Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 20 – Taterfolg, Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten

5.2.1.2 Taterfolg

Ähnlich wie bei der Bodenverunreinigung mit Schadenseignung nach § 324 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist der Taterfolg nach § 325 Abs. 1 StGB zweigeteilt:

  • Beim Anlagenbetrieb müssen Veränderungen der Luft verursacht werden,
  • die geeignet sind, die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder sehr wertvollen Sachen zu schädigen

Dabei muss dieser Taterfolg außerhalb des Anlagebereichs und damit außerhalb der gesamten Betriebsstätte eintreten.

Eine Veränderung der Luft setzt voraus, dass die natürliche Zusammensetzung der Luft geändert wird. Ob die Luftveränderungen die entsprechende Schadenseignung aufweisen, muss nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden nachgewiesen werden. Ausreichend sind konkrete und sich aufgrund gesicherter naturwissenschaftlicher Erfahrungen ergebende Feststellungen, dass eine Schädigung der Schutzgüter des § 325 Abs. 1 StGB durch den Zustand der Luft mit hinreichender Sicherheit hätte eintreten können (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 325 Rn. 5, 6).

5.2.1.3 Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten

Beim Betrieb der Anlage muss der Täter zudem gegen eine Vorschrift oder gegen eine Verwaltungsmaßnahme verstoßen haben, die zumindest als Nebenzweck die Luft schützen will und die so hinreichend konkretisiert ist, dass der Anlagebetreiber eine ihn betreffende Verhaltensaufforderung entnehmen kann.
Derartige Pflichten folgen aus den Vorschriften der §§ 4 und 6 BImSchG über die Genehmigungserteilung und Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen und den zum BImSchG erlassenen Verordnungen.

Strafrechtlich relevante, pflichtbegründende Verwaltungsakten sind solche, die auf Grundlage von

  • § 12 Abs. 1 BImSchG: Nebenbestimmungen zur Genehmigung
  • § 17 Abs. 1 und 5 BImSchG: Nachträgliche Anordnungen zur Genehmigung
  • §§ 20, 24 S. 1 BImSchG: Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen und Anordnungskompetenz der Behörden im Einzelfall und
  • §§ 26, 28, 29 Abs. 1 und 2 BImSchG: Vorschriften über die vom Anlagenbetreiber durchzuführende Messungen aus besonderem Anlass, erstmalige und wiederkehrende Messungen und kontinuierliche Messungen.

erlassenen wurden.

Daneben entfalten sämtliche auf einer Bundesimmissionsschutzverordnung erlassene und vollziehbare Untersagungen, Anordnungen und Auflagen strafrechtlich relevante Verwaltungspflichten (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 325 Rn. 9-12).

Beispiel
Die GumChem-GmbH produziert flüssigen Kunststoff. Bei der Herstellung entsteht eine Reihe giftiger Dämpfe, die nicht in der Produktionsstätte verbleiben können und daher abgezogen werden müssen. Zu diesem Zweck befinden sich in der Produktionsstätte mehrere Dunstabzugshauben über den Tanks, die die Dämpfung abziehen und über eine Rohrleitung direkt nach draußen in die Luft befördern. Von einer speziellen Filteranlage hat der Geschäftsführer G aus Kostengründen jedoch abgesehen, obwohl er mit der Änderung der natürlichen Zusammensetzung der Außenluft rechnet und von der hohen Unverträglichkeit bei Mensch, Tier und Pflanzen weiß und für die Abzugsanlage keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung besitzt. Dies ist dem G ebenfalls bewusst, gleichwohl billigt er dieses Vorgehen.

  • Durch die Abzugsanlage der Produktionsstätte wird als Anlagenbetrieb eine Veränderung der Luft mittels der Dämpfe herbeigeführt, die geeignet ist, die Gesundheit eines anderen Menschen, Tiere oder Pflanzen außerhalb des Betriebsgeländes zu schädigen. Dabei hat G verwaltungsrechtliche Pflichten verletzt, indem er die Abzugsanlage in der Produktionsstätte ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung betrieben hat, denn nach dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 4 Abs. 1 BImSchG bedarf der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, einer behördlichen Genehmigung. Eine solche hat G für die GmbH nicht eingeholt, sodass das Hinausbefördern der Dämpfe in die Außenluft die verwaltungsrechtliche Pflicht eines Betreibers für genehmigungsbedürftiger Anlagen aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt. Danach dürfen genehmigungsbedürftige Anlagen nur so errichtet und betrieben werden, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. G wird somit nach den Grundsätzen des Handelns für einen anderen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB diese Verwaltungspflichtverletzung zugerechnet. Schließlich handelt hier G vorsätzlich, sodass er den Tatbestand der Luftverunreinigung mit Schädigungseignung des § 325 Abs. 1 StGB erfüllt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.


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Stand: Januar 2017


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Liquidation von Gesellschaften
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  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: § 324 Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 325 Abs. 1 StGB

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