Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 24 – Rechtsschutz


6 Rechtsschutz bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung

Wie gegen jeden anderen Verwaltungsakt bestehen auch gegen eine immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung Rechtsschutzmöglichkeiten. Ihr Gegenstand und ihre Auswirkungen richten sich nach dem Begehren des Rechtsbehelfsführers. Daher muss zunächst ermittelt werden, wogegen dieser vorgehen will und welches Ziel er verfolgt. Daher ist dieses Kapitel danach unterteilt, wer Rechtsschutz begehrt. Insofern stellen die Ausführungen zum Rechtsschutz Dritter aus dem Blickwinkel eines Unternehmers auch mögliche Risiken dar.

Eine detaillierte Darstellung sämtlicher Voraussetzungen der einzelnen Rechtsbehelfe würde den Rahmen dieses Werkes sprengen. Insofern beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf die wichtigsten Aspekte in Bezug auf immissionsschutzrechtliche Rechtsschutzverfahren.

6.1 Rechtsschutz des Antragstellers bzw. Betreibers

6.1.1 Rechtsschutz bei Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung

Für Klagen des Antragstellers ergeben sich aus dem Immissionsschutzrecht keine spezifischen Anforderungen. Gegen eine Ablehnung des Genehmigungsantrags (§ 20 Abs. 2 der 9. BImSchV) besteht die Möglichkeit des Widerspruchs und gegebenenfalls der Verpflichtungsklage.

6.1.1.1 (Verpflichtungs-)Widerspruch

Die Zweistufigkeit der verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfe erfordert zunächst die Durchführung eines Vorverfahrens. Dieses besteht gemäß § 69 VwGO darin, einen Widerspruch gegen die Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einzulegen. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ist somit eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen der sich möglicherweise anschließenden Klage. Unter Umständen ist die Durchführung des Widerspruchsverfahrens gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO oder mangels landesrechtlicher Regelungen allerdings entbehrlich. In diesen Fällen ist die sofortige Verpflichtungsklage statthaft.

Das Widerspruchsverfahren richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften aus §§ 68 - 73 VwGO. Gegenstand der Prüfung ist die Rechtmäßigkeit der Versagung. Es handelt sich also um einen Verpflichtungswiderspruch gemäß § 68 Abs. 2 VwGO.

Der Widerspruch muss bei der Erlassbehörde innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der nachträglichen Anordnung eingelegt werden (§ 70 Abs. 1 VwGO). Hilft die Genehmigungsbehörde dem Widerspruch nicht ab (§ 72 VwGO), ergeht ein Widerspruchsbescheid (§ 73 VwGO) und der Klageweg zu den Verwaltungsgerichten ist eröffnet.(Fußnote) Ferner ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 75 VwGO i.V.m. § 14a BImSchG eröffnet, wenn die Behörde nicht binnen drei Monaten über den Widerspruch entschieden hat. Es handelt sich insoweit um eine Ausnahme vom Erfordernis der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens in Form der sogenannten Untätigkeitsklage, die dann ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn die Widerspruchsbehörde ohne hinreichenden Grund innerhalb angemessener Zeit nicht über den Widerspruch entschieden hat.

6.1.1.2 Verpflichtungsklage

Ist der Widerspruchsbescheid mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen, beträgt die Klagefrist einen Monat ab Bekanntgabe. Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ergibt sich aus §§ 45ff. VwGO, wobei die Spezialzuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts (OVG) bzw. des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) in Bezug auf besondere Anlagetypen gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5 VwGO zu beachten ist.(Fußnote)

Innerhalb gerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren des Antragstellers ist insbesondere die Verpflichtung zur Beiladung Dritter relevant. Unzweifelhaft besteht die Pflicht, Behörden und Gemeinden deren Zustimmung oder Einvernehmen zur Genehmigungserteilung nach § 4 BImSchG erforderlich ist beizuladen. Anders gestaltet sich die Situation bei Klagen gegen einschränkende, selbständig anfechtbare Nebenbestimmungen im Hinblick auf Dritte, die im förmlichen Genehmigungsverfahren rechtzeitig Einwendungen erhoben haben.(Fußnote) Eine zwingende Beiladung nach § 65 Abs. 2 BImSchG scheidet aus. Würden die Einwender jedoch überhaupt nicht beigeladen, wäre ein späteres Urteil ihnen gegenüber nicht bindend, sodass eine einfache Beiladung gemäß § 65 Abs. 1 VwGO sinnvoll ist.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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Stand: Januar 2016


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