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Die persönliche Haftung von Mitgliedern des Aufsichtsrats einer AG

Die Aktualität der Frage nach Schadensersatzansprüchen gegen Organmitglieder von Aktiengesellschaften ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Nicht ohne Grund sollen durch Gesetz die Haftungsfreiräume im Bereich qualifizierter unternehmerischer Entscheidungen erhöht werden (Reformentwurf: § 93 AktG (www.bmj.bund.de/ger/service/gesetzgebungsverfahren)).

 

 

1. Gesetzliche Regelung

 

Auch für die Aufsichtsratmitglieder gilt die Sorgfaltspflicht des Vorstands entsprechend. (§§ 116, 93 AktG). Folglich ist ein Aufsichtsrat der Gesellschaft gegenüber ersatzpflichtig, wenn er schuldhaft eine Pflicht verletzt und der Gesellschaft daraus ein Schaden entsteht.

 

 

2. Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats

 

a) Überblick

 

Der Aufsichtsrat überwacht gem. § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung des Vorstands. In diesem Rahmen kontrolliert er die vergangene Geschäftsführung des Vorstands und begleitet beratend die zukünftige. Dabei orientiert sich der Aufsichtsrat am Wohl des Unternehmens.

 

b) Abgrenzung zum Pflichtenkreis des Vorstands

 

Während der Aufsichtsrat den Vorstand überwacht, hat der Vorstand die operative Leitungsaufgabe nach § 76 Abs. 1 AktG inne und leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung. In diese Leitungsbefugnis des Vorstands darf der Aufsichtsrat nicht eingreifen, sondern er überwacht die Geschäftsführung nur auf Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.

 

 

Damit der Aufsichtsrat dieser Kontrollfunktion gerecht werden kann, hat der Vorstand gemäß § 90 Abs. 1 AktG umfassende Berichtspflichten.

 

 

c) Erhöhte Kontrollpflicht

 

Da eine ständige Kontrolle der laufenden Geschäftsführung dem Aufsichtsrat nicht möglich ist, wird eine besondere Kontrollpflicht erst mit einer Krise des Unternehmens oder mit geeigneten Hinweisen auf kontrollbedürftige Ereignisse begründet.


Um dies beurteilen zu können, ist der Aufsichtsrat jedoch verpflichtet, sich durch den Vorstand das entscheidungsrelevante Wissen zur Verfügung stellen zu lassen (§ 90 AktG). Diesen Berichten des Vorstands darf der Aufsichtsrat grundsätzlich Glauben schenken, nur wenn sich nach der Plausibilitäts- und Logikkontrolle Bedenken ergeben, wird eine weitere Prüfung verlangt.

 

Zu Bedenken ist aber, dass der Aufsichtsrats nicht in den unternehmerischen Ermessensspielraum eingreifen darf. Und eine Pflichtverletzung des Aufsichtsrats setzt eine Pflichtverletzung des Vorstands voraus. Hierzu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt (BGHZ 135, 244, 253)

". . . dass dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muss, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechthin nicht denkbar ist. Dazu gehört, neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken, grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist. (. . .) Diese [gemeint ist die Schadensersatzverpflichtung des Vorstands - Zusatz der Verfasser] kann erst in Betracht kommen, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss."

 

 

 

Also eine Pflichtverletzung des Vorstands liegt nur dann vor, wenn der Schadenseintritt offensichtlich war und keine vernünftigen geschäftliche Gründe dafür sprachen, das Risiko dennoch einzugehen.

 

 

d) Folgerungen für den Aufsichtsrat

 

Wenn bereits dem Vorstand ein weiter Ermessenspielraum zugestanden wird, muss auch dem Aufsichtsrat ein eigener Ermessenspielraum zustehen.

"Die unternehmerische Handlungsfreiheit ist Teil und notwendiges Gegenstück der dem Vorstand und nicht dem Aufsichtsrat obliegenden Führungsaufgabe. An ihr hat der Aufsichtsrat nur insoweit Anteil, wie das Gesetz auch ihm unternehmerische Aufgaben überträgt, wie z. B. bei der Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern oder im Rahmen des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG, d. h. überall dort, wo er die unternehmerische Tätigkeit des Vorstands im Sinne einer präventiven Kontrolle begleitend mitgestaltet." (BGH aaO)

 

 

 

Soweit sich die Zustimmung des Aufsichtsrats innerhalb dieser Handlungsfreiheit hält, liegt keine Pflichtverletzung vor.

 

 

3. Haftung des einzelnen Aufsichtsratsmitglied

 

Wird jedoch eine Pflichtverletzung des Aufsichtsrats festgestellt, stellt sich die Frage nach der Haftung des einzelnen Aufsichtsratsmitglied. Grundsätzlich regelt sich die Haftung nach den allgemeinen Prinzipien des Schadensersatzrechts. Damit muss die Handlung des einzelnen Aufsichtsratmitglieds ursächlich für den späteren Schadenseintritt gewesen sein.

Bei Kollektiventscheidungen ist diese Bewertung umstritten. Orientieren muss man sich an der Entscheidung des Bundesgerichtshof in einer Fall von strafrechtlicher Bedeutung. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass sich der Einzelne nicht damit entlasten könne, seine Bemühungen, die gebotene Kollegialentscheidung herbeizuführen, wären erfolglos geblieben, weil die anderen Beteiligten ihn überstimmt hätten (BGH BB 2004, 279)

Das einzelne Aufsichtsratmitglied genügt seiner Pflicht nur, wenn er alles ihm Mögliche und Zumutbare getan habe, um den gebotenen Beschluss zu erwirken. Sein Verhalten ist dann nicht ursächlich, wenn er sich in den Beratungen gegen die Maßnahme ausgesprochen hat und auch gegen diese gestimmt hat. Hier ist darauf zu achten, dass entsprechende Vermerke in das Protokoll aufgenommen werden, denn das Aufsichtsratsmitglied muss diese Tatsachen nachweisen können.

 

 


Kontakt: kontakt@fasp.de
Stand: Oktober 2004


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Portrait Harald-Brennecke Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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