Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 08 – Versorgungsausgleich
3.4 Versorgungsausgleich
Eine weitere Scheidungsfolge ist der sogenannte „Versorgungsausgleich“. Es geht hier um die gerechte Aufteilung von Versorgungsanrechten wie Renten, Pensionen, Anrechte berufsständischer Versorgungswerke, betriebliche Altersvorsorge, Riester- oder Rüruprenten (Unfallrenten; Kapital-Lebensversicherungen oder Risikolebensversicherungen für den Fall der Zahlung einer einmaligen Summe fallen in den Zugewinn!). Das Ziel des Versorgungsausgleichs ist, dass beide Ehegatten im Rentenalter für die Zeit ichrer Ehe in gleicher Weise versorgt sind.
In der intakten Ehe partizipieren die Ehegatten in der Regel zu gleichen Teilen, quasi hälftig, an der Versorgung im Alter. Mit dem Versorgungsausgleich bei Scheidung soll diese Halbteilung – zumindest für die Anrechte, die während der Ehezeit erworben werden – ebenfalls erreicht werden. Daher regelt das Gesetz über den Versorgungsausgleich (VersAusglG), wie die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zwischen den Ehegatten ausgeglichen werden sollen.
Die Grundzüge des Versorgungsausgleichs sollen an dieser Stelle dargestellt werden:
Der Versorgungsausgleich ist vordergründig durch die sogenannte „Realteilung“ zu tätigen, man nennt ihn auch „öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich“.
Das bedeutet, dass jedes eigenständige Anrecht für die Ehezeit hälftig aufgeteilt wird. Die Ehezeit wird für den Versorgungsausgleich im Übrigen in vollen Kalendermonaten berechnet: Der Beginn der Ehezeit (für die Berechnung des Versorgungsausgleichs) ist der erste Tag des Monats der Eheschließung; das Ende der Ehezeit (für die Berechnung des Versorgungsausgleichs) ist der letzte Tag des Monats, der der Zustellung des Scheidungsantrags vorausgeht.
Die hälftige Aufteilung der Versorgungsanwartschaften geschieht dadurch, dass beide Ehegatten bei demselben Träger eines Versorgungsanrechts (z. B. Betriebsrente) Konten haben und die höheren Anrechte auf das Konto des Ehegatten mit dem niedrigeren Anrecht ausgeglichen werden, oder dass für denjenigen Ehegatte, der bislang kein Konto / keine Anrechte bei dem Träger (der Betriebsrente) hatte, ein Konto eröffnet wird, auf das die hälftigen ehezeitlichen Versorgungsanrechte fließen. Dies ist die sogenannte „interne Teilung“.
Beispiel
Ehegatte 1 erwirbt ehezeitlich Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.000,- Euro monatlich, Ehegatte 2 hat eine private Versorgung, die (ehezeitlich) in eine monatliche Rente in Höhe von 2.000,- Euro mündet. Ehegatte 1 erhält mit dem Versorgungsausgleich private Versorgungsanwartschaften in Höhe von 1.000,- Euro (private Versorgung), während dem Ehegatten 2 auf ein Konto der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte in Höhe von 500,- Euro eingezahlt werden.
- Hat der versorgungsausgleichberechtigte Ehegatte kein Konto bei dem Versorgungsträger, bei dem der versorgungsausgleichverpflichtete Ehegatte das Konto über die auszugleichenden Versorgungsanrechte hat und kann/soll dort kein Konto für ihn eröffnet werden, geschieht (unter den Voraussetzungen des § 14 Absatz 2 VersAusglG) eine sogenannte „externe Teilung“. Es wird ein Versorgungsanrecht für den Berechtigten bei einem anderen Versorgungsträger begründet.
§ 20 VersAusglG regelt den „schuldrechtlichen Versorgungsausgleich“, bei dem es – im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich - nicht um eine Teilung von Anrechten, sondern um Geldzahlungen geht: Bezieht die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht, so kann die ausgleichsberechtigte Person von ihr den Ausgleichswert als Rente verlangen (schuldrechtliche Ausgleichsrente). Voraussetzung für Ausgleichsansprüche schuldrechtlicher Art nach der Scheidung ist, dass die dem Versorgungsausgleich unterliegenden Versorgungsanrechte im Wertausgleich bei der Scheidung (also im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich) nicht vollständig ausgeglichen wurden.
Bei der Berechnung der Versorgung, die dem versorgungsausgleichsberechtigten Ehegatten zu Gute kommt, müssen Wertveränderungen, die sich infolge der geänderten wirtschaftlichen Lage aufgrund einer regelmäßigen Anpassung der Versorgungsanrechte an der Lohnentwicklung ergeben und solche Wertveränderungen, die ihre Ursache in Änderungen der für die jeweilige Versorgung maßgebende Regelung z.B. Gesetz, Satzung oder Versorgungsordnung haben (wenn sie eine allgemeine, nicht auf individuellen Umständen beruhende Erhöhung des Anrechts zur Folge haben, die sich rückwirkend auch auf den Ehezeitanteil auswirkt) mit einbezogen werden (BGH, Beschluss vom 09.12.15, in FuR 2016, 232 ff. 233).
Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist subsidiär zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich: Er kommt also tatsächlich nur dann in Betracht, wenn der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nicht stattfinden kann!
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.
Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017