Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 10 – Das förmliche Genehmigungsverfahren


4.1.2.1 Das förmliche Genehmigungsverfahren

Die Anforderungen an ein förmliches Genehmigungsverfahren ergeben sich aus § 10 BImSchG und der auf Grundlage des § 10 Abs. 10 BImSchG erlassenen 9. BImSchV.

4.1.2.1.1 Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Soweit für die Errichtung oder den Betrieb einer immissionsschutzrechtlichen Anlage die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen ist, so ist diese gemäß § 1 Abs. 2 der 9. BImSchV unselbständiger Bestandteil des Genehmigungsverfahrens.Fußnote)

Im Hinblick auf die Anlagengenehmigung nach dem BImSchG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ausschließlich nach den Vorschriften der 9. BImSchV und nicht etwa nach dem UVPGFußnote)

durchzuführen.Fußnote)

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung ist gemäß § 1a der 9. BImSchV die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen sowie der für die Prüfung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bedeutsamen Auswirkungen einer UVP-pflichtigen Anlage.

4.1.2.1.2 Einleitung des Verfahrens: Antragsberatung und Antragstellung, Unterlagenergänzung

Noch vor einer Antragstellung soll gemäß § 2 Abs. 2 der 9. BImSchV (i.V.m. § 2a Abs. 1 bei UVP-pflichtigen Vorhaben) eine Vorberatung stattfinden. Nach dem Entschluss des Trägers eines Vorhabens, eine Anlagengenehmigung zu beantragen, unterrichtet er die zuständige Behörde über sein Vorhaben. Mit dem Zweck der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens wird die Genehmigungsbehörde beratend tätig.Fußnote)

§ 2 Abs. 2 der 9. BImSchV sieht vor, dass insbesondere:

  • die formellen Aspekte bezüglich der Art und des Umfangs von Antragsunterlagen und Gutachten,
  • die materiellen Aspekte der Auswirkungen auf die Allgemeinheit und der Nachbarschaft, sowie
  • die prozessualen Aspekte bezüglich des Ablaufs, der voraussichtlichen Dauer und der zu beteiligenden Behörden

vorab erörtert werden sollen. So können im Vorfeld beispielsweise die Zweckmäßigkeit eines Vorbescheids, einer Teilgenehmigung oder einer Zulassung vorzeitigen Beginns geprüft oder zeitraubende Nachforderungen von Unterlagen durch die Behörde vermieden werden.Fußnote)

Das eigentliche Genehmigungsverfahren beginnt mit dem Einreichen des entsprechenden Antrags durch den Antragsteller. Der Antragsteller muss gemäß § 2 der 9. BImSchV der Träger des Vorhabens sein, es muss sich dabei jedoch nicht um den Erbauer oder Betreiber der Anlage handeln.

Der Genehmigungsantrag ist zwingend schriftlich einzureichen (§ 10 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 der 9. BImSchV), dies schließt jedoch eine elektronische Antragstellung nicht aus. Der erforderliche Inhalt bestimmt sich nach § 3 der 9. BImSchV, sodass er folgende Angaben enthalten muss:

  • den Namen und den Wohnsitz bzw. den Sitz des Antragstellers,
  • die angestrebte Antragsart (Vorbescheid oder Genehmigung; bei Genehmigungen zusätzlich spezifiziert, ob es sich um eine Teil- oder Änderungsgenehmigung oder eine Zulassung vorzeitigen Beginns handelt),
  • den Standort der Anlage (bei ortsveränderlichen Anlagen: die vorgesehenen Standorte),
  • die Art und den Umfang der Anlage,
  • den gewünschten Zeitpunkt der Inbetriebnahme,
  • sowie, falls trotz der erfüllten Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren (s.u.) dennoch ein förmliches Verfahren durchgeführt werden soll, einen entsprechenden Hinweis.

Neben dem eigentlichen Antrag sind gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG sämtliche Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen, die für die Prüfung nach § 6 BImSchG relevant sind. Eine konkrete Auflistung hinsichtlich der Art und des Umfangs dieser Unterlagen findet sich in den §§ 4 - 4e der 9. BImSchV. Dabei ist zu beachten, dass diese Liste keinesfalls abschließend ist und dass daher im Einzelfall die Bereitstellung anderer oder weiterer Dokumentationen der Anlage erforderlich sein kann. Die §§ 4 - 4e der 9. BImSchV legen allerdings gemäß § 4 Abs. 1 S. 3 den zwingenden Minimalumfang der Dokumentation fest.

Somit muss ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung oder zum Betrieb einer genehmigungsbedürftigen, aber nicht UVP-pflichtigen Anlage mindestens enthalten:

  • ein Verzeichnis über die beigefügten Unterlagen unter Kennzeichnung derjenigen Unterlagen, die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten (§ 4 Abs. 3 S. 2 der 9. BImSchV),
  • eine allgemein verständliche, für die Auslegung geeignete Kurzbeschreibung, die einen Überblick über die Anlage, ihren Betrieb und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Allgemeinheit und die Nachbarschaft ermöglicht (§ 4 Abs. 3 S. 1 der 9. BImSchV),
  • detaillierte Angaben gemäß § 4a der 9. BImSchV zur Anlage und zum Anlagenbetrieb,
  • Angaben zu den Schutzmaßnahmen gemäß § 4b der 9. BImSchV,
  • Angaben zur Behandlung der Abfälle gemäß § 4c der 9. BImSchV,
  • Angaben über vorgesehene Maßnahmen zur sparsamen und effizienten Energieverwendung gemäß § 4d der 9. BImSchV.

Soweit die Zulässigkeit oder die Ausführung des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu prüfen ist, sind die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Anforderungen an den Inhalt dieser Unterlagen bestimmen sich nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften und müssen insbesondere Angaben über Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung oder zum Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie über Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in diese Schutzgüter enthalten.

In formeller Hinsicht sind die beigefügten Unterlagen, abgesehen von der Schriftform, grundsätzlich formfrei. Gemäß § 5 der 9. BImSchV kann die Behörde allerdings die Verwendung von Vordrucken verlangen; sofern diese bereits vorab erhältlich sind,Fußnote)

sollten die Formulare zum Zwecke der Zeit- und Aufwandsersparnis genutzt werden.
Handelt es sich bei dem Vorhaben um die Errichtung oder den Betrieb einer UVP-pflichtigen Anlage, treten zum Antrag weitere Dokumentationspflichten hinzu. Die Vorschrift dient der Anpassung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens an das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung.Fußnote)

Unter Berücksichtigung des allgemeinen technischen Kenntnisstands für deren Durchführung (§ 4e Abs. 4 S. 1 der 9. BImSchV) sind dem Antrag beizufügen:

  • eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile sowie der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die in § 1a genannten Schutzgüter mit Aussagen über die dort erwähnten Wechselwirkungen, soweit diese Beschreibung für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens erforderlich ist (§ 4e Abs. 1 der 9. BImSchV) und
  • eine Übersicht über die wichtigsten vom Träger des Vorhabens geprüften technischen Verfahrensalternativen zum Schutz vor und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen sowie zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen (§ 4e Abs. 3 S. 1 der 9. BImSchV).

§ 4e Abs. 4 S. 2 der 9. BImSchV verpflichtet den Antragsteller, die Genehmigungsbehörde auf mögliche Lücken aufmerksam machen, die unter Umständen im weiteren Verfahrensverlauf zu klären sind.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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Stand: Januar 2016


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