Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 23 – Widerruf der Genehmigung


5.3 Widerruf der Genehmigung

Schließlich kann eine rechtmäßig erteilte Genehmigung auch nachdem sie unanfechtbar geworden ist ganz oder teilweise widerrufen werden. § 21 BImSchG legt die Voraussetzungen hierfür fest. Systematisch ergibt sich aus der Norm, dass zunächst einer der speziellen Tatbestände des § 21 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BImSchG in Betracht kommt:

  • die Genehmigung wurde mit einem Widerrufsvorbehalt gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 oder Abs. 3 BImSchG versehen (s.o., 3.5.1.2.3),
  • die Genehmigung wurde mit einer Auflage versehen, die nicht fristgerecht erfüllt wurde,
  • nachträglich eingetretene Tatsachen begründen die Nichterteilung der Genehmigung und ein Aufrechterhalten der Genehmigung gefährdet das öffentliche Interesse,
  • eine Rechtsänderung würde die Nichterteilung der Genehmigung begründen und der Betreiber hat von der Genehmigung noch keinen Gebrauch gemacht.

Sofern die speziellen Gründe nicht einschlägig sind, kann auf den Auffangtatbestand aus § 21 Abs. 1 Nr. 5 BImSchG zurückgegriffen werden, wonach eine Genehmigung widerrufen werden kann, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ergibt sich zum einen, dass die Widerrufstatbestände restriktiv auszulegen sind. Zum anderen wird der Anlagenbetreiber auch in formeller Hinsicht durch die Fristenregelung in § 21 Abs. 2 BImSchG geschützt: ein Widerruf kann nur innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung des Widerrufsgrundes erfolgen. Problematisch ist hierbei allerdings der Fristbeginn. Die Frist beginnt grundsätzlich zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind.(Fußnote)
Zudem schafft § 21 Abs. 4 BImSchG einen Ausgleich zwischen den Umweltschutzinteressen des Gesetzgebers und den - vor allem wirtschaftlichen - Interessen des Anlagenbetreibers. Nach dieser Vorschrift ist ein Anlagenbetreiber schutzwürdig, wenn er die zum Widerruf führenden Tatsachen (also diejenigen aus § 21 Abs. 1 Nr. 3 - 5 BImSchG) nicht zu vertreten hat. Da der Betrieb der Anlage dennoch den Zielen des BImSchG und den Genehmigungsvoraussetzungen widerspricht, kann die Exkulpation des Anlagenbetreibers nicht den Bestand der Genehmigung (und somit den Verstoß gegen gesetzliche Regelungen) begründen. Allerdings gewährt § 21 Abs. 4 BImSchG einen Entschädigungsanspruch. Dieser ist in doppelter Hinsicht begrenzt: grundsätzlich ist nur der Vertrauensschaden (sog. negatives Interesse) ersatzfähig (§ 21 Abs. 4 S. 1 BImSchG), in keinem Fall geht er über das positive Interesse hinaus, d. h. über den Betrag des Interesses, das der Betroffene an dem Bestand der Genehmigung hat (§ 21 Abs. 4 S. 2 BImSchG).(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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Stand: Januar 2016


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