Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 25 – Gesundheitsgefährdende Lärmverursachung

6.2.1 Gesundheitsgefährdende Lärmverursachung (§ 325a Abs. 1 StGB)

Nach § 325 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer

  • vorsätzlich
  • beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine,
  • unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten
  • Lärm verursacht,
  • der geeignet ist, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs
  • die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

6.2.1.1 Lärm

Lärm ist die hörbare, sich durch Schallwellen verbreitende Einwirkungen, die geeignet ist, einen normal lärmempfindlichen Menschen zu belästigen (vgl. Witteck, BeckOK-StGB, § 325a Rn. 8).

6.2.1.2 Taterfolg

Der Taterfolg der gesundheitsgefährdenden Lärmverursachung nach § 325a Abs. 1 StGB ist der Eintritt der Lärmverursachung mit Schädigungseignung für die Gesundheit eines anderen Menschen, wobei sich diese Lärmverursachung außerhalb des Anlagenbereichs ausgewirkt haben muss (vgl. Saliger, Umweltstrafrecht, S. 202 Rn. 426). Es muss sich um eine wesentliche Beeinträchtigung durch den verursachten Lärm handeln. Dabei genügt es, dass der verursachte Lärm geeignet ist, gesundheitliche Schädigungen herbeizuführen (AG Dieburg, NStZ-RR 1998, 73, beck-online). Die Schädigungseignung des Lärms kann durch einen technischen Sachverständigen festgestellt werden. Orientierungshilfen bieten zudem die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm), die eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift darstellt und festgesetzte Umweltschutzmaßstäbe aufstellt (vgl. Breunig, BeckOK-VwGO § 86 Rn. 42.1), und die Freizeitlärmrichtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz. Maßgeblich bleibt aber stets der Einzelfall, wobei die Dauer, Art und das Ausmaß der Beschallung in die Einzelfallbetrachtung einzubeziehen sind. Pauschale Richtwerte können daher nicht festgelegt werden (vgl. Witteck, BeckOK-StGB, § 325a Rn. 6, 8-9a).

6.2.1.3 Tathandlung

Die Tathandlung der gesundheitsgefährdenden Lärmverursachung nach § 325 Abs. 1 StGB ist das Verursachen des gesundheitsgefährdenden Lärms beim Betrieb einer Anlage unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten (vgl. Saliger, Umweltstrafrecht, S. 202 Rn. 426).

6.2.1.4 Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten

Eine verwaltungsrechtliche Pflichten ergibt sich nach § 330d Abs. 1 Nr. 4 StGB aus einer Rechtsvorschrift, einer gerichtlichen Entscheidung, einem vollziehbaren Verwaltungsakt, einer vollziehbaren Auflage oder einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Voraussetzung ist, dass diese zumindest mittelbar auf den Schutz der menschlichen Gesundheit vor Lärm gerichtet sind (vgl. Saliger, Umweltstrafrecht, S. 204 Rn. 430).

Darunter fallen die

  • Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung
  • Sportanlagenlärmschutzverordnung
  • Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung sowie
  • landesrechtliche Vorschriften zum Schutz gegen Lärm.

Die Werte der TA Lärm und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift
zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm: Diese konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen durch festgesetzte Immissionsrichtwerte bereits schädliche Umwelteinwirkungen sind, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 – 7 A 11/11 –, Rn. 26) sind geeignete und im Verwaltungsverfahren bindende Anhaltspunkte dafür, was verwaltungsrechtlich zulässig ist (vgl. Alt, in: MüKo-StGB, § 325a Rn. 17).

Beispiel
Herr und Frau von Goldenbrunn haben die PoolChamp-GmbH beauftrag, in ihren Garten einen Swimmingpool mit gesonderter Whirlpool-Nische zu installieren. Das Anwesen befindet sich in einem reinen Wohngebiet. Wegen krankheitsbedingten Ausfällen in der Belegschaft läuft die GmbH Gefahr, das zugesagte Fertigstellungsdatum des 26.06. nicht einhalten zu können. Weil die von Goldbrunns noch auf den Florida Keys verweilen, ordnet der Geschäftsführer P am 25.06. an, dass die vorhandenen Restarbeiten in der Nacht vom 25.06. auf den 26.06. abzuschließen sind. P weiß, dass der 25.06. und der 26.06. beide Werktage sind und der Einsatz von Fugenschneider in der Zeit von 20:00 Uhr bis 07:00 Uhr nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung in allgemeinen Wohngebieten nicht gestattet ist. P weiß auch, dass wegen der Größe des Pools mehrere Fugenscheider zum Einsatz kommen müssen, was wegen der Nachtzeit, der Dauer der Arbeiten und dem Lärm die Nachtruhe der Nachbarschafft massiv stören wird. Dies nimmt er wegen dem erwarteten Gewinn billigend in Kauf. Den Arbeitern spiegelt er wahrheitswidrig vor, dass er für die Arbeiten eine Sondergenehmigung eingeholt habe. Ab 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr morgens werden die Fugenschneider eingesetzt, so dass keiner der Nachbarn in den Schlaf findet. Durch den Lärm war ein Großteil der Nachbarn den Rest des Tages schlapp und sie litten noch Nächte danach unter Schlafstörungen.

  • Im vorliegenden Fall erfüllt der P den Tatbestand der gesundheitsgefährdenden Lärmverursachung in mittelbarer Täterschaft nach §§ 325 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. rechtlicher Anlagenbetreiber ist zwar die GmbH, die Strafbarkeit wird jedoch nach den Vorschriften des Handelns für einen anderen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf P als Geschäftsführer abgewälzt. Durch die Anordnung der Arbeiten mit den Fugenschneidern wurde Lärm verursacht, der nach Dauer, Art und Ausmaß der Beschallung hier geeignet war, die Gesundheit der Nachbarn zu gefährden. Die Nachbarn befinden sich zudem außerhalb des Bereichs, in dem die Fugenscheider betrieben wurden. Außerdem verletzte P die Verwaltungspflicht aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung, die den Einsatz von Maschinen werktags in der Zeit von 20:00 Uhr bis 07:00 Uhr untersagt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: § 325a Abs. 1 StGB

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