Eheverträge für die Unternehmerehe – Teil 07 – Zugewinnausgleich

3.3 Zugewinnausgleich

Der gesetzliche Güterstand zeigt seine gravierendste Wirkung, wenn er beendet wird. Denn eine der gravierendsten Scheidungsfolgen für die Unternehmerehe ist der sogenannte „Zugewinnausgleich“, also der Ausgleich des Vermögenszuwachses, den die Ehegatten in der Ehe erwirtschafteten. Es handelt sich zugleich jedoch um die Scheidungsfolge, die am „unkompliziertesten“ zu modifizieren ist. Denn güterrechtliche Scheidungsfolgen stehen in der Rangfolge des Scheidungsfolgenrechts ganz weit unten (zu der Rangfolge im Scheidungsrecht: “Exkurs: Kernbereichslehre”).

Die Abwicklung der Ehe in Gütergemeinschaft soll hier nicht behandelt werden, da die Gütergemeinschaft für die allermeisten Unternehmerehen nicht empfohlen werden kann (zumal sie auch in anderen Ehekonstellationen nur noch selten eine Rolle spielt).

Wenn sich die Eheleute zu einer Gütertrennung entscheiden, ist die Abwicklung der vermögensrechtlichen und güterrechtlichen Verflechtungen der Eheleute recht unproblematisch, da der Güterstand der Gütertrennung ja gerade eine Verflechtung verhindern soll. Schaffen die Eheleute während der intakten Ehe z. B. Miteigentum, dann sind die Regeln des Gemeinschaftsrechts anzuwenden, wie das auch für den gesetzlichen Güterstand oder für alle sich miteinander Eigentum Teilende ohne Ansehung familienrechtlicher Gebilde gilt.

Im gesetzlichen Güterstand ist jedoch der sogenannte „Zugewinnausgleich“ zu ermitteln, der als Scheidungsfolge stattfindet.

Dabei wird der „Zugewinn“ definiert als der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.
Bei einer Beendigung durch eine Scheidung gilt die sogenannte „güterrechtliche Lösung“, die in § 1378 BGB geregelt ist. § 1378 BGB besagt, dass dann, wenn der Zugewinn eines Ehegatten den Zugewinn des anderen übersteigt, die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zusteht.
Bei einer Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten gilt hingegen die sogenannte „erbrechtliche Lösung“. Diese regelt § 1371 BGB: Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht. Es ist hierbei unerheblich, ob die Ehegatten überhaupt einen Zugewinn erzielt haben.

Hier soll zunächst v. a. die güterrechtliche Lösung erörtert werden, da sie zumeist Grund und Gegenstand einer ehevertraglichen Regelung ist.
Für die Lösung der Frage, wie sich ein Zugewinn errechnen lässt, muss man sich zunächst Klarheit über die Begriffe des „Anfangsvermögens“ und des „Endvermögens“ verschaffen. Die Begriffserklärungen finden sich im BGB wieder, und zwar unter § 1374 („Anfangsvermögen“) und § 1375 („Endvermögen“).
Danach ist das Anfangsvermögen das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes gehört. Im Gegensatz zur alten Gesetzeslage sind heute Verbindlichkeiten über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen (das bedeutet, dass es nunmehr auch ein „negatives“ Anfangsvermögen geben kann). Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen (also eine Erbschaft) oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht (vorweggenommenes Erbe), durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Das Anfangsvermögen umfasst mithin alle rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, z. B. Bargeld, Wertpapiere, Handwerksbetrieb, bebaute und unbebaute Grundstücke. Auch der sogenannte „privilegierte“ Erwerb gehört hierzu, also z. B. Erbschaften oder Schenkungen.
Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Auch beim Endvermögen sind Verbindlichkeiten über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen. Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands (1.) unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat, (2.) Vermögen verschwendet hat oder (3.) Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstands eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung (oder der Verschwendung) einverstanden gewesen ist (zur Problematik beim Übergang eines Familienbetriebes, vgl. Kapitel “Der neue Güterstand”).
Maßgebend für die Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen ist grundsätzlich der jeweilige Stichtag (man nennt das deswegen auch „Stichtagsprinzip“). Der Stichtag für die Höhe des Anfangsvermögens ist der Tag der Eheschließung; für das Endvermögen ist der Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, also der Zustellung des Scheidungsantrages an den anderen Ehegatten durch das Gericht, entscheidend.

