Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 14 – Objektgerechte Beratung: Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


2.3.2.2. Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand

Bei einem Beratungsvertrag genügt es nicht wie bei einem Anlagevermittlungsvertrag, nur eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Stattdessen muss eine Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand erfolgen. Eine Bank nimmt bei einer Beratung Vertrauen in Anspruch. Deshalb muss die Bank einen Kunden auf alle bei ordnungsgemäßer, banküblicher Prüfung erkennbare Risiken hinweisen.

Eine genaue Definition des „banküblichen kritischen Sachverstandes“ gibt es bisher nicht. Stattdessen können einzelne Pflichten aus der Rechtsprechung abgeleitet werden. Klar ist aber, dass die Bank eine eigene Prüfung vornehmen muss.

Beispiel

Die Fidelitas Bank empfiehlt Kunden, die ein moderates Risiko und eine ansprechende Rendite wünschen, Aktien des ausländischen Unternehmens Dynamic. Die Fidelitas Bank hat die interne Entscheidung, ob diese Empfehlung objektgerecht ist, auf Informationen der Börsenzulassung und des Zulassungsprospekts gestützt.
Die Bank hätte die Aktien der Dynamic und das Anlageprofil, d.h. für wen sich die Aktien eignen, selbst prüfen Stattdessen begnügte sich die Fidelitas Bank mit wenigen ausländischen Informationen.
Die Kunden gehen aber bei einer Empfehlung durch die Fidelitas Bank davon aus, dass sie die Anlage aufgrund eigener Prüfung für gut und als für den Anleger geeignet beurteilt hat. Deshalb können Kunden bei einem Schaden die Fidelitas Bank in Anspruch nehmen.

Ein wichtiger Teil der Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand ist, dass sich der Berater ausreichend informiert.

Der Berater muss sich in der Wirtschaftspresse über die geplante Anlage informieren. Zur Pflichtlektüre gehören das Handelsblatt, die Börsenzeitung, die Financial Times Deutschland und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Wenn dort zeitnah gehäuft negative Berichte veröffentlicht werden, muss der Anleger darüber aufgeklärt werden.

Abgesehen davon muss nicht jede verfügbare Publikation verfolgt werden. Hat der Berater jedoch Kenntnis von einem negativen Bericht, muss er diesen bei der Empfehlung zumindest berücksichtigen.

Bei privaten Anleihen oder Zertifikaten hat sich die Bank aktuelle Informationen über die Bonität des Emittenten oder der Garantiegeberin dieser Wertpapiere zu verschaffen (Bonitätsprüfung). Bei allen Anlageempfehlungen ist über erkennbare Risiken der Anlage und Bedenken gegenüber der Bonität eines Emittenten aufzuklären.

Dabei ist es unerheblich, ob das Wertpapier zum amtlichen Handel an der Börse zugelassen ist oder nicht, da dies keinen Aufschluss darüber gibt, wie es um die Bonität des Emittenten oder die Absicherung des Wertpapiers bestellt ist.

Beispiel

Die Aktien der Hochtechnik AG sind in Deutschland zum Börsenhandel zugelassen.
Eine Bank, die die Aktien in ihr Anlageprogramm aufnehmen möchte, muss sich Informationen beschaffen, um die Bonität der Hochtechnik AG beurteilen zu können.Erst auf Grundlage dieser Informationen kann eine Bank die Aktien der Hochtechnik AG ihren Anlegern empfehlen. Holt sie diese Informationen nicht ein, verletzt sie ihre Prüfungspflicht gegenüber ihren Anlegern und macht sich schadensersatzpflichtig.

Der Anlageberater hat sich auch die nötigen Informationen wie Liquidität, Rentabilität und Sicherheit der Kapitalanlage zu verschaffen. Diese Informationspflicht trägt Sorge dafür, dass die Bank sich Unterlagen und Angaben über die Anlage beschafft, wenn sie diese noch nicht besitzt und so wirklich kompetent beraten kann.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.


 

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Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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