Der Überbau und die Überbau - Rente; immer wieder Ärger mit dem Nachbarn

Der Überbau und die Ueberbaurente sind immer wieder Anlass zu Streit zwischen Nachbarn.

Insbesondere der Erwerb von bebauten Grundstücken vom selben Eigentümer durch unterschiedliche Käufer führt immer wieder zu Streitigkeiten, wenn der verkaufende Alteigentümer sein ursprüngliches Grundstück unter Verzicht auf Abstandsflächen mit mehreren Gebäuden bebaut hatte oder/und nachträglich teilt und dadurch einen Überbau schafft.

Gerne streiten die neuen Nachbarn um eine sog. Überbaurente

1) Sachverhalt

Mit Grundstückskaufvertrag von 23 Januar 2003 erwarb der Käufer K1 das Grundstück 100/1 mit aufstehendem Wohnhaus von seiner Nachbarin Frau A, der ursprünglich die nebeneinanderliegenden Grundstücke 100/1 und 100/2 gehörten. Grundstück 100/2 war mit einem Wohngebäude aus den 50-er Jahren bebaut. Das Wohnhaus auf Grundstück 100/1 war im Jahr 1965 von Frau A unter Verzicht auf die Einhaltung von Abstandsflächen für ihre Tochter errichtet worden. Darüberhinaus war das erworbene Wohnhaus dergestalt gebaut, dass das Dach des Hauses in einer Länge von 9,60 m und einer Tiefe von 1,00 m in das Grundstück der Nachbarin A hineinragte. Nach Heirat der Tochter und deren Wegzug verkaufte Frau A das Grundstück 100/1 mit aufstehendem Wohnhaus an den Käufer K1. Im Jahre 2005 verkaufte Frau A darüberhinaus das Grundstück 100/2 mit aufstehendem Wohnhaus, um sich in einem Altersstift zur Ruhe zu setzen, an den Käufer K2.

Da die Nachbarin A beabsichtigte das Nachbargrundstück zu veräußern, bewilligte und beantragte sie am 15. April 2005 mit Urkunde des Notars Dr. W zur Absicherung von K1eine Grunddienstbarkeit mitfolgendem Wortlaut:

,,Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks 100/2 ist verpflichtet, den Dachüberstand des Gebäudes auf dem Grundstück 100/1 zu dulden (Fußnote), der darin besteht, dass das Dach in einer Länge von 9,60 m und einer Tiefe von 1,00 m einschließlich Dachrinne über das Grundstück 100/2 hineinragt (Fußnote), ferner ist jeder Eigentümer des herrschenden Grundstückes berechtigt, das dienende Grundstück zum Zwecke der Instandhaltung und Instandsetzung des Dachüberstandes zu betreten.``

Zu prüfen war, ob die vorstehende Grunddienstbarkeit K1, beziehungsweise den jeweiligen Grundstückseigentümern hinreichend gegen Ansprüche von Frau A oder deren Rechtsnachfolger, z.B. K2 absichert.

2. Rechtliche Würdigung

a) Ragt das Dach eines Gebäudes in das Grundstück des Nachbarn hinein, handelt es sich um einen "klassischen "Überbau, denn bei einem Überbau ist es unbeachtlich, ob die Überschreitung der Grenze im Luftraum oder unterirdisch stattfindet. Terminologisch werden das Grundstück von dem aus der Überbau in das Nachbargrundstück hineinragt als das herrschende, das überbaute Grundstück als das dienende Grundstück bezeichnet.

b) Die Rechtsfolgen des Überbaus sind in den Paragraphen 912 BGB geregelt. Zu unterscheiden ist zwischen dem rechtswidrigen und dem rechtmäßigen Überbau.

c) Beim rechtswidrigen Überbau ist wiederum zu unterscheiden, ob der Überbau vorsätzlich oder grobfahrlässig statt gefunden hat. In diesem Falle ist der Eigentümer des dienenden Grundstückes berechtigt die Beseitigung des Überbaus zu verlangen.

d) Lag dem Überbau jedoch nur leichte Fahrlässigkeit zu Grunde, man spricht hier vom rechtmäßigen Überbau, ist der Eigentümer des dienenden Grundstückes verpflichtet, den Überbau zu dulden, das heißt er kann den Abriss des Überbaus nicht fordern. Dem gegenüber ist er jedoch berechtigt eine Überbaurente (Fußnote) oder den Abkauf des vom Überbau betroffenen Grundstückteiles zu fordern.

e) Ein Unterfall des rechtmäßigen Überbaus ist der mit Zustimmung des Eigentümers des dienenden Grundstückes. Auch hier gelten grundsätzlich die Regelungen wie unter d) allerdings mit der Besonderheit, dass die Vereinbarung zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden Grundstücks zu beachten sind. Im vorliegenden Fall ist er davon auszugehen, dass der Überbau mit Einverständnis des Eigentümers des dienenden Grundstücks stattgefunden hat, da der Eigentümer des dienenden Grundstückes derselbe war, wie derjenige des herrschenden. Zugleich wurde der Überbau von dem selben Eigentümer vorgenommen. Unterlagen hierzu ergaben sich aus der vorgelegten Akte jedoch nicht. Diese kann jedoch auch unbeachtlich bleiben, da eine (Fußnote) Zustimmung in jedem Fall in der beantragten und bewilligten Grunddienstbarkeit für den Überbau zu sehen ist.

f) Zu beachten ist jedoch, dass ein Einzelrechtsnachfolger des zustimmenden, das heißt der Käufer des Nachbargrundstückes nicht an die nur schuldrechtlich wirkende Zustimmung seines Vorgängers (Fußnote) gebunden ist. Er muss den Überbau zwar dulden und kann ihm nicht mehr widersprechen. Als Konsequenz der Duldungspflicht steht dem neuen Eigentümer (Fußnote) des überbauten Grundstücks jedoch ein Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente zu (Fußnote).

g) Der bisherige Eigentümer kann jedoch auch für seine Sonderrechtsnachfolger (Fußnote) auf die Zahlung einer Überbaurente verzichten; dies hat jedoch in grundbuchmäßiger Form zu erfolgen, § 914, Abs2, S.2 BGB (Fußnote).

h) Nach der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist der entsprechende Verzicht auf Zahlung einer Überbaurente in das Grundbuch des herrschenden Grundstückes einzutragen und ein dementsprechender Hinweis in das Grundbuch des dienenden Grundstückes aufzunehmen (Fußnote).

3. Ergebnis/Zusammenfassung

a) Bei dem das Nachbargrundstück hinein ragenden Dach handelt es sich um einen vom jeweiligen Eigentümer des Nachbargrundstückes zu duldenden Überbau, da der Überbau mit Zustimmung des bisherigen Eigentümers statt gefunden hat.

b) Einem Sonderrechtsnachfolger des bisherigen Eigentümers steht jedoch eine Überbaurente zu.

c) Auf das Recht eine Überbaurente verlangen zu können, kann der bisherige Eigentümer jedoch verzichten. Diese Verzicht ist notariell zu beurkunden und in das Grundbuch des herrschenden Grundstückes einzutragen. Darüber hinaus ist ein entsprechender Hinweis in das Grundbuch des dienenden Grundstückes einzutragen.


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Stand: Juni 2005


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Portrait Michael-Kaiser Michael Kaiser, Rechtsanwalt


Michael Kaiser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Rechtsfragen des Immobilienrechts. Er prüft Immobilienkaufverträge, Grundstücksverträge, begleitet Bauvorhaben und vertritt bei Streitigkeiten um Bauleistungen.


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