Die Änderung von Steuerbescheiden – Teil 04 – Änderungsbefugnis von Verwaltungsakten: Wirksamkeit und offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO

7.2.1.5. Außergerichtliche Schlichtungsstellen

Für das Jahr 2016 werden zwei Vorgaben der EU für den Online-Händler relevant: Die sogenannte ADR-Richtlinie (2013/11/EU), welche in dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) wohl noch im Laufe des Jahres 2016 umgesetzt werden wird und die ODR-Verordnung (Nr. 524/2013).

7.2.1.5.1. ADR-Richtlinie

Die ADR-Richtlinie, die vom deutschen Gesetzgeber wohl erst im Laufe des Jahres 2016 vollständig umgesetzt werden wird, schreibt die Einrichtung von Schlichtungsstellen („alternative Streitbeilegungsverfahren“) auf nationaler Ebene vor. Bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und EU-Händlern auf Grund von Kauf- und Dienstleistungsverträgen sollen diese außergerichtlichen Schlichtungsstellen tätig werden und zwischen den Parteien vermitteln. Die Teilnahme am alternativen Streitbeilegungsverfahren ist für den Unternehmer grundsätzlich freiwillig. Somit besteht auch keine grundsätzliche Pflicht für den Unternehmer über die Schlichtungsstellen zu informieren, solange er nicht an diesem Verfahren teilnehmen will. Etwas anderes gilt jedoch in Fällen des § 36 VSBG: Ein Online-Händler muss in seinen AGB den Verbraucher darüber informieren, ob der Unternehmer an dem Streitbeilegungsverfahren teilnimmt, bzw. an dessen Teilnahme verpflichtet ist und welche Schlichtungsstelle in diesem Fall zuständig wäre.

Da es sich bei dem VSBG jedoch um ein Gesetz handelt, welches noch die Zustimmung des Bundesrates erfordert (Stand Januar 2016), ist mit einer Umsetzung der Vorschriften aus dem VSBG nicht vor Mitte 2016 zu rechnen. Spätestens dann muss aber geprüft werden, ob eine Pflicht zur Teilnahme am außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren besteht und inwieweit hierüber der Verbraucher informiert werden muss.

7.2.1.5.2. ODR-Verordnung

Bereits zum 09.01.2016 entfaltete die ODR-Verordnung ihre volle Wirkung. Die ODR-Verordnung baut auf die ADR-Richtlinie und deren Umsetzungsgesetze (VSBG) auf(Fußnote). Dem Grunde nach wird durch die ODR-Verordnung eine Plattform („OS-Plattform“) geschaffen, die für alle Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Online-Händlern auf europäischer Ebene zuständig sein wird. Hauptaufgabe der „OS-Plattform“ wird es sein, die Informationen, die einer Streitigkeit zu Grunde liegen, zu sammeln und diese zwecks Schlichtung der Streitigkeit an die nach der ADR-Richtlinie (VSBG) eingerichteten und zuständigen Schlichtungsstellen weiterzuleiten. Im Gegensatz zu der ADR-Richtlinie muss jeder Online-Händler auf die „OS-Plattform“ (idealerweise im Rahmen der AGB, der Widerrufbelehrung und/oder des Impressums) verlinken(Fußnote), sofern der Händler seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU hat und nicht nur gegenüber Unternehmen, sondern auch gegenüber Verbrauchern tätig wird (B2C).

Artikel 14 der ODR-Verordnung - Information der Verbraucher

(1) In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, geben zudem ihre E-Mail-Adressen an.

Gleichwohl liegen zum derzeitigen Stand (Januar 2016) zwei Besonderheiten vor:

Die „OS-Plattform“ ist noch nicht freigeschaltet. Mit einem Launch ist erst zum Februar 2016 zu rechnen. Gleichwohl besteht schon jetzt die Verpflichtung auf die „OS-Plattform“ zu verlinken. Deshalb sollte der Verbraucher im Rahmen der Verlinkung zu der „OS-Plattform“ auch darüber informiert werden, dass die Plattform aktuell noch nicht nutzbar ist.Soweit die „OS-Plattform“ die Streitigkeit an die nationalen Schlichtungsstellen verweist, ist jedenfalls für den deutschen Rechtsraum folgendes zu beachten: Solche Schlichtungsstellen wurden bislang noch nicht eingerichtet, da die ADR-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt worden ist. Sollte dies aber im Laufe des Jahres 2016 der Fall sein, dann wird die endgültige Version der „OS-Plattform“ auf diese Schlichtungsstellen im Falle von Streitigkeiten verweisen.

