Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 15 – Gewässerschutzstrafrecht nach § 324 StGB

3 Gewässerschutzstrafrecht nach § 324 StGB

Das Gewässerschutzstrafrecht nach § 324 StGB enthält drei Absätze:

  • Abs. 1: Der Tatbestand der vorsätzlichen Gewässerverunreinigung
  • Abs. 2: Die Strafbarkeit des Versuchs
  • Abs. 3: Die Strafbarkeit der fahrlässigen Begehung

Die Gewässerverunreinigung nach § 324 StGB ist ein reines Verletzungsdelikt. Der tatbestandliche Verletzungserfolg liegt in der nachteiligen Veränderung der Gewässergüte (vgl. BGH, NJW 1992, S. 122, 123; Witteck, in: BeckOK-StGB, § 324 Rn. 2).

3.1 Geschütztes Rechtsgut

§ 324 StGB schützt das Gewässer in seinen Formen als

  • oberirdisches Gewässer
  • Grundwasser und
  • Meer (vgl. § 330d Abs. 1 Nr. 1 StGB)

3.1.1 Oberirdisches Gewässer

Das oberirdische Gewässer ist in § 3 Nr. 1 WHG als „das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser“ definiert. Maßgeblich ist danach, dass das Wasser noch in einer unmittelbaren Beziehung zum natürlichen Wasserhaushalt steht und noch typische Gewässerfunktionen besitzt. Diese fehlen z.B. bei Wasser in festen Behältnissen oder Feuerlöschteichen sowie bei Wasserleitungssystemen. Auf die Größe der Wasseransammlungen kommt es nicht an (vgl. Hecker/Heine, in: Schönke/Schröder-StGB, § 324 Rn. 3). Ebenso wenig ist es wichtig, ob es ein natürlich entstandenes Gewässer ist oder der Mensch auf die Entstehung Einfluss genommen hat (vgl. OLG Stuttgart, NStZ 1994, S. 590). Sofern keine Verbindung zum Grundwasser besteht, genießen gelegentlich sich ansammelnden Gewässer wie Wasser in Fahrspuren oder Baulöcher sowie Regenpfützen keinen Schutz.

3.1.2 Grundwasser

Das Grundwasser ist gemäß § 3 Nr. 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) das unterirdische Wasser, sofern es mit dem Boden oder dem Untergrund in unmittelbarer Berührung steht.

3.1.3 Meer

Das Meer umfasst nach § 3 Nr. 2a WHG „die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes.“ § 324 StGB geht jedoch noch weiter und fasst unter den Meeresbegriff neben allen inländischen Küstengewässern zudem die Hohe See sowie alle ausländischen Küstengewässer, sofern deutsches Strafrecht auf die Auslandstaten Anwendung findet (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 324 Rn. 12).

3.2 Die Tathandlungen des § 324 Abs. 1 StGB

§ 324 Abs. 1 StGB sanktioniert die unbefugte

  • Verunreinigung oder
  • eine sonstige nachteilige Veränderung des Wassers (vgl. OLG Frankfurt a. M., NStZ 1987, S. 508).

3.2.1 Verunreinigen eines Gewässers

Eine Verunreinigung eines Gewässers liegt nach § 324 Abs. 1 StGB vor, wenn „das Gewässer nach seinem äußeren Erscheinungsbild erkennen lässt, dass es infolge der jeweiligen Einwirkung in seinen Eigenschaften nachteilig verändert ist.“ Ob ein Gewässer verunreinigt wurde oder nicht, wird nach der Rechtsprechung an der äußerlichen Wahrnehmbarkeit festgemacht (vgl. OLG Frankfurt a. M., NStZ 1987, S. 508). Das Verunreinigen ist lediglich ein hervorgehobener Unterfall der nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaft (vgl. OLG Celle, NJW 1986, S. 2326, 2327).

Beispiel
Die Warfield-GmbH hat jeden Monat mehrere Tonnen flüssige Produktionsausschüsse in den Natursee des Nachbarortes gekippt hat. Blickt man von außen auf den See, so sind großflächig Trübungen und Ölspuren zu erkennen. An den Ufern wird zudem eine schaumartige Substanz angespült, ebenso tote Fische.

  • Es ist deutlich zu erkennen, dass die Gewässerqualität des Natursees ziemlich nachteilig verändert wurde, denn anhand der toten Fische, dem Schaum, der großflächigen Trübungen und der Ölspuren ist die nachteilige Veränderung des Wassers im See nach außen hin wahrnehmbar.

3.2.2 Nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften

Eine (sonstige) nachteilige Veränderung von Gewässereigenschaften liegt vor, wenn der Ge- und Verbrauchswert des Wassers herabgesetzt ist, ohne dass es auf die Menge oder die bezweckte Verwendung des Wassers ankommt (vgl. OLG Celle, NJW 1986, S. 2326, 2327). Nachteilhaft ist die Veränderung des Gewässers dann, wenn ein „Minus an Wassergüte“ vorliegt. Aufgrund der Tathandlung muss das Wasser eine erhebliche schlechtere biologische, chemische oder physikalische Eigenschaft besitzen als vor der Einwirkung (vgl. OLG Frankfurt a. M., NStZ-RR 1996, S. 103).

Beispiel
Die Warfield-GmbH kippt fünf Tonnen flüssige Produktionsausschüsse in den Badesee des Nachbarortes. Nach außen hin sieht der See aus wie vorher. Ein Sachverständigengutachten des GreenLove e.V. hat jedoch ergeben, dass das Wasser zu starken Hautreizungen und Atemwegsverätzungen führen kann.

  • Es sind keine Veränderungen des Sees erkennbar. Allerdings äußert sich die herabgesetzte Wasserqualität dadurch, dass das Wasser des Sees gesundheitsgefährlich geworden ist. Der Ge- und Verbrauchswert des Wassers ist schlechter als vor der Einleitung der Chemikalien.
    Die nachteilige Veränderung muss positiv nachgewiesen sein. Andernfalls kommt nur eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 32, 45, 48, 103 WHG in Betracht. Für den Nachweis genügt es aber bereits, dass der eingeleitete Stoff aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung allgemein dazu in der Lage ist, den Wasserhaushalt nachteilig zu beeinflussen (vgl. OLG Celle, NJW 1986, S. 2326, 2327; OLG Frankfurt a. M., NStZ 1987, S. 508).

Ist das betreffende Gewässer bereits durch Fremdstoffe erheblich vorbelastet, braucht es für den Erfolg nach § 324 StGB eine nachteilige Abweichung, die durch einen Vergleich der Gewässereigenschaften vor und nach der Stoffeinleitung festgestellt werden kann (vgl. OLG Frankfurt a. M., NStZ 1987, S. 508).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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