Erbrecht für Unternehmer - Teil 08 - Erbvertrag

4.2.2 Erbvertrag

Der Erbvertrag stellt neben dem Testament eine Verfügung von Todes wegen dar, mit dem der Erblasser Regelungen über sein Vermögen treffen kann, um von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Der Erbvertrag ist ein Vertrag von Todes wegen, er hat eine Doppelnatur:

  • Auf der einen Seite ist er ein Vertrag und
  • auf der anderen Seite eine Verfügung von Todes wegen.(Fußnote)

Einen Erbvertrag können, in Abgrenzung zu einem gemeinschaftlichen Testament, auch nicht miteinander verheiratete Personen oder eingetragene Lebenspartner schließen. Der Erblasser kann in seinem Erbvertrag sowohl den Vertragspartner als auch einen Dritten bedenken.

Beispiel
Der Sohn eines Unternehmers ist nur bereit, Stellenangebote abzulehnen und im familiären Betrieb zu arbeiten, wenn er gewährleistet bekommt, dass das Unternehmen später an ihn fällt.(Fußnote)

  • Diese Gewährleistung kann der Vater dem Sohn erbringen, indem er mit ihm einen Erbvertrag schließt.

4.2.2.1 Abschluss

Zum Abschluss eines Erbvertrag ist erforderlich, dass der Erblasser grundsätzlich unbeschränkt geschäftsfähig ist, § 2275 Abs.1 BGB, also das 18. Lebensjahr vollendet hat. Bei Erbverträgen zwischen Eheleuten reicht hingegen die beschränkte Geschäftsfähigkeit.
Eine Stellvertretung auf Seiten des Erblassers ist ausgeschlossen, bei dem anderen Vertragspartner ist eine Stellvertretung hingegen möglich. Notwendig ist, dass der Vertrag vor einem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen wird, § 2276 Abs.1 BGB.
Empfehlenswert ist, bei dem Erbvertrag eine Verschließung und amtliche Verwahrung durchzuführen, dies ist aber keine Gültigkeitsvoraussetzung.(Fußnote)

4.2.2.2 Bindungswirkung

Aus der Besonderheit der vertraglichen Natur des Erbvertrages ergibt sich eine Einschränkung der Testierfreiheit. Der Erblasser ist nach Abschluss des Erbvertrages grundsätzlich an seine Verfügungen von Todes wegen gebunden. Er kann keine späteren Verfügungen von Todes wegen treffen, die das Recht des Vertragspartners, welches in dem Erbvertrag festgelegte wurde, beeinträchtigen.(Fußnote)

Beispiel
Erblasser E schließt mit seinem Sohn S einen Erbvertrag, mit dem Inhalt, dass sein Unternehmen an S fällt. Drei Jahre nach Abschluss des Erbvertrages setzt E ein Testament auf, indem er seinem Geschäftspartner G sein Unternehmen vermacht.

  • Das Testament des E als spätere Verfügung würde die Rechte des S beeinträchtigen. Deshalb ist es unwirksam.

Die Bindungswirkung des Erbvertrages gilt auch für frühere letztwillige Verfügungen, sofern sie den im Erbvertrag Bedachten beeinträchtigen würden.(Fußnote) Hat der Erblasser also vor Abschluss des Erbvertrages ein Testament aufgesetzt, das Regelungen betrifft, die Teil des Erbvertrages sind, dann wird das frühere Testament durch den Erbvertrag aufgehoben.

Es gibt Möglichkeiten, diese Bindungswirkung zu beseitigen, durch

  • einen Aufhebungsvertrag,
  • ein vereinbartes oder gesetzliches Rücktrittsrecht: Der Erblasser kann sich in dem Erbvertrag das Recht zum Rücktritt vorbehalten haben. Gesetzliche Rücktrittsrechte sind die Verfehlung oder Aufhebung der Gegenverpflichtung des Bedachten oder
  • Anfechtung des Erblassers, wenn ein ausreichender Anfechtungsgrund (Fußnote) vorliegt.

Der Erbvertrag führt nicht zu einer Beschränkung der Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Der Erblasser, der einen Erbvertrag geschlossen hat, kann trotzdem noch sein Vermögen verkaufen, verschenken etc. Der in dem Erbvertrag Bedachte hat nur unter strengen Voraussetzungen Schutz.(Fußnote) Verschenkt der Erblasser sein Vermögen mit der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, kann dieser nach dem Erbfall die Herausgabe dieser Schenkungen von dem Beschenkten verlangen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
  • Der überschuldete Nachlass: Nachlassinsolvenz, Dürftigkeitseinrede oder Ausschlagung ?
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  • Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung

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