Die Eigentümerversammlung - 3. Die Beschlussfassung 1.Teil: Die Stimmabgabe


Die Eigentümerversammlung - 3. Die Beschlussfassung 1.Teil: Die Stimmabgabe

Der Schwerpunkt einer jeden Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan der Eigentümergemeinschaft ist die mehr oder weniger intensive Diskussion über die jeweiligen Tagesordnungspunkte. Der Abschluss dieser Diskussion ist dann regelmäßig die Abstimmung über die Beschlussanträge – der so genannten Beschlussfassung.

Haben die Wohnungseigentümer unter einem Tagesordnungspunkt ausreichend über die entsprechende Angelegenheit diskutiert, entscheiden die Wohnungseigentümer schließlich durch Beschluss. Rechtstechnisch handelt es sich beim Beschluss um ein Rechtsgeschäft eigener Art, das auf eine kollektive, rechtsverbindliche Willensbildung gerichtet ist.

Damit die Wohnungseigentümer abstimmen können, bedarf es zunächst eines Beschlussantrages. Dieser legt den Gegenstand der Beschlussfassung fest und muss klar, verständlich und bestimmt gefasst sein. Die Bestimmtheit der Beschlussfassung ist deshalb wichtig, damit die von den Wohnungseigentümern gewollte Rechtswirkung durch bloße Zustimmung der Mehrheit eintreten kann.

Die Abstimmung über den Beschlussantrag erfolgt durch den Versammlungsleiter in der Weise, dass dieser durch entsprechende Abstimmungsfragen die Anzahl der gültigen Ja- und Nein-Stimmen ermittelt. Ein Beschlussantrag ist nur dann positiv beschlossen, wenn die gültigen Ja-Stimmen die gültigen Nein-Stimmen überwiegen. Enthaltungen oder ungültige Stimmen sind nicht zu berücksichtigen, sofern in der Teilungserklärung oder durch Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung nichts anderes geregelt ist (z.B. das Enthaltungen als Nein-Stimmen zu werten sind).

Praxishinweis: Es empfiehlt sich, Beschlussanträge positiv zu formulieren, d.h. das mit dem Beschluss eine Handlung bewirkt werden soll (z.B. die Beauftragung eines Sanierungsunternehmens). Negativ formulierte – meistens auf die Erhaltung des Status quo gerichtete – Beschlussanträge führen bei den Wohnungseigentümern häufig zu Verwirrungen, so dass es zu ungewollten Beschlussergebnissen kommen kann.

Nachdem der Versammlungsleiter die Stimmen gezählt hat, muss er das Abstimmungsergebnis, d.h. das Verhältnis der gültigen Ja- und Nein-Stimmen, mit den für den Beschlussgegenstand geltenden gesetzlichen oder vereinbarten Mehrheitserfordernissen messen. Er hat also zu beurteilen, ob für den Beschlussantrag eine einfache oder eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist oder ob der Beschlussantrag gar nur einstimmig erfolgen kann. Danach entscheidet sich, ob der Beschlussantrag positiv, d.h. mit der erforderlichen Mehrheit zustandegekommen ist, oder ob es sich wegen fehlender Mehrheit lediglich um einen negativen Beschluss handelt.

Zur Wirksamkeit des Beschlusses bedarf es nach erfolgter Abstimmung jedoch noch einer weiteren Voraussetzung: der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses, d.h. ob der Beschluss angenommen oder abgelehnt wurde, gegenüber den Wohnungseigentümern in der Eigentümerversammlung. Unterbleibt die förmliche Verkündung des Beschlussergebnisses in der Eigentümerversammlung, ist der entsprechende Beschluss – egal ob positiv oder negativ – unwirksam. Es bedarf insoweit keiner Anfechtung beim zuständigen Gericht.

Praxishinweis: Ist der Hausverwalter bzw. ein anderer Versammlungsleiter hinsichtlich des Beschlussergebnisses unsicher, kann er die Verkündung in einer späteren Versammlung oder einer schriftlichen Bekanntmachung nachholen.

Von dem so genannten „Nichtbeschluss“ zu unterscheiden ist der Fall der fehlerhaften Verkündung des Beschlussergebnisses. Eine solche liegt vor, wenn der Verwalter bzw. Versammlungsleiter auf Grund fehlerhafter Feststellung des Beschlussergebnisses (z.B. wegen Verkennung einer ungültigen Stimmabgabe) oder des Beschlussergebnisses (z.B. bei Verkennung der erforderlichen Mehrheit) fälschlich Antragsannahme oder Antragsablehnung verkündet. Um den fehlerhaft verkündeten Beschluss nicht bestandskräftig werden zu lassen, bedarf es einer fristgebundenen Anfechtung und der Unwirksamkeitserklärung durch das Gericht.

Praxishinweis: Die fristgebundene Anfechtung sollte verbunden werden mit dem – insoweit fristunabhängigen – Antrag auf Feststellung der Antragsannahme bzw. Antragsablehnung. Die Feststellungsentscheidung des Gerichts ersetzt dann die falsche durch die richtige Beschlussverkündung.

Die Stimmen der Wohnungseigentümer, die in Bezug auf den Beschlussantrag in der Eigentümerversammlung abgegeben werden, sind einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen, die gegenüber den anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümern abzugeben sind. Daher gelten für die Stimmabgabe, die als Willenserklärungen auf die Kundgabe eines Rechtsfolgewillens gerichtet ist, die allgemeinen Regeln für Willenserklärungen wie z.B. die Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB).

Praxishinweis: Die Anfechtung der Stimmabgabe als Willenserklärung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung ist nicht mit der Anfechtung gemäß § 23 Abs. 4 WEG gleichzusetzen. Ersteres hat lediglich zur Folge, dass die Stimmabgabe als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Bei der Beschlussanfechtung hingegen ist der Beschluss im gerichtlichen Verfahren für ungültig zu erklärt, wenn er nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.


 

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Stand: 11/2006


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