Die GmbH Reform die wichtigsten Änderungen im Überblick Teil 26 § 64 GmbHG Insolvenzantragspflicht; Haftung
Eine der wohl wichtigsten Änderungen des GmbH-Rechts wird § 64 erfahren.
Es geht um die Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführer und ihre diesbezügliche Haftung. Durch die Reform werden in § 64 GmbHG einige Neuregelungen eingefügt.
Die frühere Überschrift des § 64 GmbHG lautete „Insolvenzantragspflicht“. Durch die Reform erfolgt eine Umbenennung in „Insolvenzantragspflicht; Haftung“.
Zunächst zur alten Fassung des § 64 Abs. 1 GmbHG:
„Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig, so haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Dies gilt sinngemäß, wenn sich eine Überschuldung der Gesellschaft ergibt.“
Die Neuregelung des § 64 Abs. 1 GmbHG soll wie folgt aussehen:
„Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig, so haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Im Fall der Führungslosigkeit der Gesellschaft (Fußnote) oder bei unbekanntem Aufenthalt der Geschäftsführer ist auch jeder Gesellschafter zur Stellung des Antrages verpflichtet, es sei denn, er hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Führerlosigkeitkeine Kenntnis. Die Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß, wenn sich eine Überschuldung der Gesellschaft ergibt.“
Zunächst zur alten Fassung des § 64 Abs. 2 GmbHG:
„Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 43 Abs. 3 und 4 entsprechende Anwendung.“
Der neue § 64 Abs. 2 GmbHG soll nach der Reform wie folgt lauten:
„Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Die gleiche Verpflichtung trifft die Geschäftsführer, wenn durch Zahlungen an Gesellschafter die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeigeführt wird, es sei denn, dass diese Folge auch bei Beachtung der in Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar war. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 43 Abs. 3 und 4 entsprechende Anwendung.“
Begründung der Neuregelung
Änderung von § 64 Absatz 1 GmbHG:
Ganz einfach gesagt geht es in der Regelung darum, dass im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft (Fußnote) nunmehr auch jeder Gesellschafter einen Insolvenzantrag stellen muss. Die Verpflichtung zur Insolvenzantragsstellung besteht nicht, wenn der Gesellschafter von der Zahlungsunfähigkeit und der Führungslosigkeit keine Kenntnis hatte.
Welchen Zweck hat die neue Regelung ?
- Die Regelung in § 64 Abs. 1 GmbHG soll in erster Linie den Gläubigerschutz stärken:
Die Gesellschafter sollen selbst in die Pflicht genommen werden bei Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. - Durch die Regelung soll außerdem verhindert werden, dass die Insolvenzantragspflicht umgangen wird.
Wann sind die Gesellschafter einer GmbH verpflichtet den Insolvenzantrag zu stellen ?
Die Verpflichtung der Gesellschafter zur Stellung eines Insolvenzantrages besteht bei der
- Führungslosigkeit der GmbH,
- aber auch wenn lediglich der Aufenthalt (Fußnote) der Geschäftsführung unbekannt ist.
Die Gesellschafter sind verpflichtet, die Gesellschaft nicht zum Schaden des Rechtsverkehrs führungslos zu lassen.
Beispiel:
Eine GmbH ist führungslos, d.h. sie wird im Moment ohne Geschäftsführer betrieben. Jetzt wird ein neuer Geschäftsführer bestellt. Mit dessen Bestellung geht die Verpflichtung zur Insolvenzantragsstellung auf diesen über. Die Gesellschafter sind ab diesem Zeitpunkt von der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages befreit.
Von jeder Regel gibt es bekanntlich Ausnahmen:
Unter welchen Umständen müssen die Gesellschafter einer GmbH keinen Insolvenzantrag stellen?
Haben die Gesellschafter weder von der Zahlungsfähigkeit bzw. Überschuldung noch von der Führungslosigkeit Kenntnis, besteht für die Gesellschafter keine eigenständige Verpflichtung einen Insolvenzantrag zu stellen.
Die gesetzliche Regelung sieht also vor, dass die Gesellschafter sowohl von der Zahlungsunfähigkeit als auch von der Führungslosigkeit der Gesellschaft keine Kenntnis haben dürfen. Ihnen müssen beide Elemente unbekannt sein. Nur unter dieser Prämisse greift die Ausnahme ein, dass die Gesellschafter keinen Insolvenzantrag stellen müssen.
Den Gesellschafter trifft für die diesbezüglichen Umstände die Beweislast, d.h. er muss beweisen, dass er von der Führungslosigkeit und der Zahlungsunfähigkeit keine Kenntnis hatte.
