Erbrecht für Unternehmer - Teil 01 - Einführung

1 Einleitung

Ein Erbfall stellt immer eine tragische Situation, besonders für die Angehörigen dar. Nach der ersten Trauerphase gilt es sich mit dem Erbe des Erblassers auseinanderzusetzen. Ist dies bereits im "Normalfall" nicht immer einfach, so wird die Situation um ein vielfaches komplexer, unübersichtlicher und für den Laien kaum zu handhaben, wenn zum Nachlass ein Unternehmen zählt.
Daher bietet es sich für den Unternehmer an, wenn er für den Fall seines eigenen Ablebens vorgesorgt hat und dadurch für seine Erben, für das Unternehmen, aber auch für seine im Unternehmen Angestellten Klarheit verschafft. Hierzu existiert eine Vielzahl an rechtlichen Möglichkeiten, um den verschiedenen Interessen gerecht zu werden. Dabei stellt das Gesetz einige Vorschriften auf, welche zwingend zu beachten sind. Auf der anderen Seite räumt es dem Erblasser aber auch umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten seiner Nachfolge ein.

2 Erbrechtliche Grundlagen

Mit dem Tod eines Menschen endet dessen Rechtsfähigkeit und damit seine Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. An die Stelle des Verstorbenen tritt bzw. treten sein/e Erbe/n, § 1922 Abs.1 BGB.(Fußnote) Das gesamte Vermögen des Erblassers geht im Moment des Todes auf den oder die Erben über.

2.1 Erbe

Erben sind die Personen, auf die das Vermögen des Erblassers im Moment des Erbfalles, d.h. im Zeitpunkt des Todes, übergeht.

Erbe kann werden, wen der Erblasser in einer besonderen Willenserklärung, der sogenannten Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag), dazu bestimmt hat. In dem Fall wird von einer gewillkürten Erbfolge gesprochen. Hat der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen errichtet, bestimmt sich die Erbfolge nach dem Gesetz, sog. gesetzliche Erbfolge. Bestimmt die Verfügung von Todes wegen nur teilweise die Erbfolge, kommt die gesetzliche Erbfolge neben der gewillkürten zur Anwendung.(Fußnote)

2.2 Erbfähigkeit

Ein Mensch ist erbfähig, wenn er rechtsfähig ist, § 1923 Abs.1 BGB. Rechtsfähig sind grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Rechten und Pflichten sein können. Da Tiere keine Träger von Rechten und Pflichten sein können, können sie nicht erben.(Fußnote) Eine GmbH ist rechtsfähig, vgl. § 13 Abs.1 GmbHG und kann damit als juristische Person Erbe sein. Die Rechtsfähigkeit beginnt gem. § 1 BGB mit Vollendung der Geburt und endet mit dem Hirntod. Nach § 1923 Abs.2 BGB gilt der bereits erzeugte, aber noch nicht geborene Mensch als vor dem Erbfall geboren, sofern das Kind einmal die Rechtsfähigkeit erlangt - also später geboren wird.(Fußnote)

2.3 Erbfall

Der Erbfall tritt mit dem Tod des Erblassers ein. In diesem Zeitpunkt geht das gesamte Vermögen des Erblassers auf den Erben über, § 1922 Abs.1 BGB. Für diesen Übergang ist kein Handeln des Erben notwendig, vielmehr findet ein sogenannter automatischer Vonselbsterwerb statt. Der Erwerb findet unabhängig davon statt, ob der Erbe von dem Erbfall Kenntnis hat, § 1942 Abs.1 BGB. Handeln muss der Erbe nur, wenn er die Erbschaft ausschlagen möchte.

Es besteht keine Verpflichtung des Staates, die Erben über ihre Erbenstellung zu informieren.

Beispiel
Erblasser E hinterlässt nur seinen Sohn S, mit dem er schon seit längerem keinen Kontakt hat. Ein Testament hat E nicht erstellt. E schuldet dem Unternehmen U noch 5.000 € aus einem Vertrag den er vor seinem Todesfall geschlossen hat. 10 Wochen nach dem Todesfall, tritt das U an S mit einer Zahlungsaufforderung heran. S hatte keine Kenntnis von dem Todesfall und hat deshalb das Erbe nicht ausgeschlagen.

  • S ist Erbe von E geworden, da er das Erbe bisher nicht ausgeschlagen hat. Dass S keine Kenntnis von seiner Erbenstellung kraft gesetzlicher Erbfolge hat, spielt keine Rolle. S kann das Erbe innerhalb von sechs Wochen nach Kenntniserlangung von dem Erbfall noch ausschlagen; da S erst mit dem Schreiben von U Kenntnis von dem Todesfall erlangt hat, ist die Frist noch nicht abgelaufen.

2.4 Erbschaftsumfang

Mit dem Erbfall geht das gesamte Vermögen

  • Mobilien
  • Immobilien
  • Forderungen
  • Verbindlichkeiten
  • Rechte
  • Pflichten

des Erblassers auf die Erben über. Zu dem Vermögen zählen sowohl die Aktiva als auch die Passiva, §§ 1922 Abs.1, 1967 Abs.1 BGB. Damit sind nicht nur geldwerte Güter gemeint, vielmehr können auch nicht vermögenswerte Rechte vererbt werden.(Fußnote) Schuldrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen gehen ebenso auf die Erben über, wie Immaterialgüterrechte und gewerbliche Schutzrechte.(Fußnote)

Beispiel
Erblasser E hat einen Gegenstand erfunden, den er sich patentieren lässt. Er hinterlässt bei seinem Tod nur seinen Sohn S.

  • Ein Patent ist ein gewerbliches Schutzrecht, das auf die Erben übergeht, § 15 PatG. Vorliegend erbt S das gesamte Vermögen des E, d.h. auch das Patent und die damit zusammenhängenden Rechte.

Das Erbe geht als Ganzes auf den Erben über, sog. Gesamtrechtsnachfolge. Das gilt auch, wenn mehrere Personen erben. Sämtliche Erben erben dann als Miterben. Der einzelne Erbe erwirbt nicht einzelne Nachlassgegenstände, sondern einen Anteil an dem Gesamtnachlass.

Beispiel
Erblasser E hat drei Kinder. Seine Frau ist vorverstorben. Er hinterlässt unter anderem ein Haus, einen Oldtimer und ein Grundstück.

  • Alle drei Kinder erben je 1/3 an dem Oldtimer, dem Haus und dem Grundstück. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn alle drei Gegenstände den gleichen Wert aufweisen würden. Wie die Erben die Gegenstände dann untereinander verteilen, ist ihnen überlassen.

Bei mehreren Erben haften alle Erben als Gesamtschuldner gegenüber den Gläubigern des Erblassers, § 2058 BGB.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrech für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
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  • Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung

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