Der Insolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - Teil 12 - Ablauf des Insolvenzplanverfahrens/Vorlagerecht

Das Insolvenzplanverfahren durchläuft mehrere Phasen und ist hochkomplex. Dieses Kapitel soll dem Leser nur einen Überblick über die wesentlichen Bestandteile und den Gang des Verfahrens geben.

Vorlagerecht

Das Recht einen Insolvenzplan vorzulegen steht dem Verwalter und dem Schuldner zu.
Gläubiger können keinen Plan vorlegen. Sie können jedoch über die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter beauftragen, einen Plan mit ihren Zielvorstellungen auszuarbeiten.
Bei Sanierungsplänen ist zu beachten, dass eine Chance auf eine erfolgreiche Umsetzung nur dann besteht, wenn der Plan sehr frühzeitig und zielstrebig ausgearbeitet wird. Je früher ein Sanierungskonzept ausgearbeitet wird, desto eher ist eine Sanierung umzusetzen.
Der Schuldner, bzw. der Verwalter sollte sich frühzeitig mit den Gläubiger zusammensetzen um sich über eine Insolvenzplanlösung abzustimmen.

In der Praxis kann die Vorlageberechtigung auch ein strategisches Mittel zur Verfahrenslenkung sein.
Mit Einreichung des Plans kann der Schuldner eine Aussetzung der Masseverwertung erreichen.

Planvorlage durch Schuldner

Der Schuldner ist berechtigt, einen Plan auszuarbeiten und vorzulegen. In der Praxis wird er hierfür mit einem Insolvenzberater ein Sanierungskonzept ausarbeiten und sich frühzeitig mit Gläubigern in Verbindung setzen. Diesen kann dadurch signalisiert werden, dass man gewillt ist, das Unternehmen fortzuführen und zu sanieren.
Sobald sich eine Unternehmenskrise abzeichnet, kann der Schuldner ein Konzept ausarbeiten und sich unter den Schutz des Insolvenzverfahrens stellen .
Der Insolvenzplan kann zusammen mit dem Insolvenzantrag eingereicht werden.
Je nachdem ob es sich bei dem Schuldner um eine Personengesellschaft oder eine juristische Person handelt sind verschiedene Personen berechtigt den Plan vorzulegen.

Planvorlage durch Insolvenzverwalter

Es gibt zwei Konstellationen bei denen der Verwalter einen Insolvenzplan vorlegen kann.

Eigenes Vorlagerecht

Der Verwalter hat die Möglichkeit, selbst einen Insolvenzplan auszuarbeiten und ihn den Gläubigern zur Abstimmung vorzulegen. Er muss damit nicht bis zum Berichtstermin des Insolvenzverfahrens warten, sondern kann schon vor diesem Termin einen Plan ausarbeiten.
Dabei geht man von der Vorstellung aus, dass der Verwalter sehr wohl objektiv beurteilen kann, ob für einen Betrieb noch eine realistische Sanierungschance besteht.

Abgeleitetes Vorlagerecht

Über die Gläubigerversammlung können auch die Gläubiger den Verwalter beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und vorzulegen.
Dabei können sie ihm sehr detaillierte Vorgaben machen und so ihre Vorstellungen in den Plan einbringen. Insofern kann man auch von einem indirekten Vorlagerecht der Gläubiger sprechen.

Beispiel:
Die Gläubiger A und B sind Lieferantengläubiger des insolventen Unternehmens C. Um C nicht als Abnehmer zu verlieren, wollen sie in einem Fortführungsplan C sanieren. Dem alten Unternehmensträger trauen sie eine erfolgreiche Sanierung jedoch nicht zu und wollen daher eine übertragende Sanierung. In der Gläubigerversammlung findet ihr Vorschlag Zustimmung und man beauftragt den Insolvenzverwalter, einen entsprechenden Plan auszuarbeiten.

Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, sich an diese Vorgabe der Gläubigerversammlung zu halten.

Mitwirkung

Unabhängig davon, ob der Verwalter aus eigenem Vorlagerecht oder aufgrund einer Beauftragung durch die Gläubigerversammlung einen Plan vorlegt, sind bestimmte Gruppen zur beratenden Mitwirkung verpflichtet.

Dies sind

  • Der Gläubigerausschuss
  • Der Betriebsrat
  • Der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten

Diese Gruppen sollen dem Verwalter notwendige Informationen geben und Vorschläge bezüglich des Planinhalts machen.
Der Verwalter hat nicht die Pflicht, diese Gruppen bei der Planerstellung auch wirklich zu beteiligen. Vielmehr gibt ihm die Mitwirkungspflicht Befugnisse gegenüber diesen Gruppen. Diese sind zum Beispiel verpflichtet, ihm notwendige Informationen über Organisation, Know-How, oder die Gläubigerstruktur des Unternehmens zu geben.
In der Praxis ist davon auszugehen, dass die Beteiligten dieser Mitwirkungspflicht nachkommen, da sie dadurch die Möglichkeit erhalten, ihre Interessen bei der Erstellung des Plans einzubringen.

Parallel eingereichte Pläne

In der Praxis kann es dazukommen, dass verschiedene Insolvenzpläne eingereicht werden. Dann stellt sich die Frage, welcher Plan umgesetzt werden soll, bzw. welcher Plan Vorrang hat.

Beispiel 1:
Schuldner S und Verwalter V legen gleichzeitig einen Plan vor.

Beispiel 2:
Verwalter V legt zwei alternative Pläne vor.

Parallele Schuldner und Verwalterpläne

Legen sowohl Schuldner als auch Verwalter einen Plan vor so werden beide Pläne im Verfahren behandelt. Das bedeutet beide durchlaufen die jeweiligen Verfahrensabschnitte.
So kann es durchaus dazukommen, dass beide Pläne im à Abstimmungstermin angenommen werden. In diesem Fall bestätigt das Insolvenzgericht den Plan, der ein besseres Abstimmungsergebnis erhalten hat.

Parallele Verwalterpläne

Der Verwalter kann einen Plan einreichen, den er auf eigene Initiative erstellt hat. Gleichzeitig hat er die Verpflichtung, im Falle eines Gläubigerauftrags einen weiteren Plan zu erarbeiten. Die Frage ist nun, welcher der beiden Pläne Vorrang haben soll.
Die Insolvenzordnung trifft für diesen Fall keine Regelung.
Die herrschende Meinung geht davon aus, dass mit einem Auftrag zur Planerstellung durch die Gläubigerversammlung das eigene Vorlagerecht des Verwalters erlischt.
Diese Auffassung ist konsequent, da die Gläubigerversammlung dem Verwalter schließlich auch untersagen kann, einen Insolvenzplan vorzulegen. Die Gläubigerautonomie steht über dem Planinitiativrecht des Verwalters.
Ein Vorrang des Verwalterplans würde die Gläubigerautonomie unterlaufen und aushöhlen.


 

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Stand: 29.01.2007


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 


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