Einführung ins Erbrecht Teil 5: Der Alleinerbe – 2. Aus der Erbenstellung resultierende Rechte

1. Das Auskunftsrecht von Erbe und Alleinerbe

Ein Erbe, der nicht im regelmäßigen Kontakt mit dem Erblasser stand, wird Schwierigkeiten haben, sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen. Daher steht ihm gegen Personen, die zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, § 2028 BGB, ein Auskunftsrecht zu. Als auskunftspflichtige Personen kommen nicht nur Miterben und Familienangehörige, eheliche Lebenspartner, Haus- und Pflegepersonal, Untermieter sondern jeder in Betracht, der nach seinen räumlichen und persönlichen Beziehungen zum Erblasser Gelegenheit hatte auf den Nachlass einzuwirken.
Die Auskunftspflicht von Erbe und Alleinerbe umfasst nicht den Wert des Nachlasses. Es kann nicht verlangt werden, dass die auskunftspflichtige Person genaue Kenntnisse über den aktuellen Wert des Nachlasses hat. Zweifelt der Erbe an der Richtigkeit der Aussage, kann er die Aussage auch unter Versicherung an Eides statt verlangen.

2. Das Auskunfts- und Herausgaberecht gegenüber dem Erbschaftsbesitzer

Die Pflicht zur Auskunft über den Umfang des Nachlasses und des Verbleibs verschiedener Gegenstände aus dem Nachlass trifft gem. § 2027 BGB den Erbschaftsbesitzer. Erbschaftsbesitzer ist eine Person, die nicht Erbe ist, aber aus dem Nachlass etwas erlangt hat (§ 2018 BGB). Dies können Personen sein, die aufgrund eines unwirksamen Testaments glaubten, Erbe zu sein. Dies können aber auch Personen sein, die vom vermeintlichen Erben Nachlassgegenstände kauften. Der Erbe / Alleinerbe hate gegenüber dem Erbschaftsbesitzer ein Auskunftsrecht. Außerdem kann er gem. § 2018 BGB die Herausgabe des Nachlasses verlangen, notfalls muss er auf Herausgabe der Gegenstände klagen.
Wenn der Erbschaftsbesitzer Geld aus dem Nachlass zu eigenen Zwecken verwendet hat, ist er verpflichtet dem Erben den Geldbetrag zu erstatten oder falls für das Geld etwas gekauft wurde, ist das Erworbene an den Erben herauszugeben. Warf die Erbschaft Gewinn ab, so steht dem Erben selbstverständlich auch der Gewinn zu.

Beispiel:
Frau Schuster ist der Meinung, dass sie Erbin des verstorbenen Herrn Hoffmann ist. Tatsächlich hat Herr Hoffmann kurz vor seinem Tode ein neues Testament aufgesetzt, in dem er seine Tochter zu seiner Alleinerbin einsetzte. Frau Schuster verwaltet derzeit das Mietshaus des Erblassers und zieht auch die Mieten ein. Da Frau Schuster nicht Erbin des Erblassers geworden ist, hat sie die Verwaltung des Mietshauses komplett an die Erbin zu übergeben und die einbehaltenen Mieten an sie zu überweisen.

3. Die Erbenstellung in gerichtlichen Verfahren

War der Erblasser vor seinem Tode Kläger oder Beklagter eines gerichtlichen Verfahrens, tritt der Erbe nicht automatisch an die Stelle des Erblassers. Er kann entscheiden, ob er das Verfahren fortsetzen oder beenden will.

Praxistipp:
Vor der Entscheidung, ob das Gerichtsverfahren beendet oder fortgeführt werden soll, ist dem Erben zu raten, den Prozess auszusetzen und sich rechtlich beraten zu lassen.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Isabell Hartung, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-17-5.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: August 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
  • Der überschuldete Nachlass: Nachlassinsolvenz, Dürftigkeitseinrede oder Ausschlagung ?
  • Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten
  • Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung

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