Die Kündigung im Arbeitsrecht - Sonderrechte für Fans der Fußball-WM?

„Maultaschen“, „Pfandbonds“ und Co. - in den vergangenen Monaten häuften sich die Meldungen über Mitarbeiter, die ihren Job wegen „kleiner Vergehen“ verloren. Doch was ist erlaubt, was verboten? Auch stellt sich die Frage nach arbeitsrechtlichen Sonderrechten für Fans, die ab dem 11. Juni 2010 die Fussball-WM in Südafrika am Arbeitsplatz oder zu Hause verfolgen wollen.

Irrtümer im Kündigungsrecht

Es gibt viele verbreitete Irrtümer bei Kündigungen. So trifft es nicht zu, dass einem krankgeschriebener Arbeitnehmer nicht gekündigt werden kann, dass vor einer Kündigung immer dreimal abgemahnt werden, oder die Kündigung eine Begründung enthalten muss. Letzteres ist aus Sicht des Arbeitgebers vielleicht ungeschickt, da er sich für einen späteren Gerichtsprozesses unnötig festlegt. Da viele Kündigungsschutz-Verfahren mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs enden, wird unzutreffend von einem generellen Abfindungsanspruch ausgegangen. Richtig ist allein, dass Arbeitnehmer diese Möglichkeit in einem Verfahren anstreben, Arbeitgeber hingegen eine Kündigung zur Vermeidung einer Abfindungszahlung rechtssicher vorbereiten sollten.

Sonderregeln für WM-Fans?

Während der WM gelten keine arbeitsrechtlichen Sonderregeln. So hat der WM-Fan kein Recht auf WM-bedingten Urlaubswunsch, sowie darauf, den Arbeitsplatz früher zu verlassen oder später zu erscheinen.
Der Arbeitnehmer kann nicht verlangen, an einzelnen Spieltagen Urlaub zu erhalten. Denn der Urlaub soll zur Erholung dienen und die Arbeitskraft erhalten, was aus medizinischer Sicht erst bei mehreren zusammenhängenden Urlaubstagen angenommen wird. Ergibt sich hingegen die Möglichkeit, ein WM-Spiel persönlich wahrzunehmen (Fußnote), ist darauf hinzuweisen, dass Urlaubswünsche vom Arbeitgeber zu berücksichtigen sind. Wenn jedoch dringende betriebliche Belangen vorliegen, kann der Arbeitgeber den Urlaubswunsch versagen.
Ob der Arbeitgeber Überstunden während der WM-Spiele anordnen darf, hängt von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ab. Fehlt es an einer solchen Regelung, kann ein Arbeitnehmer regelmäßig die Leistung von Überstunden verweigern. Ein Arbeitnehmer kann hingegen nicht die Versetzung in eine andere Schicht verlangen, wenn er ein WM-Spiel schauen möchte.

Fußball am Arbeitsplatz

Muss der Arbeitnehmer während der Übertragungen eines WM-Spiels arbeiten, bliebe ihm die Möglichkeit, die Spiele am Arbeitsplatz zu verfolgen. Hier gilt der Grundsatz: Mitarbeiter, die während der Arbeitszeit anderen Tätigkeiten nachgehen, verletzten ihre Arbeitspflicht.
Das Bundesarbeitsgericht hat bezüglich der Radio Live-Übertragung entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei der Arbeit Radio hören darf, „soweit er dabei seine Aufgaben zügig und fehlerfrei erfüllt“. Die Verfolgung des Fußballspiels im TV kann vom Arbeitgeber jedoch meist wirksam untersagt werden, da die Qualität der Arbeit beim TV-Sehen erheblich leiden kann.
Zur Rechtslage in Bezug auf die Internetnutzung am Arbeitsplatz hat kürzlich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Fußnote) entschieden, dass einem Arbeitnehmer nicht ohne weiteres gekündigt werden kann, wenn er das Internet am Arbeitsplatz privat nutzt. Der Arbeitgeber muss hier nachweisen, dass es zu einer „erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung“ gekommen ist. Liegt eine solche Beeinträchtigung vor, ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich. So muss der Einzelfall betrachtet werden, wenn z.B. der WM-Live-Ticker verfolgt wird.

Kündigung – Ausnahmsweise fristlos

Es gilt folgender Grundsatz: Wenn ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter kündigen will, muss er nach dem Kündigungsschutzgesetz (Fußnote) einen Grund nennen können, wenn der Mitarbeiter länger als 6 Monate in einem Betrieb arbeitet, in dem mehr als 10 Vollzeitmitarbeiter beschäftigt sind. Ein solcher Grund kann betriebsbedingt (z.B. Umsatzrückgang) oder personenbedingt (Fußnote) sein. Daneben gibt es Kündigungen, die ein Mitarbeiter durch Fehlverhalten selbst verschuldet. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen grundsätzlich zunächst abmahnen, bevor eine fristlose Kündigung wirksam ausgesprochen werden kann.
Bei groben Missverhalten sieht die Rechtslage hingegen anders aus. Einfach für ein WM-Spiel zu Hause zu bleiben oder gar anzukündigen, man werde krank machen, wenn der (WM-) Urlaub nicht gewährt werde, kann es zur fristlosen Kündigung führen. Denn die Arbeitsgerichte werten solche Verhaltensweisen als erhebliche Vertragspflichtverletzung, die zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung berechtigen. Auch wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verlässt, um Fußballspiele anzusehen, handelt es sich um einen klaren Fall von Arbeitsverweigerung, der zur Abmahnung und ggf. zur fristlosen Kündigung führen kann.

Fazit

Bei einer Fußball-WM gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Spielregeln. Hält der Arbeitnehmer diese Spielregeln nicht ein, muss er mit der Abmahnung, also der gelben Karte des Arbeitsrechts rechnen. Bei extremen Verstößen droht sogar die rote Karte der fristlosen Kündigung. Damit das Fußballfest nicht ein arbeitsrechtliches Nachspiel erfährt, sollten die Beteiligten im Unternehmen vor dem Anpfiff der WM einvernehmliche Regelungen über die angesprochenen Fragen treffen.

(Fußnote)


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Mai 2010


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Gericht / Az.: LAG, 26.02.2010, AZ 6 Sa 682/09

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