Erbrecht für Unternehmer - Teil 25 - Maßnahmen nach dem Tod

7. Maßnahmen nach dem Tod

Nach dem Tod kann der Erbe selbst entscheiden, wie er mit dem Erbe verfahren möchte, sofern er sich dabei in den gesetzlichen sowie den vom Erblasser aufgestellten Regelungen bewegt.

7.1. Grundlagen

Ist eine Person Erbe oder Teil einer Erbengemeinschaft geworden, müssen grundlegende Aspekte beachtet werden.

7.1.1. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft

Da eine Erbschaft, insb. durch die Schulden, mehr Nach- als Vorteile bringen kann und niemandem gegen seinen Willen Vermögen und Schulden aufgedrängt werden können, hat der Erbe die Möglichkeit sein Erbe auszuschlagen. Unter Einhaltung einer gewissen Frist und Form kann er damit den Anfall des Nachlasses rückwirkend wieder beseitigen, §§ 1942 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB.(Fußnote)

Die Ausschlagung muss vor einem Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen, § 1945 BGB. Sie kann erst nach Eintritt des Erbfalls und muss sodann in der Regel innerhalb von sechs Wochen erklärt werden, § 1944 Abs. 1 BGB. Dabei ist zu beachten, dass grundsätzlich nur die ganze Erbschaft ausgeschlagen werden kann, vgl. § 1950 BGB.Sofern der Erbe Kinder hat, ist zu beachten, dass diese auf die Erbausschlagung folgend Erbe werden können. Sofern der Nachlass verschuldet ist, sollten auch diese die Erbschaft ausschlagen. Es gilt die oben genannte sechswöchige Frist ab Kenntniserlangung vom Erbanfall. Abzugrenzen ist die Ausschlagung von dem Erbverzicht. Dieser ist eine vor Eintritt des Erbfalls getroffene vertragliche Regelung, mit dem Inhalt, auf ein Erbrecht zu verzichten.(Fußnote)

Die Annahme der Erbschaft hingegen geschieht ohne ein Tätigwerden des Erben. Mit dem Erbfall entsteht zunächst ein Schwebezustand, jedenfalls bis die sechswöchige Ausschlagungsfrist abgelaufen ist. Diesen Schwebezustand kann der Erbe frühzeitig beenden, indem er das Erbe annimmt.

Unterliegt der Erbe bei der Ausschlagung oder der Annahme Willensmängeln, kann der Erbe seine Erklärung anfechten und sich damit wieder von ihr lösen, wenn er innerhalb der Anfechtungsfrist von (ebenfalls) sechs Wochen ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes sowie der notwendigen Form der §§ 1955, 1954, 129 BGB - wonach die Anfechtungsschrift unterschrieben und die Unterschrift notariell beglaubigt sein muss - die Anfechtung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt. Ein Willensmangel liegt vor, wenn das Vorgestellte nicht der Wirklichkeit entspricht. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn der Nachlass überschuldet und nicht wie eigentlich angenommen werthaltig ist.

Beispiel

Erblasser E hinterlässt zwei Kinder. Er hinterlässt drei Häuser. Die Kinder nehmen das Erbe an, weil sie denken, dass die Häuser werthaltig sind.

    • Stellt sich später heraus, dass aufgrund von Hypotheken die Häuser verschuldet sind, können die Kinder die Annahme der Erbschaft anfechten. Jedoch ist nur möglich, wenn sie innerhalb von sechs Wochen nach Kenntniserlangung von der Verschuldung anfechten.

7.1.2. Mehrheit von Erben

In der Regel existiert nicht nur ein Erbe, sondern gleich mehrere Erben. Bei mehreren Erben entsteht zwischen den Erben eine Miterbengemeinschaft. Das Vermögen des Erblassers geht als Ganzes auf diese Miterbengemeinschaft über. Eine Miterbengemeinschaft ist eine Gesamthandsgemeinschaft. Das heißt, jeder Erbe hat nur einen Anteil an dem gesamten Nachlass und nicht an jedem einzelnen Nachlassgegenstand. Der Miterbe kann über seinen Anteil am ganzen Nachlass verfügen, nicht aber über einzelne Nachlassgegenstände, vgl. § 2033 Abs.1 S.1 BGB. Die Miterben verwalten den Nachlass grundsätzlich gemeinsam, § 2038 Abs.1 BGB.3

Beispiel

Erblasser E hinterlässt drei Kinder. Sein Nachlass hat einen Wert von 900.000 €. Teil des Erbes ist ein Grundstück mit einem alten Haus im Wert von 280.000 €. Der Garten ist heruntergekommen, Kind 2 und 3 würden ihn gerne herrichten lassen. Kind 1 möchte damit nichts zu tun haben.

    • Jedem Kind steht ein Anteil am Nachlass in gleicher Höhe zu; vorliegend im Wert von 300.000 €.
    • Kind 1 kann nicht über 1/3 des Grundstücks verfügen.
    • Die Erben können grundsätzlich nur gemeinsam Entscheidungen betreffend die Nachlassgegenstände treffen.
    • Kind 1 könnte nur seinen Anteil als Ganzes veräußern, also 1/3 am Nachlass.

