Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 12 – Ehegattenunterhalt Fortsetzung 3

Die nacheheliche Solidarität besteht natürlich auf beiden Seiten, so dass auch der unterhaltsberechtigte Ehegatte in der Pflicht ist (aber auch das Recht hat), sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, soweit dies erforderlich ist, um erstmals eine angemessene Erwerbstätigkeit zu erlangen. An dieser Stelle soll also kurz der Ausbildungs- und Fortbildungsunterhalt dargestellt werden. Das Beispiel der Unternehmergattin, die wegen der Eheschließung ihr Studium aufgibt, um sich der Kindererziehung zu widmen und zu einem späteren Zeitpunkt im Unternehmen stundenweise mitzuarbeiten oder das Unternehmen nach außen zu repräsentieren, kommt in der Praxis immer noch recht häufig vor: Ist die Fortsetzung des Studiums nach der Scheidung geeignet, ihren Unterhaltsanspruch nachhaltig zu sichern, weil die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für die Unternehmergattin in dem nach einem abgeschlossenen Studium zu erwartenden Beruf sehr gut sind, kann sie den sogenannten „Ausbildungsunterhalt“ fordern. Gleiches gilt für den Fortbildungsunterhalt: Wenn die Unternehmergattin ein Studium bereits vor oder während der Ehe abgeschlossen hatte, aber nie in ihrem Beruf arbeitete, ist eine Fortbildung in vielen Fällen angezeigt, um die Nachteile auszugleichen, die durch die Jahre der Erwerbsuntätigkeit entstanden sind.
Auch beim Ausbildungs- und Fortbildungsunterhalt gibt es die Einsatzzeitpunkte: Nur wenn der geschiedene Ehegatte im unmittelbaren Anschluss an die Scheidung oder dem Fortfall sonstiger Unterhaltsansprüche (beispielsweise wegen Kindererziehung) eine Ausbildung oder Fortbildung aufnimmt oder fortsetzt, kann er Unterhalt vom anderen Ehegatten verlangen.
Allerdings gilt hierbei eine weniger strikte Fristenregelung als beispielsweise beim Krankheitsunterhalt: Denn eine angemessene Bedenk- und Überlegungsfrist ist dem Unterhaltsbegehrenden immer einzuräumen, wobei hier regelmäßig die Frist von einem ganzen Jahr gilt (vgl. Scholz/Kleffmann/Motzer, Kleffmann, Praxishandbuch Familienrecht, Teil H, Rn. 105).

Es gibt allerdings auch Fälle, in denen ein geschiedener Ehegatte keine Stelle mehr findet, zumindest keine angemessene. Dann steht ihm ein Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit zu.
Jedoch muss sich der geschiedene Ehegatte mit allen Kräften um eine Arbeitsstelle bemühen, was er auch in nachprüfbarer Art und Weise zu beweisen hat. Bleibt er trotzdem arbeitslos oder wird er arbeitslos (im zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung; hier gilt der Zeitraum bis ca. ein Jahr nach der Scheidung ? vgl. oben: „Einsatzzeitpunkte“), kann er Unterhalt begehren. Hat der unterhaltsbegehrende Ehegatte eine Stelle, die seinen Unterhalt nicht nachhaltig sichert, weil er z. B. einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag hat, und wird er erst nach der Scheidung arbeitslos (nach über einem Jahr, also nicht mehr in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang von etwa einem Jahr mit der Scheidung), dann erhält er ebenfalls einen Arbeitslosenunterhalt vom Unterhaltsschuldner. Denn eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts kann erst bejaht werden, wenn unter Würdigung aller Umstände davon auszugehen ist, dass ein Dauerarbeitsplatz erreicht werden konnte.

Ein geschiedener Ehegatte, der eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ausüben kann und/oder aus Vermögenserträgen bzw. aus der eventuell geschuldeten Verwertung des Vermögens den vollen Unterhalt (zur Unterhaltshöhe respektive zum Unterhaltsbedarf: s. die nachfolgenden Ausführungen) nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zu decken vermag, hat Anspruch auf den sogenannten „Aufstockungsunterhalt“. Mit dem Aufstockungsunterhalt soll der unterhaltsbedürftige Ehegatte vor dem sozialen Abstieg geschützt werden: Die Unternehmergattin, die vor ihrer Ehe als Reinigungskraft angestellt war und nur einen Mindestlohn erhielt bei gleichzeitigem Mangel an Vermögen, und die nach der Scheidung eine Stelle als Bürohilfskraft annimmt, erhält Aufstockungsunterhalt, um ihr gesellschaftliches Leben gemäß den ehelichen Lebensverhältnissen aufrecht erhalten zu können. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der unterhaltsbegehrende Ehegatte überhaupt eine angemessene Tätigkeit ausübt, deren Ertrag jedoch nicht zum vollen Unterhaltsbedarf reicht. Wenn er unter Verletzung der Erwerbsobliegenheit gar keiner oder nur einer stundenweise Tätigkeit nachgeht, und ihm deshalb diejenigen Einkünfte fiktiv zugerechnet werden, die er beim Ausüben einer eheangemessenen Tätigkeit generieren würde, kann er ebenfalls Aufstockungsunterhalt erhalten, wenn diese fiktiven Einkünfte nicht zum vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen ausreichen würden. Auch beim Aufstockungsunterhalt gilt im Übrigen, dass er nicht begehrt werden kann, wenn kein zeitlicher Zusammenhang mit der Scheidung oder dem Wegfall von anderen Unterhaltstatbeständen besteht.

Als letzter soll der sogenannte Billigkeitsunterhalt kurz skizziert werden: Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Wichtige Fallgruppen sind hierbei die Betreuung von Pflegekindern oder Stiefkindern.

Die Frage danach, auf welcher Grundlage der Unterhaltsanspruch basiert, ist auch für die ehevertragliche Gestaltung von sehr großer Bedeutung, da für jede Unterhaltsart unterschiedliche Anforderungen an die Gestaltung des Ehevertrages gestellt werden:
Der Betreuungsunterhalt für die zwei Kleinkinder zu Hause betreuende und deswegen nicht (vollschichtig) erwerbstätige Mutter ist höher zu werten als der Aufstockungsunterhalt der kinderlosen Arztgattin, die als Krankenschwester tätig ist und ihr eigenes Auskommen hat. Denn beim Betreuungsunterhalt geht es um mehr als nur eine Garantie zur Beibehaltung eines ehelichen Lebensstandards, nämlich um existenzielle Fragen, die schlussendlich neben der unterhaltsberechtigen Mutter auch die gemeinschaftlichen Kinder betreffen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.


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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
<außergerichtlich und erfolgreich Regelungen zu Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, vermögensrechtliche und zugewinnrechtliche Angelegenheiten durch einen umfassenden Ehevertrag treffen. Ein langwieriges und kostspieliges Ehescheidungsverfahren kann vermieden werden. Bei
Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • Testamentsgestaltung und Erbverträge für Unternehmer – Besonderheiten und Risiken
  • Ehescheidung einvernehmlich gestalten – den Partner verlieren, den Menschen behalten
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