Man kann hier zwei Fallgestaltungen unterscheiden:
(1) Hat der Gesellschafter Kenntnis vom Insolvenzgrund, ist ihm Anlass gegeben nachzuforschen, warum die Geschäftsführung keinen Insolvenzantrag stellt.
In derartigen Fällen wird der Gesellschafter die Führungslosigkeit wohl kennen.
(2) Ist dem Gesellschafter bekannt, dass die GmbH momentan führungslos ist, besteht für ihn ein Anlass nachzuforschen, wie es um die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft steht.
In diesen Fällen wird er den Insolvenzgrund kennen.
Hinweis:
Für den Fall der Führungslosigkeit wird vermutet, dass die Gesellschafter sowohl den Insolvenzgrund als auch die Führungslosigkeit kennen.
Änderung von § 64 Absatz 2 GmbHG:
Die erweiterte gesetzliche Regelung des § 64 Abs. 2 GmbHG sieht vor, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft auch in den Fällen zum Ersatz verpflichtet ist, in denen die Zahlungsunfähigkeit durch Zahlungen an die Gesellschafter herbeigeführt wird.
Mit der Neuregelung des § 64 Abs. 2 GmbHG wird die Haftung der Geschäftsführer erweitert:
Erfolgen Zahlungen an die Gesellschaft (Fußnote) oder an die Gesellschafter (Fußnote), wodurch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeigeführt wird, haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft auf Ersatz.
Was ist Sinn und Zweck dieser Regelung?
- Die Gläubiger der GmbH sollen davor geschützt werden, dass Vermögensverschiebungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern stattfinden.
- Außerdem wird mit der geplanten Gesetzesänderung der Gefahr vorgebeugt, dass dem Gesellschaftsvermögen, bei Abzeichnung der Zahlungsunfähigkeit, Mittel entnommen werden.
Merke:
Das Gesetz spricht in § 64 Abs. 2 GmbHG von „Zahlungen“. Der Begriff ist aber nicht auf reine Geldleistungen beschränkt. Erfasst sind auch vergleichbare Leistungen, die zu Lasten des Gesellschaftsvermögen gehen.
Was geschieht in den Fällen, in denen der Geschäftsführer daran zweifelt, ob eine Zahlung an einen Gesellschafter gegen § 64 Abs. 2 GmbHG verstoßen könnte?
Hier muss der Geschäftsführer sein Amt niederlegen, statt die vom Gesellschafter gewünschte Zahlung vorzunehmen.
Die Erweiterung des § 64 Abs. 2 GmbHG weist einen starken Bezug zum Insolvenzrecht auf.
Kritik
Durch die Einführung der weiteren gesetzlichen Regelungen in § 64 Abs. 1 und 2 soll insbesondere dem Missbrauch der GmbH durch den Geschäftsführer entgegengetreten werden.
§ 64 Abs. 1 GmbHG regelt künftig, dass bei Führungslosigkeit der Gesellschaft die Gesellschafter den Insolvenzantrag stellen müssen.
Anzumerken ist, dass es dann zu einer Flut von Insolvenzanträgen kommen kann. Deshalb ist die beabsichtigte Regelung nicht zu begrüßen. Die Bundesregierung sollte diesbezüglich eine andere Möglichkeit finden um derartige Missbräuche der Geschäftsführer zu verhindern.
In § 64 Abs. 2 GmbHG wird die Haftung der GmbH-Geschäftsführer ausgeweitet (Fußnote).
Die künftige Regelung ist aus folgenden Gründen nicht zu begrüßen:
- Die Haftung der Geschäftsführer müsste zeitlich begrenzt werden, um Zahlungen, die bereits mehrere Jahre zurückliegen, nicht noch auf ihre Verursachung zur Insolvenz hin untersuchen zu müssen. Solch eine Regelung liegt bislang nicht vor, sollte aber in das Recht der GmbH aufgenommen werden.
- Auch als kritisch ist der Begriff „Zahlungen“ zu sehen:
Nach dem Referentenentwurf soll sich der Begriff „Zahlungen“ nicht auf reine Geldleistungen beschränken. Auch sonstige vergleichbare Leistungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens fallen unter den Begriff der Zahlungen. Offengelassen wird, welche sonstigen Leistungen gemeint sind. Fallen unter die sonstigen Leistungen auch Zahlungen, die die Gesellschaft aufgrund einer Gegenleistung für ihre eigene Leistung erhält?
Diese Frage ist durch den vorliegenden Entwurf nicht abschließend geklärt.
Durch die angesprochene Kritik ergibt sich eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Daraus entstehen unklare Fragestellungen, die durch den bisherigen Entwurf nicht abschließend geklärt werden.
Bezüglich der gesetzlichen Regelung des § 64 GmbHG bedarf es einer weiteren Überarbeitung durch den Gesetzgeber.
Stand: Dezember 2025
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