Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 20 – Modifizierung der Zugewinngemeinschaft

5.2.3 Modifizierung der Zugewinngemeinschaft

Die Modifizierung des gesetzlichen Güterstandes ist allerdings in einer Vielzahl von Fallgestaltungen die richtige Wahl für die Unternehmerehe. Denn grundsätzlich möchten sich die meisten Eheleute gerade nicht über sämtliche Scheidungsfolgen hinwegsetzen: Diese sind als Rechtsfolgen des Scheiterns einer Ehe auf den Schutz der Ehegatten, besonders des (wirtschaftlich) schwächeren Ehegattens ausgelegt, und zu Recht schließen die meisten Ehegatten die Ehe unter der Prämisse, dass dies rechtliche Folgen haben soll, und zwar auch bei einer nicht gewollten, dennoch aber bedachten Scheidung.

Dass der Unternehmerehegatte allerdings sein Unternehmen vor Ehe- und Ehescheidungsfolgen schützen will und muss, ist ebenso selbstverständlich, und es gibt diverse Möglichkeiten, dies im Rahmen des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts mit einer ehevertraglichen Vereinbarung über gewisse Änderungen bei der Zugewinngemeinschaft zu handhaben.

Die wichtigsten davon werden im Folgenden dargestellt:

5.2.3.1 Herausnahme des Betriebsvermögens

Das Betriebsvermögen kann – unter Beibehaltung der Zugewinngemeinschaft und insbesondere des Ausgleichs des Zugewinns an privatem Vermögen – aus dem Zugewinn herausgenommen werden, man nennt dies auch den „Vertragstyp der gegenständlichen Herausnahme von Betriebsvermögen“. Vorteil dieses Vertragstyps ist, dass die Fairness gewahrt bleibt und ein Interessenausgleich beider Ehegatten stattfindet. Denn auf Seiten des Unternehmerehegatten wird das Unternehmen geschützt, indem es bei einer etwaigen Scheidung keine Rolle spielt, und seitens des nicht am Unternehmen beteiligen Ehegatten ist die Partizipation am Zugewinn des Privatvermögens durch die Beibehaltung der Zugewinngemeinschaft und ihrer Folgen bei Beendigung der Ehe gegeben.
Daher ist ein solcher Ehevertrag auch sehr sicher, was die Inhaltskontrolle anbelangt: Auch der BGH hat dies mehrfach betont, u. a. in seiner wegweisenden Entscheidung vom 26.03.1997 (BGH NJW 1997, 2239, folgend: 2241):

Für die Herausnahme des Betriebs aus den Scheidungsfolgen des gesetzlichen Güterstandes hat er entschieden, dass „der mangels anderweitiger ehevertraglicher Regelung und damit “subsidiär” vorgesehene gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ohne weiteres als sachrichtiger Güterstand für die überwiegende Zahl der Ehen anzusehen ist, in denen sich der Vermögenserwerb – wie im Regelfall bei abhängig Erwerbstätigen und Inhabern kleinerer Betriebe – typischerweise innerhalb der Dimension der familiären Lebensgemeinschaft vollzieht. Von diesem Ehetyp kann sich die Realität allerdings weit entfernen, wenn die Vermögensmehrung – etwa bei Unternehmern oder Inhabern erheblichen Vermögens – in Bereichen erzielt wird, welche diese Dimension weit überschreiten. Hier erscheint indes fraglich, ob der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in unveränderter Form geeignet ist, auch in diesen Fällen, auf die er letztlich nicht zugeschnitten ist, stets einen sachgerechten Ausgleich zu gewährleisten. Von einer “Denaturierung” des Güterstandes kann daher nicht gesprochen werden, wenn die Ehegatten mit Rücksicht auf außergewöhnliche Verhältnisse Änderungen vereinbaren, die diesen Verhältnissen Rechnung tragen, sich im Übrigen aber noch am gesetzlichen Modell orientieren.“

Eine vertragliche Regelung kann daher wie folgt aussehen (Beispiel für eine Regelung zur gegenständlichen Herausnahme von Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich):

Es sollten zunächst – wie bei jedem Ehevertrag – die Verhältnisse beschrieben werden (genaue Beschreibung des Unternehmens/Betriebs/Praxis) und die geplante oder bereits verwirklichte Lebensgestaltung der Ehegatten respektive Verlobten.
Hinsichtlich des Güterrechts wird dann klargestellt, dass es beim gesetzlichen Güterstand bleibt, jedoch das Unternehmen des Unternehmerehegatten mit allen betrieblich genutzten Gegenständen einschließlich sämtlicher Verbindlichkeiten in Zusammenhang mit dem Betrieb aus dem Zugewinnausgleich gegenständlich herausgenommen werden soll.

Es kann auch geregelt werden kann, für welchen Zugewinnausgleichsanspruch die Herausnahme von Betriebsvermögen gelten soll (zur Erinnerung: Es gibt eine güterrechtliche Lösung und eine erbrechtliche!): So kann man die Herausnahme des Betriebsvermögens auf den Zugewinnausgleich bei Beendigung der Ehe aus anderen Gründen als den Tod eines Ehegatten beschränken, so dass der Betrieb sehr wohl in den Zugewinn bei Tod eines Ehegatten fließen kann.
Ferner sollte man regeln, dass auch die den Betrieb und die betrieblich genutzten Gegenstände betreffenden Verbindlichkeiten im Zugewinnausgleich keine Berücksichtigung finden sollen.
Bedacht werden sollten auch Änderungen bei der Rechtsform eines Unternehmens: Es sollte klargestellt werden, dass auch diese (also das Unternehmen nebst betrieblich genutzten Gegenständen in der neuen Rechtsform) vom Zugewinn ausgenommen sind.
Betreffend die Gewinne, die entnommen werden (und damit zum Privatvermögen werden und dem Zugewinnausgleich unterliegen), ist differenziert festzulegen, dass sie dann, wenn sie beispielsweise wieder als Einlagen in den Betrieb zurückfließen, nicht zum Zugewinn gehören sollen. Man sollte natürlich erwähnen, dass es sich bei den vom Zugewinn ausgenommenen Einlagen um solche handelt, die betriebswirtschaftlich notwendig oder geboten sind. All jene Erträge eines Unternehmens, die den Rücklagen zugeführt werden, und Gesellschafterdarlehen, die den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung entsprechen, können/sollten ebenso behandelt werden.
Häufig wird dann ebenfalls geregelt, dass der Erlös aus der Veräußerung eines Unternehmens dem Zugewinnausgleich wiederum unterliegen soll. Denn mit dem Verkauf des Betriebs hat sich der Schutzzweck einer Herausnahme des Betriebs aus dem Zugewinn schlussendlich erledigt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
<außergerichtlich und erfolgreich Regelungen zu Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, vermögensrechtliche und zugewinnrechtliche Angelegenheiten durch einen umfassenden Ehevertrag treffen. Ein langwieriges und kostspieliges Ehescheidungsverfahren kann vermieden werden. Bei
Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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