7.2.2. Nachvertragliche Informationspflichten

Die nachvertraglichen Informationspflichten ergeben sich aus § 312 f II BGB.

Zweck der nachvertraglichen Informationspflichten ist es, die Informationen für den Fall von Auseinandersetzungen den Vertragsparteien dauerhaft zur Verfügung stellen zu können(Fußnote). Dies dient zum einen der vereinfachten Beweisbarkeit und zum anderen besteht Klarheit über Vertragsparteien und –gegenstand und welche Rechte dem Verbraucher zustehen(Fußnote). Hierzu bedarf es zwingend der Textform (§ 126 b BGB).

7.2.2.1. Angemessene Fristsetzung

Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrages, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen (§ 312 f II 1 BGB).

7.2.2.2. Speicherung auf einem dauerhaften Datenträger

Die Bestätigung muss inhaltlich die in § 312 f II BGB i. V. m. Art. 246 a EGBGB genannten Angaben enthalten, es sei denn der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Vertragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten nach § 312 d I BGB (à 7.2.1) auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt.

Gemäß § 126 b 2 BGB ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraum zugänglich ist

2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben,

ein dauerhafter Datenträger.

Beispiel:

Papier, USB-Stick, CD-ROM, Speicherkarten, Festplatten und E-Mails sowie ein Computerfax erfüllen derzeit die Voraussetzungen des § 126 b 2 BGB(Fußnote).

Die nachvertraglichen Informationspflichten sind dem Verbraucher zwingend in Textform gemäß § 126 b BGB zu erteilen. Für die Einhaltung des Textformerfordernisses ist es ausreichend, dass die Erklärung in einer Weise abgebeben wird, die eine dauerhafte Wiedergabe der Informationspflichten ermöglicht, sofern die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung erkennbar ist(Fußnote).

Beispiel:

Eine Belehrung des Verbrauchers per E-Mail ist demnach ausreichend(Fußnote). Der Unternehmer muss nicht dafür einstehen, sicherzustellen, dass der Empfänger die Mail tatsächlich abruft und seinem Rechner abspeichert(Fußnote).

Eine elektronische Übermittlung gemäß § 130 BGB genügt nur, wenn der Empfänger durch Mitteilung seiner E-Mail-Anschrift zu erkennen gegeben hat, dass er mit einer telekommunikativen Übermittlung von rechtserheblichen Erklärungen einverstanden ist(Fußnote).

Die Bereithaltung der Pflichtangaben auf einer Webseite zum Download oder Ausdruck, ist nicht zwingend ausreichend.

Beispiel:

Lädt der Verbraucher im konkreten Fall tatsächlich die Angaben auf seinen Rechner herunter oder druckt die Pflichtangaben aus, wird das Textformerfordernis eingehalten, andernfalls nicht(Fußnote).

Die Belehrung per Bildschirmanzeige ist für die Erfüllung des Textformerfordernisses unzureichend(Fußnote).

Handelt es sich um einen Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen Daten (digitalen Daten), ist auf der Vertragsbestätigung zu vermerken, dass der Verbraucher dem Vertrag ausdrücklich zugestimmt und bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht verliert, sobald er der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist, zustimmt (§§ 312 f III i. V. m. 356 V BGB)(Fußnote).

Digitale Inhalte sind auf einem körperlichen Datenträger befindliche Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden(Fußnote).

7.2.2.3. Ausnahmeregelungen zu den nachvertraglichen Informationspflichten

Die nachvertraglichen Informationspflichten entfallen, wenn der Unternehmer seinen Informationspflichten nach § 312 d I BGB bereits vor Vertragsschluss nachgekommen ist, und diese auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt hat. Der Unternehmer muss somit nicht doppelt seinen Informationspflichten nachkommen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 312 f BGB, § 312 d BGB

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