Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 05 – Grundlagen der Haftung im Umweltstrafrecht

2.2.2.3 Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG

Im Recht der Ordnungswidrigkeiten gibt es einen speziellen Bußgeldtatbestand, der an die Aufsichtspflicht eines Betriebsinhabers anknüpft. Dabei delegiert der Betriebsinhaber eine eigentlich ihm obliegende Pflicht an einen hierzu eigentlich nicht verpflichteten Dritten. Kommt es dann zu einer strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung durch den Dritten, die bei ordnungsgemäßer Beachtung durch den eigentlichen Inhaber der delegierten Pflicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre, so handelt dieser ordnungswidrig nach § 130 Abs. 1 OWiG.

Im Falle einer GmbH ist diese selbst die Betriebsinhaberin. Dem erfüllungspflichtigen Geschäftsführer als vertretungsberechtigtes Organ wird diese Aufsichtspflicht allerdings über die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG über das Handeln für einen anderen zugerechnet (vgl. Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 6 Rn. 127, 134).

Beispiel
Der Geschäftsführer N der Warfield-GmbH hat seit mehreren Wochen keine Lust mehr auf den ganzen Stress. Er will lieber Golf spielen und sich nicht mehr mit der Kontrolle der Buchführungspflichten herumärgern. Zu diesem Zweck weist er den Werksstudenten W an, die Bücher auf Auffälligkeiten hin zu prüfen. Während W die Bilanzen prüft, macht G sich auf den Weg zu seinem Golfplatz. Bei der Prüfung der Bilanzen fallen dem W erhebliche Fehlbeträge auf. W weiß, dass die Bücher dazu dienen, der Bank D die Kreditwürdigkeit der GmbH für ein großes Darlehen nachzuweisen. Der Nachweis würde nicht gelingen, wenn die Bank die Fehlbeträge bemerkt. Daher kaschiert W die erheblichen Fehlbeträge. Dann legt er die Bilanz der kreditgebenden D-Bank vor, damit diese das Darlehen in Höhe von 1 Million Euro auszahlt. Der zuständige Sachbearbeiter der Bank bemerkt die Verfälschung nicht und zahlt das Darlehen an die Gesellschaft aus.

  • Nach § 41 GmbHG muss ein Geschäftsführer für eine ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft sorgen. Diese Pflicht hat der G vorliegend auf den W übertragen, der in diesem Zuge einen Betrug in besonders schwerem Fall nach § 263 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB begangen hat. Hätte G seiner Fürsorgepflicht genügt und die Buchführung selbst kontrolliert, wären ihm die Fehlbeträge aufgefallen und die Bilanzen wären der Bank nicht zugeleitet worden. Wegen dieser Aufsichtspflichtverletzung handelte der G ordnungswidrig nach § 130 Abs. 1 OWiG

2.3 Grundlagen der Haftung im Umweltstrafrecht

Im Folgenden werden die systematischen Besonderheiten des Umweltstrafrechts dargestellt, die seine stark präventive Ausrichtung verdeutlichen (vgl. Saliger, Umweltstrafrecht, S. 20 Rn. 47).

2.3.1 Allgemeiner Aufbau der Straftatbestände im Umweltstrafrecht

Der Deliktsaufbau der Umweltstraftaten nach §§ 324 ff. StGB ist zweigliedrig ausgestaltet:

  • nach dem geschützten Umweltmedium, d.h. Luft, Wasser etc. (vgl. 2.1)
  • nach der Tätigkeit, welche das geschützte Medium gefährdet (vgl. die §§ 324 ff. StGB).

2.3.2 Allgemein- und Sonderdelikte

Die Umweltstraftaten werden in Allgemein- und Sonderdelikte unterteilt, was eine maßgebliche Rolle für die Strafbarkeit der Tatbeteiligten spielt.

2.3.2.1 Allgemeindelikte

Bei Allgemeindelikten kann sich jedermann strafbar machen. Den ausschließlichen Allgemeindelikten ist gemeinsam, dass der Täter allein mit dem Wort ,,Wer“ umschrieben wird (vgl. Saliger, Umwelstrafrecht, S. 62 ff. Rn.143, 144, 146).

Ausschließliche Allgemeindelikte sind:

  • Gewässerverunreinigung nach § 324 StGB
  • Unerlaubter Umgang mit Abfällen nach § 326 Abs. 1 StGB
  • Unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen nach § 328 Abs. 2 StGB
  • Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften nach § 330a StGB

2.3.2.2 Sonderdelikte

Bei den Sonderdelikten ist die Strafbarkeit von einem weiteren Merkmal abhängig, das den Täter von Jedermann unterscheidet:

Sonderdeliktsfähig sind z.B.

  • das Betreiben einer Anlage nach den Vorschriften des § 325 StGB über die Luftverunreinigung, des § 325a StGB über das Verursachen von Lärm, Erschütterungen und nichtionisierenden Strahlen, des § 327 StGB über das unerlaubte Betreiben von Anlagen und des 329 Abs. 1 und 2 StGB über die Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete.
  • die Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten nach den Vorschriften des§ 324a über die Bodenverunreinigung, des § 325a StGB über das Verursachen von Lärm, Erschütterungen und nichtionisierenden Strahlen und des § 328 Abs. 3 StGB über den unerlaubten Umgang mit radioaktiven oder gefährlichen Stoffe und Gemische beim Betrieb einer Anlage sowie den unerlaubten Umgang mit gefährlichen Gütern (vgl. Fischer-StGB, Vor § 324 Rn. 14).

Täter kann danach nur der Anlagenbetreiber bzw. der Adressat der verwaltungsrechtlichen Pflicht sein. Seine Arbeitnehmer oder Außenstehende können sich nur als Teilnehmer strafbar machen (vgl. Saliger, Umweltstrafrecht, S. 62 ff. Rn. 144-151; Fischer-StGB, Vor § 324 Rn. 14, § 327 Rn. 12, 18).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: § 41 GmbHG, § 130 OWiG, §§ 324 ff. StGB

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