Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 22 – Ausschluss des Zugewinnausgleichs unter Lebenden, unbenannte Zuwendungen
5.2.3.4 Ausschluss des Zugewinnausgleichs unter Lebenden
Wie in den vorherigen Kapiteln bereits erwähnt, kann der Zugewinnausgleich auch für bestimmte Fälle ausgeschlossen werden: Also etwa für den Fall der Scheidung oder sonstigen Beendigung der Ehe außer der Beendigung durch den Tod eines Ehegatten. Man nennt diesen Ausschluss auch den „Ausschluss des Zugewinnausgleichs unter Lebenden“. Vorteil einer solchen Regelung ist, dass der gesetzliche Zugewinnausgleich beim Tod eines Ehegatten (zur Erinnerung: „Erbrechtliche Lösung“) zum Greifen kommt und der Überlebende an allen Vermögenswerten partizipiert, also auch am Betriebsvermögen. Bei einer sonstigen Beendigung (allen voran natürlich bei einer Scheidung) dagegen greift der Unternehmensschutz und verhindert einen Zugriff am Unternehmen durch den nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten.
Ein anschauliches Beispiel für einen Ausschluss des Zugewinnausgleichs unter Lebenden lautet wie folgt:
Wird der Güterstand der (zukünftigen) Ehegatten durch den Tod eines (künftigen) Ehegatten beendet, so verbleibt es beim Zugewinnausgleich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften.
Wird die Ehe jedoch auf andere Art beendet, so findet kein Zugewinnausgleich statt. Insofern verzichten die Ehegatten auf einen Zugewinnausgleich und nehmen den Verzicht gegenseitig an.
5.2.3.5 Unbenannte Zuwendungen
Es kommt – gerade in einer begüterten Ehe - nicht selten vor, dass sogenannte „unbenannte“ oder auch „ehebedingte“ Zuwendungen getätigt werden.
Voraussetzung für eine unbenannte oder ehebedingte Zuwendung ist, dass Vermögenssubstanz übertragen wird (Scholz/Kleffmann/Motzer, Uecker, Praxishandbuch Familienrecht, Teil C, II, Rn. 4).
Die ehebedingte Zuwendung ist jedoch keine Schenkung im schuldrechtlichen Sinne (§§ 516 ff. BGB), weil sie gerade nicht aus reiner Uneigennützigkeit oder Freigiebigkeit erfolgt, wie es bei einer Schenkung, z. B. zu einem besonderen Anlass wie dem Hochzeitstag, üblich ist. Sie erfolgt zur Erhaltung oder Sicherung der Ehe. Die ehebedingte Zuwendung verfolgt also einen Zweck, nämlich einen Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu leisten. Bei einer Schenkung entfällt diese Zweckbindung.
Daher kann eine ehebedingte Zuwendung auch nicht zurückgefordert werden wie eine Schenkung (beispielsweise wegen einer schweren Verfehlung des Beschenkten, vgl. § 528 und § 530 BGB). Auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kann in den allermeisten Fällen nicht vorgebracht werden (hierzu später mehr).
Eine ehebedingte Zuwendung ist somit in den Zugewinn einzustellen!
Als Beispiel für die ehebedingte Zuwendung im Zugewinn sollte man sich folgende praxishäufige Konstellation vor Augen führen:
Der Unternehmerehegatte bringt ein Hausgrundstück mit in die Ehe (es ist mithin Anfangsvermögen). Er überträgt dem nicht unternehmerisch beteiligten und vermögenslosen Ehegatten das Miteigentum an dem Hausgrundstück (Miteigentumsanteil: ½). Der Wert des Hausgrundstücks beträgt 800.000,- €. Der nicht unternehmerisch beteiligte Ehegatte wendet sich einem anderen Menschen zu und trennt sich vom Unternehmerehegatten.
Die Zuwendung des Miteigentumsanteil eines Hausgrundstücks ist praktisch sehr häufig vorzufinden und im Hinblick auf die Befreiung von der Schenkungssteuer auch sinnvoll (Zur Erinnerung: Die ehebedingte Zuwendung ist keine Schenkung nach Maßgabe der Regeln über die Schenkung!).
