Die unbegrenzte Haftung des Frachtführers

Die unbegrenzte Haftung des Frachtführers

Kommt es im Rahmen der Abwicklung eines Frachtvertrags zum Verlust oder zur Beschädigung des Gutes, ist zu klären, wer für diesen Schaden haftet.

Grundsätzlich haftet zunächst der Frachtführer verschuldensunabhängig für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht, sog. Obhutshaftung. Allerdings ist in diesen Fällen die Haftung begrenzt auf 8,33 SZR (ca. € 1,12; Stand: 08/07) für jedes Kilogramm Rohgewicht, was vor allem bei Verlust oder Beschädigung von leichten wertvollen Gütern zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann.

Der Frachtführer ist jedoch von der Haftung insoweit befreit, als Haftungsausschlussgründe des § 427 HGB vorliegen oder der Schaden auch bei größter Sorgfalt unvermeidbar war. Gleiches gilt auch im Falle eines Mitverschuldens des Absenders.

Das qualifizierte Verschulden des Frachtführers

Die Haftungsgrenzen und Haftungsbefreiungen finden jedoch dann keine Anwendung, wenn und soweit der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine seiner Hilfspersonen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat (sog. qualifiziertes Verschulden).

Voraussetzung ist somit, dass entweder eine vorsätzliche Handlung oder Unterlassung zu dem Schaden geführt hat oder dieser leichtfertig und in dem Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts verursacht wurde.

Vorsatz liegt dabei immer dann vor, wenn der Schädiger mit der Absicht und in Kenntnis der Schadensverwirklichung handelt. Ausreichend ist hier allerdings, dass der Schädiger den Eintritt des Schadens für möglich hält, aber dennoch handelt und den Schaden somit billigend in Kauf nimmt.

Eine unbegrenzte Haftung wird aber auch schon dann begründet, wenn dem Frachtführer oder seiner Hilfsperson Leichtfertigkeit in dem Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts vorgeworfen werden kann. Voraussetzung hier ist zum einen die Verletzung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt, und zwar in einem besonders hohen Maße. Diese ist dann gegeben, wenn der Frachtführer eine offensichtliche und auf der Hand liegende Sorgfaltspflicht nicht beachtet hat. Zum anderen bedarf es darüberhinaus eine sich dem Frachtführer aufdrängende Erkenntnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten werde. Eine hohe Wahrscheinlichkeit ist in diesem Zusammenhang immer dann gegeben, wenn die Chance für den Eintritt eines Schadens größer ist als die seines Ausbleibens.

Die Beweislast für das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen

 
Nachdem nun geklärt wurde, unter welchen Voraussetzungen eine unbegrenzte Haftung des Frachtführers dem Grunde nach gegeben ist, stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage, wer die Voraussetzungen für eine Haftung beweisen muss.
Grundsätzlich muss nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen. Vorliegend muss folglich der Anspruchssteller, also derjenige, der den Schadensersatzanspruch gegenüber dem Frachtführer geltend macht, darlegen und beweisen, dass der Frachtführer den Schaden vorsätzlich oder leichtfertig in dem Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts verursacht hat, mithin also ein qualifiziertes Verschulden vorliegt.

Regelmäßig entziehen sich jedoch die anspruchsbegründenden Umstände der Wahrnehmungssphäre des Anspruchsstellers, sodass es hier zu einer Durchbrechung dieser Beweislastregel kommen muss, um den Anspruchsteller nicht gänzlich vor unlösbare Aufgaben zu stellen. Daher trifft den Frachtführer in diesen Situationen eine sog. Prozessförderungspflicht, indem er sich zum Geschehensablauf einlassen muss. Der Anspruchsteller hat dann lediglich die objektiven Tatsachen des Geschehensablaufs zu beweisen.

Soweit es um die subjektiven Voraussetzungen der unbegrenzten Haftung geht, kann regelmäßig aus den objektiven Tatsachen auf die innere Einstellung des Schädigers geschlossen werden. So dienen hier regelmäßig Grad und Stärke der nachgewiesenen Sorgfaltspflichtverletzung als Indiz für das für die Haftung erforderliche Bewusstsein.


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Stand: November 2007


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