7.2. Schutz des Erben

Das Gesetz sieht unterschiedliche Regelungen vor, um den Erben zu schützen, z.B.

  • den Erbschein,
  • ein Ersetzungsrecht,
  • die Testamentsvollstreckung oder
  • die Nachlasspflegschaft

7.2.1. Erbschein

Der Erbschein ist ein Zeugnis über die rechtlichen Verhältnisse. Er wird auf Antrag der Erben von dem Nachlassgericht ausgestellt. Inhaltlich weist er die Erben aus, den Umfang des Erbrechts sowie eine etwaige Anordnung einer Nacherbschaft oder einer Testamentsvollstreckung.

Die Ausstellung ist wichtig für eine Teilnahme am Rechtsverkehr. Die Erben müssen häufig ihre Nachfolge in das Vermögen des Erblassers beweisen.(Fußnote)

Nach neuer Rechtsprechung können die Kreditinstitute nicht mehr auf einen Erbschein bestehen, selbst wenn nur ein privatschriftliches Testament nebst Eröffnungsprotokoll vorgelegt werden kann.(Fußnote)

Die Kosten für den Erbschein richten sich nach der Höhe des Nachlasses. Wobei die Kosten nicht linear zur Höhe des Nachlasses steigen.

7.2.2. Ersetzungsgrundsatz

Damit die Erbschaft möglichst ungeschmälert den Berechtigten erreicht, sieht das Gesetz teilweise eine Ersetzung vor. Zum Nachlass gehört somit auch, was mit Mitteln des Nachlasses erworben worden ist. Zweck dieser Ersetzung ist, dass der Wert des Nachlasses unabhängig von den einzelnen Bestandteilen erhalten bleibt. Damit gehört zum Nachlass, was mit Nachlassmitteln erworben wurde, §§ 2019 Abs.1, 2111 BGB. Diese Regelung gilt sowohl für Vorerben als auch zwischen dem Erben und dem Erbschaftsbesitzer sowie dem Testamentsvollstrecker. Erbschaftsbesitzer ist der, der aufgrund eines vermeintlichen, ihm tatsächlich aber nicht zustehenden Erbrechts, einen Teil der Erbschaft erlangt hat.(Fußnote)

Beispiel

Erblasser E hinterlässt einen Sohn S und eine Tochter T; weitere Verwandte existieren nicht. Der Nachlass des E hat einen Wert in Höhe von 600.000 €, wovon 220.000 € Barvermögen sind. Sein Sohn kauft nach dem Erbfall von diesem Geld ein Grundstück. Später findet sich ein Testament, in dem E seinen Sohn von der Erbfolge ausschließt.

    • Damit ist S nur pflichtteilsberechtigt. Da der Pflichtteilsanspruch die Hälfte des gesetzliches Erbteils umfasst, hat S hat einen Anspruch gegen T auf 1/4 der Erbschaft. Dies wären 150.000 €. Verlangt T von S nun die Herausgabe der 220.000 €, kann S nicht einwenden, er hätte das Geld nicht mehr. Anstelle des Geldes muss S das Grundstück herausgeben.

7.2.3. Testamentsvollstreckung

Der Erblasser kann, damit die in seiner letztwilligen Verfügung getroffenen Regelungen ausgeführt werden, einen Testamentsvollstrecker einsetzen. Der Erblasser kann ebenso verfügen, dass ein vom Erblasser benannter Dritter einen Testamentsvollstrecker bestimmen soll.

Der Testamentsvollstrecker muss nach dem Todesfall dem Nachlassgericht erklären, dass er das Amt als Testamentsvollstrecker annimmt. Es besteht keinerlei Verpflichtung hierzu.

Das Testamentsvollstreckerzeugnis, § 2368 BGB, ist ein amtliches Zeugnis darüber, wer zum Testamentsvollstrecker berufen ist. Die Befugnisse sind gesetzlich geregelt; sofern von ihnen abgewichen wird, müssen die Abweichungen in dem Zeugnis angegeben werden. (Fußnote)

Zu beachten ist, dass dem Testamentsvollstrecker, sofern Anteile einer Personengesellschaft vererbt wurden, sämtliche Zugriffsmöglichkeiten auf den Anteil des Erblassers verwehrt sind. Der Erbe tritt in den Anteil des Erblassers ein; mit sämtlichen Vor- und Nachteilen. Da der Erbe dann als Gesellschafter unbeschränkt haftet, muss er die unternehmerischen Entscheidungen selbstständig treffen. (Fußnote)

7.2.4. Nachlasspflege

Eine Nachlasspflegschaft wird durch das Nachlassgericht angeordnet, wenn bis zur Annahme der Erbschaft ein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass besteht. Die Nachlasspflegschaft kann auch nach § 1961 BGB auf Antrag erfolgen, wenn die Bestellung des Nachlasspflegers dem Zweck der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs dient. Antragsberechtigt ist der Gläubiger des Anspruchs, der geltend gemacht werden soll. Der Nachlasspfleger hat neben der Erbenermittlung die Aufgaben, den Nachlass zu sichern.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
  • Der überschuldete Nachlass: Nachlassinsolvenz, Dürftigkeitseinrede oder Ausschlagung ?
  • Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten
  • Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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