EXKURS: § 13 ErbStG
§ 13 Absatz 1, Nr. 4a ErbStG regelt: Steuerfrei bleiben Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstück im Sinne des § 181 Absatz 1 Nr. 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes verschafft, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Familienheim), oder den anderen Ehegatten von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder der Herstellung des Familienheims freistellt. Entsprechendes gilt, wenn ein Ehegatte nachträglich Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand für ein Familienheim trägt, das im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten oder im Eigentum des anderen Ehegatten steht.
Doch: Das Problem in diesen Fällen ist, dass der Miteigentumsanteil bei „Verfehlungen“ des die Zuwendung empfangenden Ehegatten gerade nicht zurückgefordert werden kann. Es handelt sich nicht um ein Geschenk nach Maßgabe der §§ 516 ff. BGB. Es wird keine Rückübertragung des Miteigentumsanteils am Hausgrundstück geben, auch nicht im Falle eines Ehebruchs o. ä.!
Im Scheidungsverfahren bleibt zwar möglicherweise das Unternehmen außen vor, da es per Ehevertrag gegenständlich aus dem Zugewinn genommen werden kann. Das Hausgrundstück wird aber in den Zugewinn eingestellt. Nach der unter 2.2.3. dargestellten Berechnung erhält der Unternehmerehegatte einen Zugewinnausgleich in Höhe von nur 200.000,- € (da es keinen „negativen“ Zugewinn gibt, werden seine Verluste nicht eingestellt, sondern sein Zugewinn schlichtweg mit „0“ gerechnet).
Grundsätzlich verliert der die Zuwendung machende Ehegatte mindestens die Hälfte des Wertes seiner Zuwendung.
Zudem kann der andere Ehegatte, also der nicht unternehmerisch beteiligte, als Miteigentümer sogar die Teilungsversteigerung des Hausgrundstücks beantragen. Denn auch auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kann sich der zuwendende Ehegatte zumindest im gesetzlichen Güterstand nicht berufen: Der BGH hat mehrfach betont, dass bei ehebedingten Zuwendungen ein Rücktritt nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im gesetzlichen Güterstand (und somit dem Vorhandensein von Zugewinnausgleichsansprüchen) nur in extremen Ausnahmefällen möglich sein soll. Nur, wenn nach dem Zugewinnausgleich eine solch extreme Ungerechtigkeit der Vermögensverhältnisse gegeben ist, dass es für den Zuwendenden unzumutbar ist, dies hinzunehmen, kann er einen Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend machen. Fakt ist, dass es kaum Fallgestaltungen gibt, in denen der Wegfall der Geschäftsgrundlage angewendet werden kann.
Daraus folgt, dass die ehebedingte Zuwendung unbedingt ehevertraglich geregelt werden muss:
Hierzu wurde die sogenannte „Scheidungsklausel“ entwickelt (bereits 1986 durch Langenfeld: Langenfeld, Gerrit, Zur Rückabwicklung von Ehegattenzuwendungen im gesetzlichen Güterstand, in NJW 1986, 2541, 2543). Sie soll eine Rückforderungsmöglichkeit dem zuwendenden Ehegatten für ehebedingte Zuwendungen im Scheidungsfall geben.
Folgendes Beispiel für eine Rückforderungsklausel verdeutlicht dies:
Der Ehegatte 1, der heute dem Ehegatten 2 das hälftige Miteigentum am Hausgrundstück (Bezeichnung des Hausgrundstücks) überlassen hat, hat das Recht, im Falle der Scheidung der Ehe die Rückforderung des heute überlassenen Miteigentumsanteils verlangen zu können.
Zu denken ist bei der Vereinbarung der Scheidungsklausel immer auch an das Grundbuch: Die Absicherung der Scheidungsklausel im Grundbuch durch die Eintragung einer Vormerkung verhindert die Vereitelung des Rückforderungsrechts durch die Veräußerung an einen gutgläubigen Dritten.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.
Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017