem Treuhandkonto veranlassen und später die Forderungen gegen die Kunden des Insolvenzschuldners einziehen. Dies kann der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Vergütung bei Verfahren dieser Größenordnung nicht leisten.
Im laufenden Insolvenzverfahren kann der Verwalter den Geschäftsbetrieb wie jeden anderen Vermögensgegenstand aus der Insolvenzmasse freigeben, wenn er davon ausgehen muß, dass die dadurch entstehenden Kosten die Einkünfte für die Masse übersteigen werden. Gerade bei Kleinstbetrieben, die nur vom Schuldner selbst geführt werden und dessen Lebensunterhalt bilden, wird dieses Mittel in der Praxis häufiger angewandt.
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Stand: Dezember 2025
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