Einleitung
In der Fotografenszene wird derzeit das Thema der Nachahmung von Fotografien lebhaft diskutiert. Die Diskrepanz dabei ist eindeutig. Inwieweit können Fotografen die von ihnen abgelichteten Motive und damit einhergehende Perspektiven und andere Techniken schützen lassen? Dabei bezieht sich Schutzbereich nicht nur auf die Fotografie selbst, sondern auch auf die Schutzmöglichkeiten bezüglich ihrer Motive und Arrangements. Dem Wunsch der Fotografen nach Schutz vor Urheberrechtsverletzungen, steht eine möglicherweise ausufernde Praxis gegenüber, welche der Kunstfreiheit und der damit einhergehenden Freiheit der Motivwahl eine große Hürde in den Weg stellen würde.
Anlass für die seit längerem schwelende Frage waren insbesondere die sog. „Hundertwasser-Entscheidung“ des BGH, sowie zwei darauf folgende Urteil des LG Mannheim und des LG Düsseldorf, welche die Entscheidung des BGH umsetzen.
In der Hundertwasser- Entscheidung hatte der BGH zum ersten Mal festgestellt, dass die in einem Lichtbildwerk liegende schöpferische Leistung auch dadurch übernommen werden könne, dass das Objekt auf der geschützten Fotografie in der gleichen Weise nachgestellt und auf die selbe Art und Weise fotografiert werde.
Damit legte der BGH fest, dass auch das Nachstellen eines bestimmten Fotoarrangements eine Urheberrechtsverletzung sein könnte. Die Landgerichte Düsseldorf und Mannheim hatten sich in der Folgezeit mit ähnlichen Fallkonstellationen auseinanderzusetzen. Jedoch sei angemerkt, dass auch schon der BGH zwischen selbst arrangierten Szenen und reinen Natur- bzw. Architekturmotiven unterscheidet. Das LG Düsseldorf hatte sich mit dem Nachstellen eines inszenierten Fotos zu beschäftigen, wohingegen das LG Mannheim über den Schutz der Perspektive eines vorgefundenen Motivs zu urteilen hatte.
Perspektivschutz bei vorgefundenen Motiven (LG Mannheim)
Das LG bejahte in seiner Entscheidung schlussendlich den Urheberrechtsschutz (es handelte sich in soweit um eine Aufnahme des „Freiburger Münsters“ bei starkem Gegenlicht) mit den Argumenten: der Künstler habe durch den gezielten Einsatz von Gegenlicht und insbesondere die Wahl der Perspektive auf das Motiv eine „architektonische Reduktion“ des Motivs erreicht und dadurch eine schöpferische Leistung erbracht. In der Nachstellung des beklagten Fotografen erschöpfte sich die schöpferische Leistung ist der bloßen Nachahmung und wies keine eigenen Werkcharakter auf.
Dies erscheint im ersten Moment erfreulich zu Gunsten des klagenden Fotografen, sollte aber kritisch betrachtet werden. Die Rechtsprechung hat für die Frage der Werkqualität eines Bildes im Sinn des § 2 I, Nr. 5 UrhG Grundsätze entwickelt, welche zur Beurteilung eben dieser Werkqualität dienen. Ausschlaggebend sollen danach die eigenpersönliche Zuordnung und die individuellen, gestalterischen Züge des Fotografen sein, welche in dem Bild dann hervortreten sollen. Exemplarisch sind dies in der Fotografie Faktoren, wie die Brennweite des Objekts, die Schärfentiefe durch Wahl der Blende oder eben die Wahl der Perspektive. Diese Komposition von Faktoren macht schlussendlich die Werkqualität der Fotografie aus.
Nach überwiegender Auffassung in der wissenschaftlichen Literatur reicht aber die Wahl einer möglicherweise sogar nahezu einzigartigen bzw. eigentümlichen Perspektive allein nicht aus und begründet demnach auch keine Werkqualität. Erst das Zusammenspiel der Faktoren kann hierfür entscheidend sein.
Die Rechtfertigung der Werkqualität mit dem alleinigen Argument der eigentümlichen Wahl der Perspektive scheint also nicht ausreichend. Dem kann entgegnet werden, dass der Wahl der Perspektive bei frei zugänglichen Objekten eine übergeordnete Stellung eingeräumt werden muss, dies aber nicht zu einer Blockierung von Objekten für andere Fotografen führen darf. Das würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass sich Fotografen mit ihren ggf. schon ein Mal abgelichteten Motiven eingehend beschäftigen müssten um etwaige Urheberrechtsverletzungen auszuschließen. Dies würde einen unverhältnismäßigen und unzumutbaren Aufwand nach sich ziehen. Der Schutzbereich scheint an dieser Stelle zu weit geraten zu sein.
Für das nachfotografieren wiederum wird das Kriterium der Gestaltungshöhe herangezogen. Danach muss das Werk ein gewisses Maß an eigener Individualität zu Tage treten lassen. In dieser Hinsicht kann dann einer unfreien Bearbeitung nach § 23 UrhG „aus dem Weg“ gegangen werden, hin zu einer freien Bearbeitung im Sinne des § 24 UrhG.
Zu beachten bleibt aber vor allem, dass die Wahl der Perspektive im Urheberfoto und das Nachfotografieren des Motivs aus der gleichen Perspektive strikt zu trennen sind. Es bedarf so gesehen zweier verschiedener, rechtlicher Beurteilungen.
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Stand: Oktober 2008
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- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- „Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
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