Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 09 – Ehegattenunterhalt
3.5 Ehegattenunterhalt
Wie bereits erörtert, erhält der bedürftige Ehegatte nur bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung den Trennungsunterhalt; ab diesem Zeitpunkt hat er möglicherweise einen Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt.
Generell gilt der Grundsatz, dass jeder Ehegatte nach der Scheidung für seinen Unterhalt selber Sorge zu tragen hat (§ 1569 BGB).
Dies geschieht zumeist durch die Aufnahme respektive Weiterführung einer Erwerbstätigkeit oder durch die Verwertung von Vermögen.
Jedoch muss ein Ehegatte nur eine „angemessene Erwerbstätigkeit“ aufnehmen oder weiterführen, um seinen Unterhalt nachhaltig zu sichern. Nach § 1574 BGB ist eine Erwerbstätigkeit angemessen, wenn sie der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind die Dauer der Ehe und die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.
Die ehelichen Lebensverhältnisse werden vornehmlich geprägt durch die nachhaltig, mithin dauerhaft erzielten und für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel der Ehegatten, soweit diese dazu bestimmt sind, den laufenden Lebensbedarf zu decken. Dazu müssen die ehelichen Finanzen dauernden Bestand gewonnen haben oder wenigstens die Gewähr für Stetigkeit bieten und für den Lebensbedarf beider Ehegatten auch zur Verfügung gestanden haben (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, Maurer, § 1578, Rn. 13). Das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während der Ehe ist ausschlaggebend, solange und soweit sich die Ehegatten vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus nach einem objektiven Maßstab in einem wirtschaftlich sinnvollen und angemessen erscheinenden Rahmen gehalten haben.
Das ist bei gehobenen Verhältnissen selbstverständlich ein anderer Rahmen als bei finanziell schlechter stehenden Ehegatten.
Doch sowohl eine freiwillig zu dürftige Lebensführung („Geizkragenehe“) als auch übertriebener Aufwand („Luxus-“ oder „Verschwenderehe“) bleiben außer Betracht, es sei denn, die Belange des anderen Ehegatten werden dadurch nicht berührt, ebenso dass ein Ehegatte einseitig Verpflichtungen eingegangen ist, die seinen Einkommensverhältnissen nicht entsprochen haben (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, Maurer, § 1578, Rn. 15).
Die Vermögensbildung wird grundsätzlich nicht berücksichtigt. Doch verwehrt dies nicht die Berücksichtigung von Abweichungen vom objektiven Standard im Einzelfall, wenn diesen ein wirtschaftlich vernünftiger konkreter Lebensplan – etwa der Aufbau eines Gewerbebetriebes oder der Bau eines Familienheims – zugrunde liegt, der größere Sparraten bedingt und eine Korrektur der Unterhaltsbemessung nahelegt. In diesen Zusammenhang gehört auch die zusätzliche Altersvorsorge (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, Maurer, § 1578, Rn. 16).
Gerade in gehobenen Verhältnissen kann es also sehr sinnvoll sein, ehevertraglich festzuhalten, welcher Maßstab bei der Bemessung eines möglichen (wenn ehevertraglich nicht ganz ausgeschlossenen) Unterhalts angewendet werden soll; auch Regelungen zum Zugrundelegen des Maßstabs der vorehelichen Einkommensverhältnisse des sozial aufgestiegenen Ehegattens sind möglich (Fallbeispiel: ein Unternehmer aus gehobenen Verhältnissen schließt die Ehe mit der in seinem Unternehmen tätigen Reinigungskraft).
Neben der Pflicht, durch eine angemessene Erwerbstätigkeit für den eigenen Unterhalt zu sorgen, kann auch die Pflicht bestehen, den Ertrag eines vorhandenen Vermögens für den Unterhalt auszugeben. Doch es ist immer zu fragen, ob auch während der Ehe der Vermögensertrag hierzu bestimmt war oder ob gar aus dem Vermögen selber der Familienunterhalt bestritten wurde: Dann spielt das Vermögen respektive sein Ertrag unterhaltsrechtlich eine Rolle. Wurde jedoch der Ertrag des Vermögens nie zum Unterhalt genommen (weil auch ein Erwerbseinkommen vorhanden und eingesetzt wurde), darf dies auch nach der Scheidung unterhaltsrechtlich nicht der Fall sein.
Jedenfalls gilt vor allem: Das Vermögen darf nicht gleichzeitig güterrechtlich und unterhaltsrechtlich verwertet werden!
Auch an dieser komplizierten und im Scheidungsverfahren kontrovers diskutierten Materie wird deutlich, dass vorbeugende ehevertragliche Regelungen – gerade in der Ehe, in der über ein Privat- und Unternehmensvermögen verfügt wird, notwendig sind.
Doch was ist, wenn ein Ehegatte weder durch Erwerbseinkommen noch Vermögensverwertung seinen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen erwirtschaften kann?
Wenn ein Ehegatte nicht selber für seinen Unterhalt sorgen kann, kann er nachehelichen Unterhalt vom anderen Ehegatten verlangen, wenn folgende Gründe (sogenannte „Anspruchs- oder Tatbestandsvoraussetzungen“) gegeben sind:
Der Ehegatte kann Unterhalt verlangen, wenn er
- gemeinschaftliche Kinder pflegt oder erzieht (Betreuungsunterhalt),
- wegen seines Alters nicht mehr imstande ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (Unterhalt wegen Alters),
- einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann, weil er krank, gebrechlich oder geistig oder körperlich zu schwach hierzu ist (Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen),
- keine angemessene Erwerbstätigkeit finden kann oder die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, um den vollen Unterhalt (gemessen an den ehelichen Lebensverhältnissen) zu erreichen, oder wenn die Erwerbstätigkeit wegfällt (Erwerbslosenunterhalt, Aufstockungsunterhalt),
- sich nach der Ehe ausbilden lässt (Ausbildungsunterhalt),
- aus sonstigen Gründen nicht selber erwerbstätig werden kann (Billigkeitsunterhalt).
Darüber hinaus muss der Ehegatte, der einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat, bedürftig, und muss derjenige, gegen den der Anspruch besteht, leistungsfähig sein, und der Unterhalt darf nicht verwirkt worden sein.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.
Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017