Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 27 – Unerlaubter Umgang mit Abfällen

6.6 Weitere Strafvorschriften

Ergänzend ist § 16 Abs. 1, 2 der Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibration (LärmVibrationsArbSchV) i.V. m. § 26 Nr. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zu beachten (vgl. Alt, in: MüKo-StGB, § 325a Rn. 38). Strafbar macht sich nach dieser Vorschrift der Arbeitgeber, wenn er geeignete Schutzmaßnahmen bewusst nicht vornimmt, die Gesundheitsschäden seiner Beschäftigten durch Lärm und Vibration auf der Arbeitsstätte vermeiden sollen und infolgedessen das Leben oder die Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet wird.

Beispiel
Die HardWork-GmbH führt gewerblich Planierungs- und Rüttelarbeiten großer Flächen durch. Aktuell stellt sich für den Geschäftsführer H jedoch das Problem, dass die Arbeitsmaschinen der Gesellschaft veraltet sind. Heimliche Messungen nach § 4 der LärmVibrationsArbSchV haben eine Lärmbelastung bei den Arbeitern ergeben, die die Auslösewerte des § 6 LärmVibrationsArbSchV um ein Vielfaches überschreiten und konkret gesundheitgefährdend sind. Die Auslösewerte markieren Werte, ab denen zum Schutz der Beschäftigten Maßnahmen zur Verringerung der Belastung ergriffen werden müssen. Denn dann trifft den Arbeitgeber nach § 7 LärmVibrationsArbSchV die Pflicht, Lärmemissionen am Entstehungsort zu verhindern oder so weit wie möglich zu verringern, z. B. durch den Einsatz neuer Gerätschaften.

Dies und die Gesundheitsgefährdung sind dem Geschäftsführer H bewusst, genauso, dass ein besserer Gehörschutz nicht ausreicht und Verhinderungs- oder Verringerungsmaßnahmen nach der Vorschrift über die Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 LärmVibrationsArbSchV vorrangig sind. Wegen zu hoher Anschaffungskosten für die neuen Maschinen sieht H von Maßnahmen zum Schutz der Arbeiter ab. Er wiest die Arbeiter, die von der Überschreitung der Auslösewerte nicht wissen, an, die Rüttel- und Planierungsarbeiten mit den alten Gerätschaften, die gesundheitsgefährdenden Lärm verursachen, fortzusetzen.

  • H erfüllt den Straftatbestand des Verursachens von Lärm nach § 325a Abs. 2 StGB. Zwar ist die GmbH rechtlicher Betreiber der veralteten Maschinen. Über die Vorschrift des Handelns für einen anderen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann § 325a Abs. 2 StGB auf den Geschäftsführer H angewendet werden. H hat die verwaltungsrechtliche Pflicht zum Tätigwerden beim Überschreiten der Auslösewerte bei Lärmemissionen nach der Vorschrift über die Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung nach § 7 Abs. 1 LärmVibrationsArbSchV durch Unterlassen geeigneter Gegensteuerungsmaßnahmen verletzt und dadurch die Gesundheit seiner Angestellten konkret gefährdet. Dabei handelte H vorsätzlich.

7 Unerlaubter Umgang mit Abfällen nach § 326 StGB

Der Straftatbestand des unerlaubten Umgangs mit Abfällen nach § 326 StGB enthält sechs Absätze:

  • Abs. 1 Nr. 1 - 4: Bewirtschaftung gefährlicher Abfälle
  • Abs. 2 Nr. 1 und 2: unbefugter Export von Abfällen
  • Abs. 3: unbefugte Nichtablieferung von radioaktiven Abfällen
  • Abs. 4: Strafbarkeit des Versuchs der Abs. 1 und 2
  • Abs. 5: fahrlässige Begehung der Abs. 1 - 3
  • Abs. 6: Strafbarkeitsausschluss durch die sog. „Minima-Klausel“ (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 326, Einleitung).

§ 326 StGB ist überwiegend als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (vgl. Witteck, in: BeckOK- StGB, § 326 Rn. 2). Lediglich § 326 Abs. 1 Nr. 4 StGB stellt ein abstraktes Gefährdungsdelikt in Form eines Eignungsdelikts dar (vgl. OLG Braunschweig, NStZ-RR 2001, S. 42, 43; zum sog. Eignungsdelikts(siehe 2.3.3.2).
Die unbefugte Nichtablieferung von radioaktiven Abfällen nach § 326 Abs. 3 StGB enthält ein echtes Unterlassungsdelikt (vgl. Alt, MüKo-StGB, § 326 Rn. 96; zum echten Unterlassungsdeliktsiehe 2.3.8)

7.1 Geschütztes Rechtsgut

Der § 326 StGB will die gesamte Bandbreite der Umwelt vor den Schadensfolgen eines unsachgemäßen Umgangs mit Abfällen schützen:

  • Leben und Gesundheit des Menschen
  • Gewässer, Luft und Boden
  • Tiere und Pflanzen (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 326 Rn. 3)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

  • Rechtsformwahl
  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
  • Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern
  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 326 StGB

Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosGesellschaftsrecht