Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis – Teil 26 – Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden

4.3.7 Nr. 7 – Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden

Nr. 7 erklärt jede AGB-Klausel mit einem Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden für unwirksam.


4.3.7.1 Verbot des Haftungsausschlusses bei Verletzung der körperlichen Unversehrtheit

Gänzlich unzulässig ist es die Haftung für vorsätzliche Verletzung der körperlichen Unversehrtheit auszuschließen. Vorsatz liegt vor, wenn dem Verletzer bewusst ist, dass eine Schädigung durch eigenes Verhalten eintritt und dies von ihm gewollt ist. Grob fahrlässig handelt, wer den Schadenseintritt nicht will, gleichwohl die allgemein übliche Sorgfalt zur Schadensverhinderung aufs Gröbste missachtet.
Für sonstige Schäden ist der Haftungsausschluss für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit ebenfalls unwirksam.


4.3.7.2 Formen der verbotenen Haftungsausschlüsse

Nicht ausgeschlossen werden kann die Haftung für den Erfüllungsgehilfen (§ 278 I BGB). Erfüllungsgehilfe ist jeder, der vom Leistungserbringer herangezogen wird, um seine eigene Leistung durch diesen erbringen lassen. Hierzu zählen unter anderem die Beschäftigten eines Arbeitgebers. Erfüllungsgehilfe ist ferner jeder zusätzliche Gehilfe eines Erfüllungsgehilfen, den letzterer hierzu heranzieht. Der Leistungserbringer muss jedoch grundsätzlich damit einverstanden sein, dass sich sein Erfüllungsgehilfe weiterer Erfüllungsgehilfen bedient. Die jeweilige Identität der weiteren Gehilfen des Erfüllungsgehilfen muss dem Leistungserbringer nicht bekannt sein. Dennoch haftet er für Schäden aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit dieser Gehilfen des Erfüllungsgehilfen.
Ebenso unwirksam ist es die Haftung zeitlich zu beschränken, indem zum Beispiel die Verjährungsfristen verkürzt werden (Fußnote). Bei Verbrauchergeschäften zählen hierzu alle Klauseln, die allein den Anschein des Haftungsausschlusses entstehen lassen.
Dies gilt auch bei der Aufzählung von Gründen für die Haftung. Werden zum Beispiel die Haftungsfälle aufgezählt, für die gehaftet wird und erweckt die Aufzählung den Eindruck der Vollständigkeit, so kann beim Verbraucher der Eindruck entstehen, dass er außerhalb dieser Haftungsfälle keine Rechte besitzt. Folglich ist diese Klausel dazu geeignet, den Verbraucher über den Haftungsumfang zu täuschen. Ist dies der Fall, ist die Klausel der AGB unwirksam.
Gleichfalls unwirksam sind Klauseln, die die Haftung selbst nicht beschränken, doch an weitere, nicht dem Gesetz entstammende Voraussetzungen knüpfen. Dies liegt beispielsweise vor, wenn der Verwender seine Haftung davon abhängig macht, dass der Vertragspartner zuvor erfolglos versucht hat, einen Dritten (zum Beispiel Subunternehmer) in Anspruch zu nehmen.


4.3.7.3 Wirksamer Haftungsausschluss

Nicht von Nr. 7 betroffen und somit nach § 309 Nr. 7 BGB wirksam, ist der Ausschluss der Haftung für Fahrlässigkeit außerhalb der Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit. Jedoch können diese Klauseln der AGB nach § 307 BGB unwirksam sein. Zur Beurteilung der Zulässigkeit des Haftungsausschlusses werden die Versicherbarkeit des Schadens und der Preis des Vertragsgegenstandes herangezogen.
Bei Verbrauchergeschäften spielt der Preis eine untergeordnete Rolle, da der Verbraucher aus einem niedrigen Preis nicht automatisch schließt, dass dieser auf einem Haftungsausschluss beruht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Versicherbarkeit. Müsste der Verwender ein bestimmtes Risiko selbst tragen, das er per AGB auf seinen Vertragspartner abwälzen will und hat dieser Vertragspartner bereits von Berufswegen eine entsprechende Versicherung, die darauf gerichtet ist, solche Schäden abzudecken, so wäre der Haftungsausschluss des Verwenders verbunden mit der Haftungsübernahme durch den Vertragspartner gültig (Fußnote).Allgemeiner Grundsatz ist, dass die Haftung für Verletzungen vertraglicher Hauptpflichten nicht
ausgeschlossen werden kann, die für Nebenpflichten hingegen schon.
Ein Haftungsausschluss von außerhalb des Lebens, Körpers und der Gesundheit liegender Rechtsgüter ist darüber hinaus nicht möglich, wenn der Verwender besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat. Hat der Vertragspartner nur aufgrund der Vertrauensstellung den Vertrag so abgeschlossen, beispielsweise weil der Verwender durch sein Auftreten als besonders fachkundig erschien, so kann er damit Haftungsausschlüsse, die auf den besonderen Pflichten aus dieser Vertrauensstellung beruhen, nicht vereinbaren. Beispielsweise tritt der Verwender als erfahrener Spediteur auf, der besonders im Bereich der Spezialtransporte Erfahrung zu besitzen scheint, so kann er per AGB nicht die Haftung für solche Fälle ausschließen.
Ein Haftungsausschluss ist dann nicht möglich, wenn der Verwender gesetzlich für derartige Fälle eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben muss.


4.3.7.4 Unternehmerischer Verkehr

Nr. 7 besitzt Indizwirkung. Jeder Unternehmer, der keine juristische Person ist, wird durch das Verbot eines Haftungsausschlusses für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit geschützt.Unternehmer können für einfache Erfüllungsgehilfen (einfache Arbeiten mit geringer Verantwortung) die Haftung ausschließen, sofern die Pflichtverletzung eine nicht wesentliche Vertragspflicht betrifft.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ von Michael Kaiser,
auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt, und Sebastian Galle, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-36-6.


 

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Stand: Dezember 2014


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Michael Kaiser entwirft, prüft und überarbeitet seit vielen Jahren Allgemeine Geschäftsbedingungen für mittelständische Unternehmen.
Er bearbeitet klassische AGB wie Fernabsatzvereinbarungen, Widerrufsbelehrungen, Einkaufsbedingungen, Bestellbedingungen, Lieferbedingungen oder Datenschutzvereinbarungen. Daneben prüft er die AGB-Rechts-Konformität von Verträgen, die zu mehrfacher Benutzung bestimmt sind und damit bereits AGB darstellen, wie z.B. Rahmenverträge, Kooperationsverträge, Mietverträge oder Kaufverträge.

Michael Kaiser hat im AGB-Recht veröffentlicht:

  • Einführung ins Recht der AGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis, 2014, Michael Kaiser und Sebastian Galle, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

  • AGB-Recht – eine Einführung in das Recht der AGB; Anwendung und Fallen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • AGB und ihre Anwendung – Mitarbeiterschulung; Fallen in der Praxis
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen im Onlinehandel und Fernabsatz
  • Widerrufsbedingungen im Fernabsatz: Gestaltung und Anwendung
  • Haftungsbegrenzung in AGB: Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen

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