Für das Anfangs- wie für das Endvermögen sind alle vorhandenen geldwerten, rechtlich geschützten Positionen beachtlich. Bei Renten, Versorgungsanwartschaften etc. sind hierbei immer wieder Positionen strittig, wobei vereinfacht zu sagen ist, dass alles, was im Versorgungsausgleich eine Rolle spielt (zum Versorgungsausgleich: siehe nächstes Kapitel), nicht auch im Zugewinn eine Rolle spielen kann. Private Kapital-Lebensversicherungen sind allerdings ins Anfangs- und Endvermögen einzustellen.

Strittig ist im Zusammenhang mit der Ermittlung des Anfangs- und Endvermögens immer wieder der Wert eines Unternehmens!
Ohne einen Ehevertrag wird das Unternehmen oder Beteiligungen an einem solchen in das Anfangs- und/oder Endvermögen eingestellt. Bereits die Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes kann dann strittig werden. Sollte der Unternehmerehegatte eine Beteiligung des Unternehmens im Zugewinnausgleich wollen, bieten sich dementsprechend ehevertragliche Vereinbarungen zur Unternehmensbewertung an (Näheres hierzu im Kapitel “Vereinbarung zur Unternehmensbewertung”).

Wenn das Anfangs- und Endvermögen jedes Ehegatten feststeht, kann der Zugewinnausgleichsanspruch in drei Schritten ermittelt werden:
Im ersten Schritt subtrahiert man das Anfangsvermögen des einen Ehegatten (Ehegatte 1) von seinem Endvermögen; das Ergebnis ist der Zugewinn des Ehegatten 1 (Zugewinn 1).
Nun wird das Anfangsvermögen des anderen Ehegatten (Ehegatte 2) von seinem Endvermögen abgezogen, was seinen Zugewinn ergibt (Zugewinn 2).
In einem zweiten Schritt vergleicht man den Zugewinn 1 mit dem Zugewinn 2 und subtrahiert den geringeren Zugewinn vom größeren. Als Ergebnis steht nun der Zugewinnüberschuss des Ausgleichspflichtigen (der Ehegatte mit dem größeren Zugewinn) fest.
Im dritten und letzten Schritt wird der Ausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigen Ehegatten (also desjenigen mit dem geringeren Zugewinn) errechnet. Dazu wird der Zugewinnüberschuss halbiert. Das bedeutet:
Zugewinnüberschuss / 2 = Ausgleichsanspruch des Ausgleichberechtigten! Ein anschauliches Beispiel hierzu findet sich unter Ordnungspunkt 4.2.3.5.
Der Ausgleichsanspruch sichert dem Ausgleichsberechtigten also die hälftige Partizipation an der Vermögensbildung in der Ehe (man nennt es deshalb auch die Verwirklichung des „Halbteilungsgrundsatzes“).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Eheverträge für die Unternehmerehe“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Andrea Zimmermann, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, 978-3-939384-82-3.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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  • Zugewinn und Versorgungsausgleich
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  • Sorgerechtsfragen. Umgangsregelungen
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Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Beratung von Unternehmern bei Eheschließung und Scheidung.

Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
<außergerichtlich und erfolgreich Regelungen zu Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, vermögensrechtliche und zugewinnrechtliche Angelegenheiten durch einen umfassenden Ehevertrag treffen. Ein langwieriges und kostspieliges Ehescheidungsverfahren kann vermieden werden. Bei
Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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  • Testamentsgestaltung und Erbverträge für Unternehmer – Besonderheiten und Risiken
  • Ehescheidung einvernehmlich gestalten – den Partner verlieren, den Menschen behalten
  • Tricks und Kniffe bei Scheidung und Unterhaltsprozessen: wie man verheimlichtes Vermögen erkennt

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